Bauen und Wohnen?

Kolumne von Eva Unterburg

Grafik: Raphael Becker

Wie soll das denn gehen, fragt sich in diesen Tagen sicher so manche junge Familie angesichts vergoldeter Dachlatten und Bodenrichtwerte im Nirwana-Bereich.

Katapultartig schießen die Preise für alles in die Höhe, was mit dem Thema „Dach über dem Kopf“ zu tun hat. 

Das treibt zum Teil lustige Blüten. Wer gerade ein WG-Zimmer im Studienort seiner Wahl sucht oder schon eine Zusage hat – beides stimmt ja nicht automatisch überein, muss sich nicht nur auf eine königliche Miete einstellen, sondern oft auch auf ein regelrechtes Assessment-Center. Neben Auskünften zu Essverhalten, Allergien und Liebesleben werden als Mitbewohnervoraussetzung doch tatsächlich Putzpläne verschickt. Hat man diese Hürde genommen, gilt es, sich den kritischen Augen und Ohren der Mitbewohner/-innen zu stellen und hoffentlich das passende Gastgeschenk dabei zu haben. 

Erinnert mich heftig an den Film „Wir sind die Neuen“. 

Wie einfach war das doch in den Achtzigern, als man kurz vor dem spontanen Auszug nicht weniger spontan den WG-lern den Namen eines Freundes nannte, der gerade eine Bude sucht und ab morgen hier seine Bettstatt aufschlagen wird. Die Klingelschilder waren teils mehrere Jahre namensmäßig hinterher, was weder die Bewohner, noch die Vermieter groß interessierte.

Doch zurück zu den jungen Familien. Wäre es nicht wunderschön, wenn es völlig normal wäre, dass man die Wohnungssituation der jeweiligen Lebenslage anpassen könnte? So wie man früher auf dem Land irgendwann den Hof an die Jungen abgab und ins Altenteil zog. 

Gut, ich gebe zu, diese Lösung ist nicht eins zu eins zu übernehmen, weil an das Wohnrecht im Ausgedinghaus auch die Pflege im Alter, die Versorgung mit Nahrung, Kleidung und Heizmaterial gekoppelt war. 

Aber wenn ich mich in unserer Nachbarschaft umschaue und mir all die vielen schönen Häuser vorstelle, wo im weitläufigen Garten eine Kinderschaukel stehen könnte und Platz für eine große Familie wäre… 

Wäre es nicht schön, wenn man im Alter mittendrin im prallen Stadtleben wohnen würde, angebunden an den unkomplizierten öffentlichen Nahverkehr? Alle Geschäfte fußläufig erreichbar und jederzeit unter Menschen? Keinen Garten mehr zu pflegen, der irgendwann nur noch zu wuchert? 

Ich wünsche mir das alles und vor allem keine Treppen mehr – die dürfen dann von fröhlichen Kinderbeinchen hochgehüpft werden, während ich mich vieler Pflichten entledigt in einer kleinen Stadtwohnung einrichte. 

So ist zumindest der Plan, fragen Sie mich in zehn Jahren noch einmal, hihi. Denn zwischen Jetzt und Dann steht dummerweise das Ausräumen, Aussortieren, Weggeben und als schlimmste Steigerung des Ganzen: das Wegwerfen!

Sie ahnen, mein gut gedachter sozialer Plan zur Weitergabe unseres Hauses dereinst (ist das nicht ein wundervolles Wort?) könnte in der praktischen Umsetzung etwas holperig werden.

Was jetzt schon feststeht: die Wohnung in der Stadt wird alles andere als altengerecht, ich werde über Teppiche stolpern und überall werden Rumsteherle einstauben, von denen ich mich wider Erwarten oder besser erwartungsgemäß nicht trennen konnte. 

Keinen Millimeter weiße Wand wird es mehr geben, weil natürlich ALLE Bilder mitmüssen. Das Klavier wird ins Bad gequetscht und die Topfpflanzen stapeln sich auf dem Balkon. Die Bücher harren in Umzugskisten im Keller und werden feucht, um dann doch im Altpapier zu landen – welch grausige Vorstellung! 

Oh je, jetzt ahne ich, weshalb in den großen Häusern in unserer Nachbarschaft die betagten Besitzer tapfer ausharren.

Aber wer weiß, vielleicht macht ein neues Wohnmodell demnächst die Runde, das ich neulich in Wien miterlebte, wo Eltern mit ihren Kindern die Wohnung tauschten. Der Clou: in der großen Wohnung blieben all die schönen Sachen, die in die kleine nicht reinpassten. Schon war das Problem gelöst und die junge Familie freute sich, endlich mit viel Platz und ohne weitere Kosten einen neuen Lebensabschnitt beginnen zu können.


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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