„Das Geld ist gleich alle…“ – Kolumne von Eva Unterburg

Sind Ihre Kinder schon in dem passenden Alter für die erste Freizeit mit Gleichaltrigen? Ich meine nicht die Stadtranderholung, wo man sie morgens sauber und aufgeregt abgibt, um sie abends mit allerlei Gebasteltem, überquellend vor Eindrücken und in lehmverkrusteten Klamotten wieder abzuholen. 

Ich meine richtige Freizeiten, zwei Wochen mindestens weg von Zuhause. Mit den Pfadfindern auf großer Fahrt, den Naturfreunden in der Provence oder dem überregionalen Paddelanbieter auf der Mecklenburgischen Seenplatte zum Beispiel. 

Alles verbunden mit einer richtigen Packaktion im Vorhinein, passender Kleidung für warmes und kaltes Wetter – aber nichts Uncooles bitte. Badeschuhe, Sonnenmilch, etwas für den Kopf, auch hier ist der Coolnessfaktor überlebenswichtig. Schlafsack, etwas gegen Mückenstiche, Rucksack, was zum Lesen…. 

„Ach Mama, wer braucht denn sowas?“ „Du mein Sohn, denn hier steht etwas von Handyverbot“. Ich höre den Aufschrei bis hierhin! Was in den Augen Ihres Sohnes oder wahlweiße Ihrer Tochter ganz und gar nicht geht, empfinden Sie vielleicht als geschickten Schachzug der Freizeitanbieter. Endlich analoge Gespräche, kein stundenlanges Gedaddel oder gar endloses Genöle wegen fehlender Balken. 

Gerade lächeln Sie zufrieden in sich hinein ob der genialen Reisevorgaben, da meldet sich das hasenherzige Mutter- oder Vatertier in Ihnen. Was ist, wenn es dem Kind nicht gut geht und es dringend heimischen Trostes bedarf? Allergie, Heimweh, Mobbing, schlechtes Essen, verknackster Fuß? Es kann so Vieles passieren, wenn man nicht vor Ort ist. Zum Glück steht auch für diese Fälle etwas im Reisevorbereitungsbrief: in Notfällen melden sich die Gruppenbetreuer selbstverständlich bei Ihnen. Aufatmen auf Ihrer Seite, noch immer andauerndes Gemotze und die vage Drohung „Dann bleib ich lieber zuhause“ auf der Adoleszentenseite. Wie soll man denn nun die täglichen Selfies in den Orbit schicken? Wie die romantischen Sonnenuntergänge posten und das Essen kommentieren? 

„Wie wäre es mit einer Postkarte?“ schlagen Sie jetzt vielleicht ganz oldschool vor. Da erinnern Sie sich, dass man früher meist in Persona Tage vor den Karten zuhause war. Es war bereits alles erzählt, als endlich die mühsam geschriebenen Zeilen „Mir geht es super! Das Wetter ist großartig und das Essen gut. Viele Grüße aus Amrum“ aus dem heimischen Briefkasten gefischt wurden. 

Vielleicht erinnern Sie sich auch noch an die skurrilen Telefongespräche aus den italienischen Telefonzellen? „Hallo, ich bin`s. Ja ich rufe aus Italien an. Mir geht es gut, aber das Geld ist gleich alle. Ich muss jetzt Schluss machen, es fällt nur so durch. Also ich sag schon mal Tschüss, weil ich bestimmt gleich weg bin. Jetzt ist bestimmt gleich Schluss, es piepst schon so komisch…“ Zuhause legten die Eltern dann beseelt von den kindlichen Lebenszeichen den Hörer auf die Gabel und schliefen in dieser Nacht bedeutend ruhiger als die fünf Nächte vorher. 

Es könnte durchaus sein, dass Sie jetzt drohen weich zu werden und sich schon ein Geheimversteck für ein Notfallhandy ausdenken. Die linke Innentasche vielleicht? NEIN, tun Sie es nicht. Bringen Sie sich nicht um dieses wunderbare Gespräch, das Ihr Nachwuchs nach Auffinden der letzten Telefonzelle in der weiteren Umgebung mit Ihnen führen wird und das immer so anfängt „Hallo ich bin`s. Mir geht es gut aber das Geld ist gleich alle…!“


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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