Haftung bei Kita – Kindern

Kolumne von Rechtsanwalt Dirk Vollmer

In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (BGH, Urteil vom 13.12.2012, III ZR 226/12) ging es um eine Kindertagesstätte und die spannende Frage, ob das Personal seiner Aufsichtspflicht nachgekommen ist oder nicht. Doch der Reihe nach. Ein Sanitärfachmann wird wegen eines Wasserschadens herbeigerufen. Als er wieder hinaus kommt und zu seinem Auto geht, ist dieses plötzlich an einigen Stellen „verschönert“. Die „Schuldigen“ sind auch schnell ausfindig gemacht: Acht Kinder aus einer Kita-Gruppe waren mit einer Erzieherin bei der Gartenarbeit. Drei Kinder hatten sich etwas abgesondert und Kieselsteine auf das Auto geworfen, das in nur 2 Metern Entfernung vom umzäunten Außenbereich der städtischen Kita parkte.
Von wegen schuldig. Die Kinder waren keine 7 Jahre und somit für ihr eigenes Verhalten nicht verantwortlich. Die Eltern dieser Kinder auch nicht, weil sie ihre Aufsichtspflicht auf die Kita übertragen haben. Muss jetzt etwa keiner den Schaden ersetzen? Verklagt wurde die Stadt als Trägerin der Kita. Bei dem Amtshaftungsanspruch ging es um die Verletzung der Aufsichtspflicht. Die Stadt verteidigte sich und behauptete, die Bediensteten der Kindertagesstätte hätten ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt. Eine ständige Überwachung der Kinder „auf Schritt und Tritt“ könne nicht verlangt werden. Das Gericht hat die Erzieherinnen als Zeuginnen vernommen. Diese konnten aber (Zitat) „nichts Näheres zur Wahrnehmung der ihnen obliegenden Aufsichtspflicht bekunden“. Die Behauptung, die Erzieherin habe in regelmäßigen Abständen nach den Kindern geschaut, haben die Zeuginnen gerade nicht bestätigen können. Komisch – vielleicht hatten diese anderes zu tun als ihre Kollegin zu beobachten?
Was bedeutet das nun für den Prozess? Geht die Klage verloren, weil der Kläger nicht beweisen kann, wem der konkrete Vorwurf zu machen ist – oder gewinnt er die Klage, weil die Stadt ihre Unschuld nicht beweisen kann? Letzteres ist richtig. Zunächst führt der BGH aus, die den Erzieherinnen im Hinblick auf die ihnen anvertrauten Kleinkinder obliegende Aufsichtspflicht bezwecke auch den „Schutz Dritter vor aufgrund kindlichen Verhaltens drohenden Gefahren“. Letztlich bleibe ungeklärt, ob und inwieweit die für die Kinderbetreuung verantwortlichen Erzieherinnen ihre Aufsichtspflicht konkret erfüllt hätten. Die Juristen fragen: Wer trägt die Beweislast, d.h. wer verliert, wenn der Beweis nicht erbracht wird? Hier entschied der BGH, bei öffentlich-rechtlichen Aufsichtsverhältnissen gelte die gleiche Beweislastumkehr wie sonst auch. Die Stadt hätte sich entlasten müssen. Weil ihr das nicht gelang, musste sie zahlen.
Angesichts des Mangels an Fachpersonal wird vielleicht bald zu berichten sein über die Zulässigkeit von Videoüberwachungen in Kita-Außenbereichen. Aber das ist schon wieder ein ganz anderes Thema…

Rechtsanwalt Dirk Vollmer
Fachanwalt für Familienrecht
Dr. Schneider & Partner
www.schneideranwaelte.de


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