Ich weiß noch genau wie wir Sommer 2019 mit unserem Harald (ein Ford Transit Bus mit Alkoven) auf einen Campingplatz ankamen und uns entfalteten. Ja, entfalten wie früher diese kleinen Anhänger aus denen dann ein riesiges Zelt entstand. Aus unserem Bus stiegen zwei Kinder, zwei Erwachsene, ein Pavillon, ein kleines Zelt um die Kindersitze draußen zu lagern, ein Laufrad, ein Fahrrad, ein Tisch, drei Stühle, ein Kinderhochstuhl, eine Angeltasche, ein Kinderwagen oder Bollerwagen, eine Picknickdecke, eine Wäscheleine, ein Töpfchen für Notfälle, ein SUP, eine Sandelsachentasche, eine Badetasche, Kistenweise Essen und Snacks und jede Menge Spielzeug dass die Kinder ins Auto gemogelt hatten. Wir waren gerade in vollem Gange, Arbeitsteilung- einer stellt das Lager auf, einer bringt so schnell es geht Essen auf den Tisch und bespasst gleichzeitig die Kinder, da kam ein kleiner alter Golf angefahren. Er parkte abrupt neben uns und es stiegen zwei junge Männer aus. Sie machten den Kofferraum auf, warfen im selben Moment ein 2 Sekunden Zelt auf die Wiese, schmissen zwei Schlafsäcke rein und zum krönenden Abschluss positionierten sie einen Kasten Bier vor den Eingang des Zeltes. Und schon saßen sie. Einer links vom Bierkasten, einer rechts davon – Urlaub.
David und ich schauten uns an, die Kinder kreischend vor Aufregung um uns herum in Mitten des Chaos… die große Sehnsucht, die Erinnerung an eben diese Urlaube sprang uns beiden aus dem Gesicht.
Wir waren schon immer gerne reisen. Noch Kinderlos in Frankreich, Italien, Israel, Jordanien, Ägypten, Nepal und Indien, immer Backpacking. Als wir Kinder bekamen war klar, wir wollen das Reisen beibehalten. Reisen in einem Bus, damit die Kinder ein kleines Zuhause dabei haben. Also durfte ein alter Ford Transit Baujahr 87 Teil unserer Familie werden. Mit der Dreierbank vorne erkundeten wir zu dritt allerlei Gegenden Europas und fühlten uns sehr frei. Als Kind 2 auf die Welt kam beschlossen wir erneut loszuziehen. Unser roter Ford musste für Harald weichen, der mit 4 Sitzplätzen und einem Alkoven bestach. Harald ist ein sehr gemütliches Dieseltier, weshalb wir mit durchschnittlich 80kmh über Österreich und Ungarn nach Rumänien tuckerten. Kind 1 war zu dieser Zeit drei Jahre alt, Kind 2 fünf Monate alt. Schon beim packen für 4 Wochen merkten wir das es enger wird im Bus. Vor allem, weil die Jahreszeit nicht gerade sommerliche Temperaturen versprach (Oktober). In Rumänien waren wir bei Minusgraden in unserem alten Bus froh um jede extra Decke und Jacke die wir eingepackt hatten. Die Heizung von Harald wollte zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr, also hieß es warm einpacken. Aber egal was passierte, egal was uns fehlte, es gab immer einen Weg aus der Misere. So bekamen wir zum Beispiel in einem kleinen rumänischen Bergdorf einen Hausschlüssel um uns dort tagsüber am Ofen aufhalten zu können. Wir bekamen Nüsse, Äpfel und Kartoffeln geschenkt. Wir haben einen Tag bei Schäfern auf dem Feld verbracht, vor Ort Käse gemacht und warme frisch gemolkene Milch bekommen. Wir haben es bis ganz nach oben auf den Transfăgărășan (einer der schönsten Pässe der Welt) geschafft und wurden mit atemberaubender Aussicht für die stinkende Kupplung belohnt. Wir wurden mit den Kindern überall so gastfreundlich empfangen und versorgt das es an nichts mangelte.
Auch auf unserer nächsten Reise über Kroatien, Montenegro bis nach Albanien war das Wetter nicht sehr sommerlich (April 19). Eher sehr nass. So erinnerte unser Harald eher an eine Waschküche mit tausenden Wäscheleinen. Wir bekamen die ganzen Sachen der Kinder einfach nicht mehr trocken. Und wenn das einjährige dann zum fünften mal in die größte Pfütze watschelt könnte man schon auch mal den harmonischen Urlaubsvibe vergessen… aber da sehen wir das Kind im XXL Nachbarwohnwagen, das seit 2 Tagen mit der Nase an der doppelt isolierten Fensterscheibe klebt und nicht raus darf (weil nass und Matsch!!) und freuen uns insgeheim für die Matschparty unserer Kinder.
Als Kind 3 (2021) auf die Welt kommt haben wir die Corona Reisebeschränkungen weitest gehend überstanden und planen im Sommer vier Wochen Skandinavien. Harald bekommt noch einen 5. Sitzplatz und dann los. Denken wir. Zwei Tage vor Abfahrt will er nicht mehr. Also umplanen. Einen alten VW Bus mit Überlänge (ohne Hochdach, Bett, Küche etc.) können wir ausleihen meint ein Freund. Okay. David baut an einem Tag ein Bett in den Bus, sodass fünf Personen darin schlafen können. Drei längs, zwei quer. Ich organisiere die mobile Küche etc., sortiere alles in Kisten die unter die Bettkonstruktion geschoben werden und es kann losgehen. Alle belächelten uns, ob das wohl klappt…zu fünft in einem VW Bus schlafen? Es hat geklappt, vier ganze Wochen lang. Skandinavien musste, dann für Frankreich weichen. Wenn wir etwas wollen, dann machen wir es. Improvisation ist gefragt.
An jedem Platz an dem wir standen ging das große Entfalten wieder los. Beeindruckend was alles aus so einem kleinen Bus kommen kann, staunten einige RentnerInnen mit ihren dreifach so großen Wohnmobilen. Und erstaunlich wie man auch alles wieder reinbekommt.
Diese Kunst der Improvisation und das ganze Chaos was es mit sich bringt ist uns komischerweise so ans Herz gewachsen, das wir die Biertrinkenden Wurfzelt Jungs gar nicht mehr beneideten, irgendwie schien es fast schon langweilig. Wir lieben es mit den Kindern zu reisen und gemeinsam zu entdecken, sich treiben zu lassen und mit jeder Menge neuer Flecken auf den Kleidern heimzukehren.