Leserbrief der Arbeitsgruppe Hort

Das langsame Sterben der Horte – die neue Bildungspolitik in Baden-Württemberg

Nachdem im Februar 2014 bei uns in Eggenstein-Leopoldshafen die erste Informations-Veranstaltung zur Gemeinschaftsschule mit Ganztagsgrundschule stattfand, mit der dann die Schließung eines Hort-Standorts einhergeht, haben wir die Elterninitiative „Arbeitsgruppe Hort – Wir bewegen Familien“ ins Leben gerufen.

Unser Anliegen ist es, die verbleibenden Hort-Standorte zu erhalten und die Betreuungsangebote den Bedürfnissen der Familien anzupassen und damit nicht zuletzt die Attraktivität des Modells „Hort“ zu erhöhen. Und dies, obwohl die Landespolitik mit dem neuen Schulgesetz vom 16.07.2014 gerade versucht, dieses erfolgreiche Hortmodell zum Auslaufmodell zu erklären und die Förderung neuer Hortgruppen abzuschaffen.

So wurde im Rahmen der Auftaktveranstaltung „Der neue GANZ!Tag“, die am 21.07.2014 im Konzerthaus Karlsruhe stattfand, von Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup der Hort als „Zwischenlösung“ (hin zur Ganztagsschule) herabgewürdigt. Dabei ist das, was hier als „Best Practice“-Modelle für den Ganztagsschulbetrieb an Grundschulen vorgestellt wur­de, die Tullaschule in der Karlsruher Oststadt und die Pestalozzi-Schule in Bruchsal, genau das Gegenteil von planvoller und gut gemachter Schulpolitik: unzureichende Hort-Kapazitäten werden über die „Hintertür Ganztagsschule“ erweitert, indem dann wieder Klassenräume für das Nachmittagsangebot genutzt werden können. Fehlendes ehrenamtliches Engagement von Eltern und Vereinen, nicht zuletzt aufgrund unklarer rechtlicher Haftungsrisiken, werden durch kostengünstige, jedoch fragwürdige Angebote wie „Ausgang zum Bauhof“ von den Schulträgern, also Städten und Gemeinden aufgefangen – denn diese sind es, die neben der Mittagsversorgung den Großteil dieser Lasten zu tragen haben.

Das Land Baden-Württemberg stellt für den Ganztags-Ausbau von Grundschulen zwar 150 Mio. EUR zur Verfügung, in Form von zusätzlichen Lehrerdeputaten oder Finanzmitteln (Monetarisierung von Lehrerdeputaten), beteiligt sich jedoch nicht am Auf- und Ausbau der notwendigen Infrastruktur und deren Betrieb. Und da auch die im Übrigen nicht koordiniert erscheinenden Mittelzuweisungen nicht ausreichend sind, müssen Schulen überwiegend auch auf das Modell der Monetarisierung zurückgreifen, d.h. damit geringer bezahlte Erzieherinnen anstatt Lehrer zu beschäftigen.

Das Ziel, die unterschiedlichen Gesellschafts- und Bildungsgruppen zusammenzuführen, wird obendrein verfehlt. ALG2-Empfänger und deren Kinder werden im Ganztagsmodell besonders benachteiligt. Wo bisher noch die wirtschaftliche Jugendhilfe dafür gesorgt hat, dass diese Kinder wochentags bis 17 Uhr und auch größtenteils in den Ferien im Hort versorgt waren, so gilt dies bei Ganztagsschulen nicht mehr, denn hier ist die Ferienbetreuung und die verlängerte Betreuung an fünf Tagen pro Woche in kostenpflichtiges Zusatzangebot. Und auf der anderen Seite gibt es immer mehr Privatschulen, die dann zu entsprechenden Elternbeiträgen auch ein gutes Nachmittagsangebot bieten.

Der Bedarf an einer guten, aber auch bedarfsgerechten Nachmittagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ist, und das zeigen auch die meisten Statistiken, unverändert hoch. Jedoch kommt die bindende bzw. verpflichtende Form, die es in Baden-Württemberg gibt, für nur ca. 20-25% aller Eltern in Frage. Die überwiegende Mehrheit wünscht sich, schon aufgrund von Teilzeitbeschäftigung, an den sonstigen Tagen für die Kinder da zu sein – denn das Elternhaus und die familiäre Umgebung ist (meistens) noch der beste Ort, um als Kind Erfahrungen zu sammeln und groß zu werden. In anderen Bundesländern (Bayern, Hessen) trägt man diesem Wunsch durchaus mit offeneren Ganztags-Konzepten Rechnung,

Viele Eltern von Kindergarten-Kindern machen sich leider noch viel zu wenig Gedanken um die bevorstehende Grundschulzeit. Selbst im Ganztags-Kindergarten können die Kinder dann abgeholt werden, wenn es den Eltern wieder möglich ist, für ihre Kinder da zu sein. Die Ganztags-Grundschule hingegen bietet genau diese Flexibilität der Nachmittagsgestaltung der Eltern für Ihre Kinder nicht mehr.

Die „Arbeitsgruppe Hort – Wir bewegen Familien“ versucht daher auf lokaler, wie auch regionaler und landespolitischer Ebene nicht nur das Modell „Hort“ zu erhalten und dessen Attraktivität im Vergleich zur auf den ersten Blick kostenlosen Ganztagsgrundschule zu erhöhen, sondern auch wichtige Aufklärungsarbeit zu leisten für die Mehrheit der Eltern und für Vertreter aus Politik und Wirtschaft. Hier arbeiten wir eng mit der Initiative Gute Grundschule in Stuttgart und Elterninitiativen aus Karlsruhe zusammen.


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Nicole Weber-Kaiser,
Marcel von Quast
und Caroline Lerche
für die Arbeitsgruppe Hort
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