Freiheitsrechte und Videoüberwachung

Rechtskolumne

Rechtskolumne von Familienanwalt Dirk Vollmer

Es gibt sie noch: die Freiheit!

Unsere Verfassung garantiert uns eine Reihe von Freiheitsrechten, unter anderem das Recht zur freien Meinungsäußerung, das Recht zur informationellen Selbstbestimmung – und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, aber dazu später. Diese Freiheitsrechte bestehen natürlich nicht grenzenlos. Grenzen sind die Geltungsbereiche von Grund- und Menschenrechten anderer. Zudem darf der Staat vieles durch Gesetze einschränken, wobei Grundrechtseingriffe immer verhältnismäßig sein müssen. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip, eines der elementaren Prinzipien unseres Rechtsstaates, kann wie folgt beschrieben werden: „Kollidierende Interessen, Freiheiten oder Rechtsprinzipien werden nur dann in ein angemessenes Verhältnis zueinander gesetzt, wenn und soweit das zu wahrende Interesse, Freiheitsrecht oder Rechtsprinzip schwerer wiegt als das ihm aufgeopferte“ (Reinhold Zippelius, Das Wesen des Rechts).

In stürmischen Zeiten, in denen wir unsere Freiheiten wieder bedroht sehen durch Terrorismus, ist es besonders wichtig, dass der Gesetzgeber und die wahlberechtigten Bürger nicht übereilt, gar kopflos, Freiheitsrechte opfern. Die Erfahrungen aus unserer jüngeren Geschichte lehren, dass wir das später bereuen und einmal verloren gegebene Freiheiten mitunter mühsam zurückerkämpft werden müssen. Die jüngst angedachte Bargeld-Obergrenze zur Bekämpfung von Geldwäsche kann unsere Freiheiten zwar nicht in den Grundfesten erschüttern, aber das ist eines von vielen Beispielen dafür, wie uns Freiheit Stück für Stück verloren gehen kann.

Viele Menschen können heute schon gar nicht mehr begreifen, warum die in 1983 geplante Volkszählung die Bürger so erzürnt hat und das Bundesverfassungsgericht zu einer der bedeutsamsten Entscheidungen bewogen hat: Das Volkszählungsurteil hat das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Menschenwürde etabliert. Ein Meilenstein des Datenschutzes. Und heute? Die zunehmende Technisierung und Digitalisierung macht den Kampf um Freiheitsrechte schwieriger. Die Daten- und Verbraucherschützer schlagen zu Recht Alarm bei Fitnessarmbändern & Co. Noch nie wurden so viele personenbezogene Daten erhoben, gespeichert und verarbeitet. Noch nie gab es so viele Geräte zur Datenaufzeichnung und schier endlose Speicherkapazität.

Das Amtsgericht Brandenburg hatte unlängst einen Fall zu entscheiden, in dem jemand mehrere Videokameras an der Außenwand seines Hauses angebracht hatte aber vorgab, die Kameras seien so ausgerichtet, dass sie nur das eigene Grundstück erfassten. Der Nachbar klagte auf Unterlassung weil die Kameraeinstellung ohne weiteres verändert werden könne und er befürchte, gegen seinen Willen aufgezeichnet zu werden. Das Gericht entschied, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit schütze nicht nur vor tatsächlicher Bildaufzeichnung, sondern bereits vor der berechtigten Befürchtung einer Bildaufzeichnung (Az. 31 C 138/14). Eine Videoüberwachung, die sich auf den eigenen privaten Bereich der überwachenden Person beschränkt, der nur für diese selbst und für ihre Familienangehörigen zugänglich ist, ist aber ohne weiteres zulässig.

Rechtsanwalt Dirk Vollmer
Fachanwalt für Familienrecht
Dr. Schneider & Partner
www.schneideranwaelte.de


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