Die Halbjahreszeugnisse sind verteilt, das zweite Halbjahr hat begonnen und gerade, wenn es in der Schule nicht nur rund lief, denken Eltern vielleicht darüber nach, ob ihr Kind nicht private Nachhilfe in Anspruch nehmen sollte. Das kann, je nach persönlicher Situation, eine gute Idee sein und doch birgt auch die Nachhilfe rechtliche Fallstricke, die der folgende Artikel zumindest beispielhaft beleuchten möchte. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der klassischen Nachhilfe, die nur oder überwiegend im direkten Austausch zwischen Schüler:in und Nachhilfelehrer:in stattfindet. Die Online-Nachhilfe ist dagegen teilweise im Fernunterrichtsgesetz geregelt.
Der Nachhilfevertrag ist in der Regel kein Werk- sondern ein Dienstvertrag. Das klingt abstrakt, hat aber ganz konkrete Auswirkungen. Es führt dazu, dass, wer einen Nachhilfevertrag schließt, grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf eine Verbesserung der Noten des Kindes durch die Nachhilfe hat. Verlangt werden kann von der Nachhilfelehrer:in lediglich ein erfolgsbezogenes Tätigwerden, dass diese:r also die vertraglichen vereinbarten Leistungen mit dem Ziel erbringt, zur Verbesserung der Noten des Kindes beizutragen.
Wer sein Kind in einem privaten Nachhilfeinstitut oder bei einem der großen Anbieter anmelden will, dem wird höchstwahrscheinlich ein vorgefertigter, schriftlicher Vertrag zur Unterschrift vorgelegt. Diesen sollten Sie in jedem Fall zumindest einmal in Ruhe durchlesen, damit Sie wissen, worauf Sie sich einlassen. Sollten Sie mit Teilen des Vertrages nicht einverstanden sein, sprechen Sie dies gegenüber Ihrem potenziellen Vertragspartner an. Auch vorgefertigte Verträge können bei einer Einigung der Vertragsparteien abgeändert werden. Die Änderungen sollten aber in jedem Falle schriftlich festgehalten werden.
Sollte kein schriftlicher Vertrag zur Verfügung gestellt oder der Vertrag mit einer Privatperson geschlossen werden, ist nur zu empfehlen, zumindest die Eckpunkte des Vertrages schriftlich festzuhalten. Denn zwar kommt ein Nachhilfevertrag auch wirksam zustande, wenn sich die Vertragsparteien nur mündlich einigen. Eine schriftliche Regelung erspart aber ggf. viel unnötigen Ärger und beide Vertragsparteien wissen, woran sie sind. Zu den zentralen Regelungen eines Nachhilfevertrages, die schriftlich fixiert werden sollten, gehören Fragen wie: Wer schließt den Vertrag, welche Leistung soll der/die Nachhilfelehrer:in erbringen (z.B. Nachhilfe in Mathe, Physik) und wie soll diese vergütet werden, soll der Vertrag befristet sein und wenn ja auf welche Laufzeit und wer kann ihn aus welchen Gründen beenden. Geregelt werden sollte allerdings auch, ob die Vergütung auch bei Krankheit gezahlt werden soll, wo die Nachhilfe stattfindet, ob die Anfahrt vergütet wird und wer die Unterrichtsmaterialien stellt.
Darüber hinaus sollten sich beide Eltern einig sein, bevor sie einen Nachhilfevertrag für ihr Kind abschließen. Und wenn ein Nachhilfevertrag mit einer Nachhilfelehrer:in geschlossen werden soll, die unter 18 Jahre alt ist, müssen für einen wirksamen Vertragsschluss beide Eltern der Nachhilfelehrer:in dem Vertrag zustimmen.
Nun noch ein paar Worte zu Vertragslaufzeit und Kündigung. Legen die Vertragsparteien keine Vertragslaufzeit fest, so gilt der Vertrag grundsätzlich unbefristet. Wann nach einer Kündigung das Vertragsverhältnis beendet ist, bestimmt sich in diesen Fällen danach, ob und nach welchen Zeitabschnitten die Vergütung bemessen ist. Sollten sich die Vertragsparteien z.B. auf eine monatliche Vergütung einigen, so muss eine Kündigung der jeweils anderen Partei bis zum 15. des jeweiligen Monats zugehen, damit der Vertrag auch zum Ende des Monats endet. Ist die Vergütung dagegen nicht nach Zeitabschnitten bemessen, so ist die Kündigung grundsätzlich jederzeit möglich.
Bestimmen die Vertragsparteien dagegen eine Vertragslaufzeit, so endet der Vertrag mit dem Ende der Laufzeit und eine Kündigung kann, ohne anderslautende Vereinbarung, vor Ende der Laufzeit nur aus wichtigem Grund erklärt werden. Ein solcher liegt vor, wenn dem Kündigenden eine Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf der Vertragslaufzeit nicht zugemutet werden kann. Wann das der Fall ist, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Auch für die Kündigung gilt aber: Sie sollte im eigenen Interesse nicht nur mündlich erklärt werden, sondern zumindest per E-Mail oder in Papierform. Zudem sollte sich der Kündigende den Eingang der Kündigung und den Zeitpunkt des Endes des Vertrages von der anderen Vertragspartei bestätigen lassen.
Problematisch, aber nicht unüblich sind vertragliche Mindestlaufzeiten. So hat das Landgericht Wuppertal im Jahre 2019 eine durch das Nachhilfeunternehmen gestellte Klausel (allgemeine Geschäftsbedingung) in einem Nachhilfevertrag für unwirksam erklärt, die eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr ohne Probezeit und ohne Möglichkeit vorsah, den Vertrag zu beenden, wenn die persönlichen Lernziele z.B. wegen der Unterrichtskonstellation nicht erreicht werden können. Zwar erkannte das Gericht an, dass das betroffene Nachhilfeunternehmen eine gewisse Planungssicherheit benötige und schulische Leistungen sich in der Regel nur verbessern, wenn die Nachhilfe langfristig erfolgt. Anderseits kann sich gerade auch bei jungen Kindern das Lernumfeld durch Lehrer-, Fächer- oder Schulwechsel schnell ändern und bei Vertragsschluss ist in der Regel noch unklar, ob Nachhilfelehrer:in und Schüler:in überhaupt gut zusammenarbeiten können. Gerade wenn keine Probezeit vorgesehen sei, benachteilige eine zwölfmonatige Mindestlaufzeit die Kunden des Nachhilfeunternehmens unangemessen.
Letztlich gilt beim Nachhilfevertrag, was Sie für jeden Vertrag beherzigen sollten: Machen Sie sich in Ruhe bewusst, was Sie unterschreiben und halten Sie die Eckpunkte Ihrer Vereinbarung und deren Ende schriftlich fest.
Ich wünsche allen Schulkindern ein spannendes und erfolgreiches zweites Schulhalbjahr und Ihnen, dass Sie sich heute das letzte Mal mit Nachhilfe beschäftigt haben.
Rechtskolumne von Philipp Donner Rechtsanwalt | Beinert & Partner Rechtsanwälte Partnerschafts mbB