
Kaum sind die ersten Impfstoffe zugelassen und die ersten Dosen verabreicht, meldet die Bild-Zeitung: „Erster Chef macht Ernst – Ohne Impfung kein Gehalt“.
Beim Thema Impfung und Arbeit stellen sich eine Reihe von Fragen, wie z.B.: Können Arbeitgeber verlangen, dass Mitarbeitende sich impfen lassen? Gibt es andere Möglichkeiten, Mitarbeitende zu einer Impfung zu bewegen? Darf nach Impfschutz gefragt werden?
Vorab ist zu sagen, dass es eine generelle Impfpflicht nicht gibt und nach derzeitigem Stand der Dinge wohl auch nicht geben wird. Da es sich bei einer Impfung um einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte handelt, bedürfte es für eine verpflichtende Impfung einer gesetzlichen Grundlage. Eine solche gibt es beispielsweise im Infektionsschutzgesetz für eine Masern-Impfung bei Personen, die in der Kinderbetreuung tätig sind. Zwar wird auch dort keiner gezwungen, sich impfen zu lassen. Allerdings ist eine Tätigkeit beispielsweise in Kitas ohne Impfschutz nicht mehr erlaubt, so dass im Ergebnis von einer Verpflichtung gesprochen werden kann.
Da eine solche gesetzliche Grundlage für Corona-Impfungen fehlt, können Mitarbeitende nicht verpflichtet werden, sich impfen zu lassen. Solange keine Impfpflicht besteht, drohen aus einer Nicht-Impfung auch keine negativen Konsequenzen. Eine Gehaltskürzung oder Kündigung würde vor den Arbeitsgerichten keinen Bestand haben. Das bedeutet, Arbeitgeber bleiben unabhängig von einem bestehenden Impfschutz zur Beschäftigung und Vergütung ihrer Mitarbeitenden verpflichtet.
Ob es eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen geben wird, ist ebenfalls noch unklar. Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat eine Impfpflicht für Pflegepersonal vorgeschlagen. Sollte eine solche Impfpflicht in Pflegeberufen Gesetz werden, dürften nicht geimpfte Personen nicht mehr in der Pflege tätig werden. Bei diesen Personen könnte es dann zu einer Kündigung wegen fehlender Eignung kommen, wenn es keine anderen Einsatzmöglichkeiten gibt.
Wie Unternehmen Ihre Mitarbeitenden dazu bringen können, sich impfen zu lassen, ist derzeit noch unklar. Denkbar ist z.B. eine Impf-Prämie auszuloben und so einen Anreiz zu schaffen. Eine solche dürfte zulässig sein, wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt wird. Unzulässig dürfte es dagegen sein, nicht geimpfte Mitarbeitende von bestimmten Vergünstigungen, wie z.B. der Kantinenbenutzung, auszuschließen. Dies zum einen deshalb, weil es dort andere Möglichkeiten gibt, Infektionen zu verhindern und zum anderen dürfen Mitarbeitende nicht benachteiligt werden, wenn sie in zulässiger Weise von ihren Rechten Gebrauch machen.
Ob Mitarbeitende ihrem Arbeitgeber darüber Auskunft geben müssen, ob sie geimpft sind, ist unter Juristen umstritten. Allein wegen der derzeit hohen Infektionszahlen dürfte dies nicht der Fall sein. Denkbar ist eine Auskunftspflicht aber dann, wenn am Arbeitsplatz andere Schutzmaßnahmen – etwa Einhaltung von Abständen – nicht möglich sind.
Es ist also festzustellen, dass der von der „Bild“ zitierte Chef wohl auf die Nase fallen wird. Andere Fragen sind dagegen noch offen, die ersten Gerichtsverfahren laufen aber bereits.
Bleiben Sie gesund!
RA Wolfgang Wiefelspütz
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht
Kuentzle Rechtsanwälte
76227 Karlsruhe-Durlach