Manches Mal möchte man sich unbedingt abgrenzen von den anderen, wie die kleine Emilia-Ameise. Oder man ist einfach nicht gesellig und spielebegeistert wie der Rest der Tiere. Brummbär ist so einer. Und dann gibt es jene Nachbarinnen, die einem durch ihre ständigen spitzen Kritiken das Gefühl vermitteln falsch zu sein. Und schließlich wohnt man vielleicht in einer Umgebung, wo sich manches anders anfühlt im Vergleich zum eigenen Empfinden. Die folgenden vier Bücher handeln vom Anderssein in all seinen Facetten. Viel Spaß beim Lesen!

Emilia, eine Ameise wie keine andere
Emilia ist fleißig und erscheint jeden Morgen pünktlich zur Arbeit, wie alle Ameisen. Aber weil sie gerne anders als alle anderen sein will, zieht sie eines Morgens ein gelbes T-Shirt an. „Gute Idee“ fanden wohl die anderen und tun es ihr gleich. Und so geht es weiter, immer wenn Emilia etwas Eigenes trägt, egal ob eine coole Sonnenbrille, witzige Socken oder einen eleganten Schal, vergeht kaum Zeit und alle Ameisen im Hügel sehen genauso aus. Sie ist offenbar eine Trendsetterin unter den Ameisen. Was könnte es geben, das sie wirklich nur für sich hätte? Was niemand nachmachen würde? Das ist es: eine große gelbe Krone. Und tatsächlich, es funktioniert. Emilia ist die Einzige, die eine Krone trägt. Wirklich? Warum sie wohl zur Königin bestellt wird? Es macht großen Spaß Einblicke in den wuseligen Ameisenhügel zu haben und den witzig illustrierten Kerlchen bei der Arbeit zuzusehen. Das Ende der Geschichte ist anders als erwartet und das macht dieses Buch nicht weniger lesenswert.
Tullio Corda: Emilia, eine Ameise wie keine andere. 32 Seiten, Hardcover, 21×29 cm, mini-minedition 2024, ISBN: 978-3-03934-379-9, € 10, Empfohlen ab 3 Jahren
Die Nervensäge
Der Brummbär will einfach nur seine Ruhe haben und im Wald an einen Baum gelehnt schlafen. Kein Problem, wäre da nicht der kleine Käfer, der es ausgerechnet in Brummbärs Fell besonders kuschelig findet. Bei all dem Schwirren und Gekribbel ist natürlich an einen geruhsamen Schlaf nicht mehr zu denken. Alles Gefuchtel und Geschrei hilft nichts, der Käfer will Brummbär unbedingt zum Freund und hat sich dessen Fell als neues Zuhause ausgesucht. Bär dreht und wendet sich, um die kleine Nervensäge los zu werden, jammert vor sich hin und ist sichtlich genervt. Die anderen Tiere schauen ratlos zu? Ob sie vielleicht selbst gerne diesen kitzeligen Krabbler bei sich wohnen hätten? Die Gesichter von Otter, Fuchs, Hirsch und Co sprechen Bände. Da hat die Eule die rettende Idee. Ob sich das Faultier wohl über einen Mitbewohner freuen würde? Schließlich ist es doch sehr alleine da oben im Baum…

Patricia Hegarty, Carmen Saldana (Illustr.): Die Nervensäge. 32 Seiten, Hardcover, 27×26,5 cm, minedition 2025, ISBN: 978-3-03934-077-4, € 16, empfohlen ab 3 Jahren

Frau Dr. Moormann & ich
Der Spiegelbestseller jetzt im Taschenbuch! Es ist eine Freude, von Frau Dr. Moormann zu lesen. Sie ist eine dieser Nachbarinnen, der man es nie recht machen kann: der Garten zu verunkrautet, der Gehweg nicht ordentlich gefegt, das Lachen der Freundinnen zu laut und überhaupt dieser Hund! Dabei ist Gustav doch ein wirklich netter Mops. Ab und an bellt er vielleicht etwas, besonders gerne, wenn Frau Dr. Moormann ihn ansieht und wenn er ihre Blumen anpinkelt. Da versteht sie keinen Spaß, schließlich weiß sie als promovierte Biologin, um welche seltene Art es sich hierbei handelt. Wovon sie nichts weiß, ist das geheime Leben der vier Bären ihrer Nachbarin. Die sitzen nicht einfach nur auf der Fensterbank oder auf dem Sofa herum, nein sie helfen im Haushalt, spielen heimlich Klavier und angeblich haben sie nachts sogar schon einmal gejodelt. Der scharfe wissenschaftliche Verstand von Frau Dr. Moormann ist gegen solche unbewiesenen Dinge natürlich immun, gegen Gustavs liebevolle Hundeaugen offenbar nicht. Als sie eines Tages krank darniederliegt und die Ich-Erzählerin (die erstaunlich viel mit Elke Heidenreich gemeinsam hat) sich ihrer erbarmt, zeigt sich eine ganz neue Seite an der ewigen Grantlerin. Ob die beiden Frauen doch noch zueinander finden werden? Ein Plädoyer für Freundlichkeit, Toleranz und Geduld mit herrlich witzigen Sprichwörtern gespickt, die natürlich völlig frei erfunden sind. Traumhaft illustriert, voller Humor und Menschlichkeit, kurzum ein schönes Kinder- und auch Erwachsenen-Mitbringselbuch.
Elke Heidenreich, Michael Sowa (Illustr.): Frau Dr. Moormann & ich. 96 Seiten, broschiert, 13,5 x 21 cm, dtv 2025 (4. Auflage), ISBN: 978-3-423-62814-3, € 14, empfohlen ab 9 Jahren
Ein Zimmer für mich allein
Elli steht kurz vor ihrem 10ten Geburtstag und hat nur einen Wusch: Endlich ein eigenes Zimmer zu haben. Denn sich mit dem pubertierenden Willi und dem kleinen Pupskrümel Otto eines teilen zu müssen, ist wirklich nicht leicht. Vor allem, wenn man Schriftstellerin werden möchte und schon jede Menge Ideen für das erste Buch hat. Da hilft auch Mamas Bettvorhang nicht, denn bei der brüderlichen Geräuschkulisse ist an Konzentration und Muse nicht zu denken. Zum Glück hat Elli ihre besten Freundin Nursi, die ihr als versierte Kennerin der literarischen Hochsprache wertvolle Tipps für das Schreiben geben kann. Soll zum Beispiel Farids Vater ein eigenes Kapitel bekommen? Er hängt doch den ganzen Tag nur im Hof herum und verteilt biertrinkend ungefragt rassistische Parolen. Ist Mohammeds Beinprothesengeschichte spannend oder eher die frühe Mutterschaft der Bemme-Töchter? Ellis Buch über die Bewohner ihres Blocks nimmt immer mehr Gestalt an, man erfährt von Klappskallis, Sesselfurzern und Einkäufen beim Späti um die Ecke. Elli beschreibt ihre Mitbewohner mit viel Empathie und man möchte der Mutter gratulieren für die Weitsicht mit der sie ihre Kinder ausstattet. Natürlich gibt es sehr viel zu lachen in diesem gelungenen Kinderroman und jede Menge Diskussionsmöglichkeiten rund um das Leben. Sehr empfehlenswert!

Frauke Angel: Ein Zimmer für mich allein. 144 Seiten, gebunden, 14×21 cm, Jungbrunnen 2024, ISBN: 978-3-7026-5991-2, € 17, empfohlen ab 9 Jahren