
So beginnt ein Lied. Einsamkeit ist ein Phänomen unserer Gesellschaft. Der Einsamkeitsbarometer 2024 des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend weist darauf hin, dass ein Lebensalter über 75 Jahre, Frau sein, Armut, intensive Care-Arbeit (Alleinerziehende und Pflegende) sowie Migrations- und/oder Fluchterfahrung Einsamkeit befördern.
„Nach meinem Umzug vor zwei Jahren habe ich noch immer keine Freunde gefunden.“
„Selbst in einer Gruppe, bei einer Veranstaltung fühle ich mich allein.“
„Ich tue mich schwer Kontakt zu finden, anderen fällt das viel leichter.“
Dies sind einige typische Aussagen. Wer einsam ist, leidet. An sich selbst und an den anderen. Social Media hilft nur bedingt. Die digitale Kommunikation kann ein Segen sein, um Freundschaften über Entfernung und im Alltag zu leben oder die Familienorganisation besser zu bewältigen. Ihre Schwachstellen treten zutage, wenn es um tiefere menschliche Bedürfnisse nach Nähe, Vertrauen, Entwicklung und emotionalen Austausch geht. Manchmal verhindert sie dies sogar und verstärkt Einsamkeit, weckt die Illusion „Nur ich habe das Problem des Alleinseins.“
Beziehungen aufzunehmen, Vertrauen zu lernen, zu lieben und geliebt zu werden ist eine lebenslange Bewegung und Übungsaufgabe. Denn die Umstände ändern sich und was gestern noch passte, gilt heute nicht mehr. Dabei hilft es, Einsamkeit nicht als Versagen, sondern als normalen Bestandteil dieses Weges zu sehen. Ursprünglich war das Wort „Einsamkeit“ nicht negativ behaftet, sondern bedeutete „mit sich selbst und seinem Innersten in Kontakt sein“ (was auch die Beziehung zu Gott als tragenden Grund meinte). Vorübergehende Einsamkeit kann also ein Motor sein, sich neu zu orientieren und aktiv zu werden.
Auch nahe Beziehungen lösen das Dilemma der existentiellen Einsamkeit an sich nicht auf. Im Gegenteil, wenn ich vom anderen erwarte, dass er meine (Ur-)Ängste vor Verlust, Tod und Einsamkeit zum Verschwinden bringt, überfordere ich ihn oder sie. Natürlich – gute Gespräche (auch über erlebte Einsamkeit) und liebevolle Gesten können diese erträglicher machen. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Solche Beziehungen aber brauchen Zeit, um entstehen und wachsen zu können. Sie brauchen die Reife, Spannungen aushalten und regulieren zu können. Vielleicht ziehen wir uns zu schnell zurück, weil der Kontakt holprig war? Oder machen zu viel Druck? Menschen, die Einsamkeit bewältigt haben, berichten sie hätten gelernt auch kleine Zeichen der Zuwendung wertzuschätzen.
Die Forschung zeigt, dass der Einsatz für andere das Gefühl vermittelt, ein Teil des Ganzen zu sein. Wenn das stimmt, dann ist Geben ebenso eine Antwort auf Einsamkeit wie Nehmen …
Auf jeden Fall ist Einsamkeit nicht nur ein individuelles Thema, sondern ebenso ein gesellschaftliches. Wer lange ungewollt einsam ist, wird misstrauischer, auch dem Staat und der Demokratie gegenüber. Begegnungsräume in den Stadtteilen, die Förderung von ehrenamtlichen Initiativen, Bildung und Information können der Einsamkeit den Stachel ziehen.
Barbara Fank-Landkammer