Wie soll das Kind bloß heißen?

Die Sache mit den Namen ist ja so eine Sache. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine eigene ellenlange Liste mit Jungennamen, die ich – jeden Tag rundlicher werdend – mit mir herumtrug wie den Heiligen Gral. Ständig wurde gestrichen und erweitert, wurden Meinungen eingeholt und alles wieder verworfen. 

War ein Name bei mir ausschließlich positiv besetzt, konnte es vorkommen, dass sich mein Mann allein vom puren Aussprechen desselben mit Grausen abwandte, weil genau solch ein Namensträger ihm als Kind eine übergebraten hatte. Solche Traumata sitzen tief und wer möchte schon beim Blick in die Wiege an die Schmach von einst erinnert werden.

Ähnlich muss es werdenden Eltern gehen, die beruflich jeden Tag mit Kindern zu tun haben. Ich stelle mir die Namenssuche für das werdende Kindelein hochdramatisch vor in einer Partnerschaft, wo er als Erzieher und sie als Lehrerin tätig ist, oder umgekehrt. Oder beide Erzieher*in oder eben beide Lehrer*in sind. Ich komm` schon ganz durcheinander. Sie wissen, was ich meine. 

Sagt sie: „Marie wäre doch schön. Was meinst du?“ Sagt er: „Oh Gott, das ist doch das schlägernde Mädchen, von der ich dir gestern erzählt habe, die noch dazu immer so hintenrum ist.“ Fragt er: „Wie findest du Lucca?“ Schreit sie: „Oh nein, so heißt der Junge, dessen Eltern immer mit dem Rechtsanwalt drohen.“

So wird das nie was. In diesem Fall hilft es vielleicht, auf Namen zurückzugreifen, die momentan hundertprozentig nicht im Umlauf sind. Ich warte auf die ersten Babys, die Hermann heißen oder Gisela, Christa und Jürgen, Dieter oder Heinz. Es wird kommen und ich werde entsetzt sein beim Lesen der Geburtsanzeigen. 

Genauso entsetzt wie alle in unserer Elterngeneration es waren, als sie am Wochenbett ihrer Kinder erfuhren, dass das kleine entzückende Wesen in ihren Armen genauso heißen sollte wie ihre eigenen Großeltern, nämlich Paul, Wilhelmine, Franziska, Jakob oder Katharina. Wie altmodisch! 

Inzwischen sind all die kleinen Fritze, die Antons, Henriettes und Paulines aus den deutschen Erziehungseinrichtungen nicht mehr wegzudenken. Von altmodisch keine Spur. 

Falls Sie also gerade in der Endphase Ihrer Schwangerschaft sind und Ihre Liste ständig umgeschrieben wird, sie schon völlig verzweifelt Ihren Erstgeborenen wie die alten Lateiner einfach Primus nennen wollen und auch keine Lust mehr haben auf die vielen gut gemeinten Namensvor-Schläge: hier kommt der ultimative Rat!

Bringen Sie Ihr Kind zunächst mal auf die Welt, das macht sowieso die meiste Arbeit. Und dann, wenn Sie verzückt das kleine Menschenjunge im Schlaf betrachten, lassen Sie es zu, dass die Namensfee bei Ihnen vorbeischaut. Sie wird Ihnen den passenden einhauchen, das funktioniert immer. Und wenn das Kind dann Monika oder Gerd heißen soll, dann ist das so. Es wird immer ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb seiner Generation haben und allenfalls Ihre Eltern werden sagen „Oh nein, so hieß doch dieser furchtbare Junge von nebenan, der immer so gemein zu unserem Hund war“. Sie waschen dann Ihre Hände in Unschuld, schließlich weiß die Namensfee ganz genau, was sie tut.

 

Autorin: Eva Unterburg 


Redaktion

Redaktion

Die Karlsruher Kind Redaktion informiert über Neuigkeiten, Aktionen, Veranstaltungen und Angebote in Karlsruhe und der Region.

Alle Artikel von Redaktion


Anzeigen
Anzeige
Anzeige

Anmelden

Registrieren

Passwort zurücksetzen

Bitte gib deinen Benutzernamen oder deine E-Mail-Adresse an. Du erhältst anschließend einen Link zur Erstellung eines neuen Passworts per E-Mail.