Jede Menge Lesefutter für die kalten Tage

Jedes der folgenden Bücher hat mir beim Lesen sehr viel Spaß gemacht. Ich musste immer wieder herzhaft lachen, las ganze Passagen meinem Mann vor und habe viel gelernt. Vielleicht geht es Ihnen und Ihren Kindern ebenso, es würde mich freuen. Einen schönen Lesewinter für Sie alle!

 

 


Dunkles Gold

Laura lebt in Erfurt und ist ziemlich genervt von ihrer Mutter, die ihr als Kunsthistorikerin ständig Dinge aus der Vergangenheit erzählt, statt sich für die Probleme einer Fünfzehnjährigen zu interessieren. Deshalb weiß Laura auch beinahe alles über den sogenannten Erfurter Judenschatz. Durch ein Schulprojekt beginnt sie über die Idee einer Graphic Novel zu diesem Thema nachzudenken. Was liegt da näher, als Alexej um Hilfe zu bitten, den einzigen Jungen jüdischen Glaubens, den sie kennt? Doch während auf Lauras Skizzenblock nach und nach die Geschichte von Rachel und Joschua aus dem Jahr 1349 Gestalt annimmt, muss sie feststellen, dass es gar nicht so leicht ist, mit Alexej und seiner Familie über das Jüdischsein zu sprechen. Mirjam Pressler hat in ihrem letzten Buch gekonnt einen weiten Bogen gespannt von den mittelalterlichen Pestprogromen über die leidvolle Geschichte der europäischen Juden in den folgenden Jahrhunderten, hin zum Holocaust und bis in die Jetztzeit, wo der Antisemitismus leider noch immer nicht überwunden scheint. Dazwischen erleben wir die Flucht von Rachels Vater, einem wohlhabenden Erfurter Kaufmann und Geldverleiher. Aus Angst vor der Pest und den zu befürchtenden Judenprogromen versteckt er sein wertvolles Hab und Gut im Keller seines Hauses sorgfältig hinter Mauern, bevor er sich als einfacher Bauer verkleidet mit seinen Kindern auf die Reise ins Ungewisse machte. Den Schatz gibt es wirklich, man kann ihn im Museum der ehemaligen Synagoge in Erfurt bewundern.

Mirjam Pressler: Dunkles Gold. 336 Seiten, broschiert, 12,5x19cm, Gulliver von Beltz&Gelberg 2020, ISBN: 978-3-407-75491-2, € 9,95, ab 14 Jahren


Flug der Falken

Jan spielt gerne Computerspiele, besonders das um den Altägyptischen Falkengott Horus und seinen Widersacher Seth. Der Plan für die nahenden Sommerferien heißt deshalb „Zocken“ mit seinem Freund. Doch es kommt alles anders. Zusammen mit Clara wird Jan eine Woche lang in der Wildnis campen und einen seltenen Falken bewachen, der sich in einer alten Burgruine niedergelassen hat. Was anfangs als triste Langeweile unter heißer Sommersonne beginnt, entpuppt sich bald als vielschichtiges Abenteuer. Denn offensichtlich hat es der unheimliche Fremde, der beiden schon beim Einführungsvortrag unangenehm aufgefallen war, auf den seltenen Vogel abgesehen. Ob er ihn zur Falkenjagd abrichten will wie einst der Stauferkaiser Friedrich II? Oder ihn sogar töten möchte und präpariert für viel Geld weiterverkaufen? Jan und Clara bangen um das Leben ihres Schützlings und müssen bald feststellen, dass alles viel komplizierter und mehr Magie mit im Spiel ist, als sie je vermutet hätten. Ein spannendes Abenteuer, in dem die Götter Ägyptens, die Falkenbegeisterung Kaiser Friedrichs und heutiger Umweltschutz zeitübergreifend ineinander spielen. Ein anschließender Sachteil über Wanderfalken von Nabu-Experten Michael Kladny enthält wichtige Informationen zu diesen außergewöhnlichen Vögeln. Wieder hat das Autorenduo Habeck-Paluch ein schönes Jugendbuch vorgelegt, das mit dem Hauptthema Artenschutz perfekt zum Bundesvorsitzenden der Grünen passt.

Robert Habeck, Andrea Paluch: Flug der Falken. 192 Seiten, gebunden, 21,5×15,5 cm, Edel Kids Books 2020, ISBN: 978-3-96129-175-5, € 12,99, ab 10 Jahren


Das schwarze Schaf und das Rätsel von Baskeltorp

Mit diesem Buch hat man richtigen Spaß! Auf dem Bauernhof in Baskeltorp fehlt plötzlich Gutti, der Hütehund. Und dabei hat er doch am Abend zuvor noch seine Abendrunde gedreht und mit jedem Bauernhoftier einen kleinen Schnack gehalten. Und nun wird der Böse Wolf verdächtigt, Gutti gefressen zu haben. Sogar die Jäger sind schon auf ihn angesetzt. Das muss Texel, das schwarze Schaf der Herde und seines Zeichens bester Detektiv auf dem Hof unbedingt verhindern. Denn erstens ist der Böse Wolf sein Freund und zweitens hat er ein bombensicheres Alibi. Schließlich spielten die beiden ja die halbe Nacht „Ich sehe was, was du nicht siehst“ miteinander. Also beginnt Texel mit seinen Ermittlungen. Welch ein Glück, dass Dr. Winnewurp zur rechten Zeit aus seinem Maulwurfshügel rausschaut und im Nullkommanichts Texels rechte Hand wird. Zu zweit ermittelt es sich doch gleich viel leichter, besonders in diesem verzwickten Fall, indem sogar der Ersatzhütehund gleich mit verschwindet. Ob die beiden noch rechtzeitig den wahren Täter finden? Ich musste immer wieder herzhaft lachen über diese witzige Geschichte und die herrlichen Charaktere. Wo gibt es sonst krähende Federlinge, schweizerdeutsch sprechende Widder oder Schweine, die sich in der griechischen Mythologie auskennen? Und dann diese großartigen Illustrationen!!!

Annette Roeder, Stefanie Jeschke: Das schwarze Schaf und das Rätsel von Baskeltorp. 221 Seiten, gebunden, 21,5×15,5 cm, Edel Kids Books 2020, ISBN: 978-3-96129-167-0, € 14,99, ab 11 Jahren


Die Keilers machen sich breit

Herr und Frau Grunz haben es schön in ihrem Häuschen im Grünen. Als dann der Gewinn eines Strandwochenendes im Briefkasten liegt, brechen die Grunzens kurzerhand auf. Und noch jemand überlegt nicht lange: das Ehepaar Keiler betritt kurze Zeit später das Haus und gönnt sich seinerseits ein langes Urlaubswochenende. Die Wildschweine kennen wir doch, schauten sie nicht immer bei Grunzens durchs Fenster? Endlich in die warmen Pantoffeln und mit einer Tasse Kaffee und einem schönen Stück Kuchen so wundervoll wohnen wie die Grunzens. Ob die es allerdings wirklich schätzen, dass an ihrem Bild weitergemalt wurde und im Rechner etwas so ganz anderes steht? Die Kochkünste von Herrn Keiler hinterlassen zudem eine Küche im Saustallformat. Doch Herr Keiler ist sich sicher, er schafft es alles noch rechtzeitig aufzuräumen. Dabei zeigen sich erstaunliche Parallelen zu seinem menschlichen „Gastgeber“… Eine lustige Erstlesergeschichte mit viel Witz in den Illustrationen.

Alice Keller, Veronica Truttero (Illustr.): Die Keilers machen sich breit. 66 Seiten, gebunden, 15×21 cm, Beltz&Gelberg 2020, ISBN: 978-3-407-75819-4, € 9,95, ab 7 Jahren


Fanny ist die Beste

Fanny hat mit Sicherheit die coolste Oma der Welt. Wer sonst lässt alles stehen und liegen, sucht das ganze Haus nach einer Klitzer-Verkleidung ab oder ist sofort bereit Schiedsrichterin zu spielen, wenn das Lieblingskind kommt. Und Fanny ist oft da, eigentlich jeden Tag, denn Fanny und ihre Mama wohnen gleich nebenan. Heute kann Fanny gar nicht aufhören mit Hopsen, denn gleich beginnt der allerliebste Wettkampftag. Es gibt sechs Disziplinen, drei zum Aussuchen für Mama und drei für Fanny. Zum Glück hat Oma ein bisschen gezuckt mit der rechten Hand, sodass Fanny beim Losen gewinnt und sich als Erste das Balancieren raussuchen kann. So bekommt sie sicher einen Vorsprung. Hoffentlich wählt Mama nicht Wettkochen oder Wettlesen, damit kennt sich Fanny nämlich noch nicht aus. Dafür schafft sie es bestimmt den höchsten Turm zu bauen – mit allen Kissen, die sie finden kann. Ob es geholfen hätte, wenn sie ihrer Stoffgiraffe obendrauf noch die Haare hochgebürstet hätte? Aber es sind ja noch einige Disziplinen offen und Schummeln gilt nicht, schon gar nicht Sichärgern. Ob Mama das schafft? Zwischendurch wird noch schnell ein Dackel gerettet und eine Runde geschnarcht in diesem herzerfrischenden Erstlesebuch, das durch Jutta Bauer wieder einmal ganz wunderbar in Szene gesetzt wurde.

Sara Ohlsson, Jutta Bauer (Illustr.): Fanny ist die Beste. 109 Seiten, gebunden, 15×21,5 cm, Moritz 2020, ISBN: 978-3-89565-397-1, € 10,95, ab 7 Jahren


Drei Helden für Mathilda

An diesem Morgen stimmt gar nichts mehr: Das Bett ist leer, im Badezimmer putzt sich niemand die Zähne und auf dem Frühstückstisch liegt ein angebissenes Marmeladenbrot. Und vor allem, keine Mathilda zum Kuscheln! Ihre Stofftiere sind in hellster Aufregung. Fitze Fusselkopp, der Affe mit den extra langen Armen ist sich sicher: da ist etwas Schreckliches geschehen, Mathilda muss von Räubern entführt worden sein. Und so machen sich die drei Freunde auf in die große Stadt, um ihre Mathilda zu retten. Was die drei so alles erleben und welche Wahrheiten sie sich zurechtlegen, ist allerliebst und man versteht sofort, warum Mathilda auf keinen Fall einen zweiten Schultag ohne ihre geliebten Schmusetiere erleben will. Aber vorher müssen alle auf jeden Fall in die Wanne, denn der Großstadtdschungel hat seine Spuren hinterlassen. Eines der liebsten Vorlese- und Anschauabenteuer der letzten Zeit für mich, das ich nicht wieder hergebe!

Oliver Scherz, Daniel Napp (Illustr.): Drei Helden für Mathilda. 112 Seiten, gebunden, 17,5×24,5 cm, Thienemann-Esslinger 2019, ISBN: 978-3-522-18458-8, € 14, ab 6 Jahren

 


Eve of man

Die Welt wie wir sie kennen, besteht nicht mehr. Die Atmosphäre ist geprägt durch ständige Unwetter und das ehemalige London steht zum Großteil unter Wasser. Seit 50 Jahren wurden ausschließlich Jungen geboren, die Ursache dafür ist unbekannt. Als Eve nach so langer Zeit als erstes und einziges Mädchen zur Welt kommt, lasten die Erwartungen der gesamten Menschheit auf ihr. Von den Unruhen und menschenunwürdigen Lebensbedingungen der Außenwelt wird Eve bis ins Teenageralter abgeschirmt. Sie lebt in einer Scheinwelt mit blühenden Gärten und Sonnenuntergängen aus dem Rechner. Einer der unzähligen Mitarbeiter des riesigen Eve-Towers ist Bram, der Eve ohne ihr Wissen sehr nahe kommt. Im Auftaktband dieser hochspannenden Trilogie erzählen Eve und Bram jeweils aus ihrer Perspektive das Handlungsgeschehen. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und freue mich auf Band 2.

Giovanna und Tom Flecher: Eve of man. Die letzte Frau. 448 Seiten, gebunden, 14×21,5cm, dtv Reihe Hanser 2019, ISBN: 978-3-423-364055-8, €18,95, ab 14 Jahren

 


„Gestatten, ich bin ein Arschloch“

Zugegeben, der Titel mag auf den ersten Blick irritieren, aber dieses Sachbuch hat es in sich. „Narzissmus gilt als Leitneurose unserer Gesellschaft“ urteilt der SPIEGEL und diesem sich scheinbar rasant ausbreitenden Phänomen hat sich der Psychiater Pablo Hagemeyer hier angenommen. Er kennt den Umgang mit Narzissten nicht nur aus seiner jahrelangen Praxiserfahrung, sondern auch von der anderen Seite – ist er doch selbst betroffen. Er bezeichnet sich als netten Narzissten, der in jahrelanger Selbstreflexion den Kreislauf aus Manipulation und Abwertung anderer überwunden hat. Er zeigt mit einem humorvollen Unterton auf, wie man Narzissten erkennt, wie man ihnen im Alltag begegnet und sich von ihrem toxischen Verhalten abgrenzt. Extrem wichtig, sind doch geschätzte zwei Prozent der Bevölkerung Narzissten, oft in den absoluten Führungsebenen. Zahlreiche Fallbeispiele, wie das des fiktiven und doch aus vielen Patienten zusammengesetzten Paares Tom und Tina veranschaulichen perfekt, wie sich das Leben eines Narzissten gestaltet und vor allem, was es mit seinem familiären und beruflichen Umfeld macht. Wer sich selbst nicht ganz sicher ist, ob er in irgendeiner Form betroffen ist, ein erster Test am Ende des Buches gibt Auskunft. Und jede Menge gute Tipps ganz praktischer Natur finden sich ebenfalls in diesem erfrischend leicht verständlichen Sachbuch.

Pablo Hagemeyer: „Gestatten, ich bin ein Arschloch“ Ein netter Narzisst und Psychiater erklärt, wie Sie Narzissten entlarven und ihnen Paroli bieten. 240 Seiten, broschiert, 13,5×21 cm, Edenbooks 2020, ISBN: 978-3-95910-246-9, € 16,95, für Erwachsene


 

 


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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