Die kurze Antwort wird euch vermutlich weniger gut gefallen, denn wir können Kinder und Jugendliche nicht vor sexuellen Inhalten schützen. Aber wir können sie darauf vorbereiten und ihnen dabei helfen, mit diesen Inhalten umzugehen. Dafür ist es wichtig, dass es keinen Tag X für ein Aufklärungsgespräch gibt, sondern dass wir von Beginn einen guten Zugang zum eigenen Körper, den eigenen Grenzen und Bedürfnissen ermöglichen. Mit den ersten sexuellen Inhalten konfrontiert zu werden, in der Regel nicht gewollt, ist für viele Kinder und Jugendliche unangenehm und peinlich. Das ist normal und vollkommen nachvollziehbar. Wir können als Eltern und Bezugspersonen aber einen Raum schaffen, um diese Gefühle aufzufangen und zu begleiten und um einen Austausch über diese Gefühle zu ermöglichen.
Damit Kinder die Möglichkeit haben Fragen stellen zu können ist es wichtig, eine offene und unterstützende Umgebung zu gestalten, indem man Interesse an den Gefühlen und Gedanken des Kindes zeigt und gute Beziehung vorlebt. Es ist wichtig, schon früh altersgerechte Gespräche über den Körper und die Bedeutung von Privatsphäre zu führen, denn dies schafft die Basis für spätere Vertiefung. Eine tolle Möglichkeit ist zum Beispiel bei der Körperhygiene unaufgeregt zu erklären, welche Namen die unterschiedlichen Körperstellen haben. Dabei ist es wichtig, die richtigen Begriffe wie Penis, Vulva, Vagina und Klitoris zu nutzen. Es ist übrigens nicht schlimm, wenn man selbst peinlich berührt dabei ist, aber man kann bereits im Vorfeld dagegenwirken und sich selbst informieren. Auch für Eltern gibt es tolle Möglichkeiten, die eigenen Fragen bezüglich Sex zu beantworten. Und bei all dem sollten wir nicht vergessen, dass Kinder manchmal auch einfach keine Lust haben, über das Thema zu sprechen. Um Kindern ihre Privatsphäre zu ermöglichen, sollten wir, gerade bei diesem Thema, den Kindern ihren Raum lassen und sie selbst entscheiden lassen, wann und wem sie konkret ihre Fragen stellen wollen. Eine tolle Möglichkeit dafür können Bücher sein, die wir auslegen, auf die die Kinder jederzeit zugreifen können. Haben wir also einen Raum geschaffen, in welchem Fragen zum Thema Sex möglich sind, können wir uns mit Fragen rund um sexuelle Inhalte in den Medien beschäftigen.
Meine Tipps für einen entspannten und altersgerechten Umgang mit sexuellen Inhalten:
1. Vertrauensbasis und Kommunikation
Als Eltern sollten wir eine offene und ehrliche Kommunikation darüber führen, was das Internet ist, welche Gefahren es geben kann und welche Inhalte dort zu finden sind. Es ist wichtig eine Vertrauensbasis zu schaffen, damit Kinder sich sicher fühlen können, aber sich auch trauen, jederzeit Fragen zu stellen, ohne Bedenken zu haben, etwas falsch gemacht zu haben.
2. Sexuelle Bildung
Grundlage, um sexuelle Inhalte verstehen zu können und diese einzuordnen, ist sexuelle Bildung. Dazu gehört, dass Kinder über den Körper, aber vor allem über Grenzen und eigene Bedürfnisse Bescheid wissen und sich klar darüber äußern können, was sie wollen und was nicht. Sexuelle Bildung ist vor allem dann wichtig, wenn Kinder und Jugendliche im Internet auf andere Menschen treffen, die die Privatsphäre der Kinder nicht respektieren. Kinder und Jugendliche brauchen dann das Selbstvertrauen, ihre Grenzen zu ziehen.
3. Aktive Beteiligung
Aktive Beteiligung an der Internetnutzung der Kinder und Jugendlichen bedeutet zum einen, Interesse an den Aktivitäten der Kinder zu zeigen, aber auch gemeinsam die Seiten anzuschauen und als Elternteil erklären, welche Möglichkeiten, aber auch Gefahren im Internet lauern können. Zum Beispiel können gemeinsam Websites besucht werden, wobei regelmäßige Gespräche mit den Kindern geführt werden sollten.
4. Keine Kontrolle
Um eine Vertrauensbasis mit den Kindern und Jugendlichen zu schaffen, ist es wichtig, dass sie nicht das Gefühl bekommen, kontrolliert zu werden. Eltern, die heimlich SMS oder Browserverläufe anschauen, könnten Gefahr laufen, dass Kinder und Jugendliche sich nicht mehr anvertrauen. Wenn Eltern tatsächlich das Gefühl haben, dass eine Kontrolle notwendig wäre, sollte auch hier das offene Gespräch gesucht werden. Bei konkreten Ängsten sollte im Nachgang dem Kind oder Jugendlichen durch Ehrlichkeit die Sorge rund um die Kontrolle erklärt werden.
5. Medienkompetenzen fördern
Damit Kinder und Jugendliche sich sicher im Internet bewegen können, brauchen sie Medienkompetenzen. Leider erlebe ich es immer wieder, dass viele Kinder und Jugendliche nicht wissen, wie sie das Internet nutzen können, zum Beispiel wie Google funktioniert, wie und woran sie sichere und richtige Quellen sowie Fake-News erkennen können. Diese Kompetenzen sollten Eltern ihren Kindern mit auf den Weg geben, um auch auf sexuelle Inhalte vorbereitet zu sein.
6. Sichere Suchmaschinen nutzen
Es gibt kinderfreundliche Suchmaschinen und Websiten, die speziell für Kinder entwickelt sind und ungeeignete Inhalte filtern. Trotzdem ist es ratsam, Medienkompetenzen zu fördern. Diese Suchmaschinen gibt es: Kiddle, KidzSearch, Safe Search Kids, Swiggle, Yahoo Kids, klicksafe.de.
7. Über Kindersicherung nachdenken
Es gibt außerdem viele Softwarelösungen und Apps, die verwendet werden können, um den Zugriff auf bestimmte Webisten und Inhalte zu beschränken oder den Zugang zu ungeeigneten Inhalten direkt zu verhindern.
8. Offene Gespräche über Gefahren und keine Panikmache
Wie bereits erwähnt ist es wichtig, offene und ehrliche Gespräche mit den Kindern und Jugendlichen über die Gefahren zu führen. Dazu gehört auch zu erklären, dass es manche Menschen nicht ehrlich meinen, es aber nie die Schuld des Kindes ist. Es ist wichtig, dass Erwachsene den Kindern erklären, dass sich viele Menschen, die Opfer von Übergriffen werden, meist schuldig fühlen und sich dann nicht trauen, mit Erwachsenen darüber zu sprechen. Um Kindern eine Möglichkeit der offenen Kommunikation zu bieten, ist es wichtig, auch über diese Themen zu sprechen. Gleichzeitig ist es wichtig, die Kinder und Jugendlichen in keine Panik zu versetzen, sondern ihnen aufzuzeigen, welche Möglichkeiten das Internet auch bereitstellt.
9. Was sind Pornos?
Abschließend sollten Kinder und Jugendliche wissen, dass Pornos wenig bis nichts mit realem Sex zu tun haben. Wir sehen dort keinen Sex, wie ihn Erwachsene Menschen haben müssen oder wollen, sondern vielmehr einen Actionfilm, einen Blockbuster, der zur Unterhaltung dient und dafür produziert wurde. Nichts, was wir im Porno sehen, müssen wir nachmachen oder wollen es. Wie auch Liebesfilme, haben Pornos wenig mit der Realität zu tun.
Ich hoffe mein Einblick konnte euch dabei helfen, einen neuen Blick auf das Thema zu bekommen. Bei weiteren Fragen kann ich das Buch „Begleiten statt verbieten“ von Leonie Lutz und Anika Osthoff empfehlen, sowie die Bücher von Carsten Müller und Magdalena Heinzl für Eltern und Kinder.