Gisèle Pelicot: „Die Scham muss die Seite wechseln“ 

Ein Beitrag von Barbara Fank-Landkammer der Ehe-, Familien- und Partnerschaftsberatung
Karlsruhe e.V.

Foto: Kevin Malik | pexels.com

Die mutige Gisèle Pelicot zeigte allen Frauen und der Öffentlichkeit, dass Gewalt und sexuelle Ausbeutung im eigenen Zuhause schwere kriminelle Verbrechen sind. Nicht die Opfer haben Grund sich zu schämen, wie es leider immer noch viel zu häufig geschieht, sondern die Täter. 

Alarmierende Zahlen: Gewalt gegen Frauen in Deutschland

Es ist erschreckend. Statistisch gesehen erfährt jede 3.(!) Minute ein Mädchen oder eine Frau in Deutschland Gewalt. „Ganz besonders bedrückend ist die Zahl von 938 Frauen und Mädchen in Deutschland, die (2023) Opfer von vollendeten oder versuchten Femiziden wurden. Das sind durchschnittlich 78 Frauen und Mädchen im Monat. 360 dieser Frauen starben dabei. Das bedeutet, dass es fast an jedem Tag ein Opfer eines Femizids gegeben hat. Hinter all diesen Zahlen stehen betroffene Menschen, stehen Schicksale. Gewalt ist eben nichts Abstraktes. Gewalt wird anhand dieser Zahlen sehr konkret. In allen Bereichen hat die Gewalt zugenommen. Die Zahl der Straftaten gegen Frauen und Mädchen steigt in sämtlichen Deliktsbereichen, wie unter anderem bei der häuslichen Gewalt, der sexualisierten Gewalt, der digitalen Gewalt, bei Tötungsdelikten an Frauen und Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung.“ (Ministerin Josefine Paul, NRW in der Debatte im Bundesrat am 20.12.2024). 

Ein wichtiger Schritt: Das neue Gewalthilfegesetz

Trotz dem Ende der Ampelregierung verabschiedete der Bundestag am 31. Januar 2025 mit den Stimmen von Grünen, SPD und Union das Gewalthilfegesetz. Es sieht vor, dass Frauen, die etwa Opfer von häuslicher Gewalt werden, ab 2032 einen Rechtsanspruch auf einen Schutzplatz haben und sich der Bund an der Finanzierung von Frauenhäusern beteiligt. Bundesweit fehlen um die 14.000 Plätze in Frauenhäusern. Die Einrichtung von Schutzorten, Beratungsstellen und anderen Unterstützungsmaßnahmen steht in der Verantwortung der Länder. Daher ist der zeitlich auf 10 Jahre festgelegte Bundeszuschuss über insgesamt 2,6 Mrd. Euro zum Ausbau der Infrastruktur ein Novum – und dringend notwendig. Auch der Bundesrat hat dem Gesetz in seiner letzten Sitzung vor der Neuwahl zugestimmt. 

Der schwierige Ausbruch aus der Gewaltspirale

Fachleute berichten, dass es im Durchschnitt sieben (!) Jahre braucht, bis sich eine Frau aus einer physischen oder psychischen Gewaltbeziehung löst. Mit jedem Übergriff, jedem Schlag und jeder Erpressung schwindet das Selbstwertgefühl der Frauen – und sie neigen dazu sich selbst die Schuld zu geben und den Täter zu entschuldigen. Deshalb war und ist der Mut von Gisèle Pelicot aus Avignon unbeschreiblich wichtig. Sie hat Würde gezeigt und andere Frauen ermutigt, sich Hilfe zu holen und Taten anzuzeigen. Dafür nahm sie in Kauf, dass der ihr zugefügte brutale, jahrelange Missbrauch und die Erniedrigung in allen Einzelheiten im Gerichtssaal öffentlich wurden. „Die Scham muss die Seite wechseln!“ Ich bewundere sie aus tiefstem Herzen und bin dankbar für alle in Karlsruhe und in der Region, die Frauen unterstützen, aus der Gewaltspirale auszubrechen – und wieder zu einem selbstbestimmten Menschen zu werden. 

Barbara Fank-Landkammer


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