Der Lebensraum der Zecken beginnt vor der Haustür – so lautet das wichtigste Ergebnis einer aktuellen Studie der Universität Hohenheim in rund 100 Gärten aus dem Großraum Stuttgart. Dank Klimawandel sind die Spinnentiere auch nicht mehr nur im Sommer, sondern fast ganzjährig aktiv, so Prof. Dr. Ute Mackenstedt auf einer Pressekonferenz im März. Die Medienveranstaltung bildete den Auftakt einer Reihe von Veranstaltungen zum Thema Zecke ab kommender Woche an der Universität Hohenheim.
Insgesamt rund 221 Menschen erkrankten in Deutschland im vergangenen Jahr an der Hirnhautentzündung FSME, die durch Zecken übertragen wird, eine verhältnismäßig geringe Zahl. Auch 2014 war die Zahl mit 265 gemeldeten Fällen unterdurchschnittlich: 2013 waren es noch 420.
Doch der Trend ist trügerisch, kommentiert Mackenstedt. „Grund für die rückläufigen Zahlen sind zwei besonders heiße und trockene Sommer“, vermutet die Zecken-Expertin. „Bei solchen Temperaturen sind weder Mensch noch Ixodes ricinus, der Gemeine Holzbock, sonderlich aktiv, so dass beide nicht zusammen kommen.“ Gleichzeitig bewirke das veränderte Wetter jedoch, dass Zecken bereits ab Februar und bis in den Dezember hinein aktiv seien. Die Gefahr: „Wir sind es nicht gewohnt, in den ehemals kalten Monaten mit Zeckenstichen zu rechnen und schützen uns nicht entsprechend.“
Auch Ärzte seien noch nicht unbedingt gewohnt bei FSME-Symptomen außerhalb des Sommers gleich an Hirnhautentzündung zu denken.
Auch in anderer Hinsicht würden sich viele Menschen in trügerischer Sicherheit wähnen: Nämlich im eigenen Garten. Zu Unrecht: „Wer aus der Haustür tritt, steht im Lebensraum der Zecken“, fasst Prof. Dr. Mackenstedt die Ergebnisse einer laufenden Studie zusammen.
Seit 2014 kontrolliert die Parasitologin rund 100 Gärten im Großraum Stuttgart regelmäßig auf Zecken. Ergebnis: „Inzwischen können wir in 60 Prozent aller Gärten Zecken nachweisen – in Einzelfällen fanden wir in einer halben Stunde bis zu 800 Tiere.“
Bislang beschränken sich die Untersuchungen auf den Raum Stuttgart. „Wir können jedoch davon ausgehen, dass sich die Ergebnisse auf andere Städte übertragen lassen.
Zur Überraschung der Studienleiterin scheinen sich die Blutsauger in ganz unterschiedlichen Umgebungen wohlzufühlen: vom verwilderten Garten am Waldrand bis zum akkurat gepflegten Stadtgarten. Faktoren wie ein naher Wald, Unterholz und hohes Gras begünstigen zwar große Zeckenpopulationen, sind aber keinesfalls Voraussetzung. „Selbst in kleinen und gepflegten Gärten in den Stadtaußengebieten waren die Zecken noch anzutreffen.“
Ein Grund für die große Verbreitung sind Haus-, Wild- und Nagetiere: „Wir haben insgesamt drei verschiedene Arten von Zecken gefunden. Eine davon wird vor allem durch Vögel verbreitet.“ Andere seien typisch für Wild- und Haustiere. „Man kann einen Garten nicht zeckenfrei halten“, schlussfolgert Prof. Mackenstedt. „Einmal eingeschleppt, bilden sie stabile Populationen.“
Laut Zecken-Expertin Prof. Dr. Mackenstedt zeigten die Ergebnisse, dass der Mensch lernen müsse, mit Zecken zu leben: „Wir müssen akzeptieren, dass wir die Zecken nicht vollständig vermeiden können. Umso wichtiger ist es, sich entsprechend zu schützen.“