Ständig gibt es Updates bei unser Tochter, die geradewegs auf ihren dritten Geburtstag zusteuert. Zur Zeit stehen Gefühle, Emotionen und Selbsbestimmung im Fokus. Und so wie unsere Tochter darf auch ich nochmal einen Lernprozess zu diesem Thema durchlaufen. Ich sag nur: Yoga-Style… Inhale – Exhale…
Es gibt Tage, da werden wir direkt schon beim Aufwachen grundlos angeschrien und aus dem Zimmer geschickt: „Du sollst weg!“ Und in der nächsten Sekunde habe ich da ein zuckersüßes Lebewesen an der Backe, das mich fragt, ob es mich ein bisschen streicheln und mir einen Kaffee in der Spielküche zubereiten soll. Und während man denkt, dass es ab jetzt für immer so schön harmonisch bleiben wird, kommt auf einmal ein kleiner, schreiender, vor Wut sabbernder Bergtroll – direkt aus der Hölle – angerumst, wirft sich auf den Boden und gibt irgendwelche Wortfetzen von sich, aus denen irgendwer schlau werden soll!? Wer oder was bist du und was passiert als nächstes?
Dieser Entwicklungsschritt ist mit Sicherheit nicht leicht für unsere Tochter. So ein Chaos der Gefühle und gleichzeitig zerren diese Phasen auch sehr an meinen Grenzen. Ständig werde ich angeschrien oder finde mich in aussichtslosen Situationen wieder, wo ich einfach nicht zu diesem Kind durchdringen kann. Vielleicht muss ich das auch nicht!? Ich weiß es ja auch nicht…
So wie sich die Emotionen in diesem kleinen Menschen überschlagen und nicht zuordnen lassen, so lerne auch ich auf einmal neue Seiten der Wut und Frustration an mir kennen, die ich überhaupt nicht an mir mag.
In meiner Arbeit als Erzieher konnte ich wunderbar mit sowas umgehen, mit viel Ruhe und Verständnis fürs Kind und um 16 Uhr dann Feierabend und ab nach Hause zu den Friends. Und während meiner Yoga-Praxis gelingt mir das objektive Betrachten der Begebenheiten auch wunderbar. Warum gelingt mir das nicht bei meinem eigenen Kind? Warum schafft sie es, bei mir Triggerpunkte zu drücken, die mich völlig aus der Bahn werfen. Während sich unsere Tochter immer wieder in verschiedene kleine Monster verwandelt, verwandle ich mich in eine blöde Arschnuss.
Was braucht es, um jeden Tag zum schönsten im Leben zu machen? In letzter Zeit gelingt mir dieses Vorhaben in keinster Weise. Ich erwische mich dabei, wie ich trotzig zu unserer Tochter bin oder laut werde. Das macht so keinen Sinn! Weder für mich, noch für unser Kind. Bergtrolle und Arschnüsse passen einfach nicht gut zueinander!
Zum Glück unterstützen meine Partnerin und ich uns gegenseitig dabei, unser Verhalten und das unserer Tochter zu reflektieren und einzuordnen. Gleichzeitig retten wir uns gegenseitig aus manchen aussichtslosen Situationen. Wie machen das alleinerziehende Menschen? Hut ab!
Ich glaube, es hat viel mit dem eigenen Energiepensum zu tun. Da passt mein derzeitiges Serien-Suchten bis tief in die Nacht vielleicht auch nicht ganz so gut.
Beim Yoga machten wir mal eine Meditationsübung, bei der man sich mit jeder Ausatmung immer wieder sagt: „Nein, das bin ich nicht“. Wenn also mal wieder mein innerer Bergtroll aus mir herausbrechen will, dann sage ich mir innerlich: „Nein, das bin ich nicht!“ – und versuche dadurch, die Arschnuss, die von mir Besitz ergreifen will, mit der Ausatmung gehen zu lassen. Und das wiederhole ich für die nächsten 3000 Atemzüge.
Ich glaube, das mach ich jetzt mal ne Runde. Dann hole ich das Kind von der Kita ab und lasse mich gut gelaunt von der klingonischen Prinzessin anschreien. Und ich werde für sie da sein, weil ich weiß, dass sie all das nicht böse meint. „Nein, das ist sie nicht.“ Und wer weiß? Vielleicht wird der heutige Tag wieder zum schönsten Tag im Leben.