Kleine Scheibe Brot, große Verantwortung

Was eine Vesperbox leisten muss

Grafiken: Adobe Firefly | KI-generiert

Alle Eltern kennen es: Spätestens ab der 1. Klasse steht morgens das Zubereiten des Pausenbrots an, somit ist potentiell ein neuer Diskussionsschauplatz zwischen Erwachsenen und Kindern eröffnet. Was wird geschmiert? Wie wird es verpackt? Und vor allem: Was kommt davon zurück?

Müßig kann sich diese Aufgabe anfühlen, wenn man morgens um sechs Uhr das Gefühl hat, man fertigt besonders sorgfältig den Biotonnenabfall der Zukunft zu. Denn das ist häufig Realität und kann frustrieren: kaum angeknabbertes Gemüse, lätschiges Brot und vertrocknete Apfelstücke.

Aber liebe Eltern, bleibt dran, es lohnt sich!

Klare Regeln in einem liebevoll begleiteten Lernprozess können dabei nicht nur ein selbstbestimmtes Pausenbrot ermöglichen, sondern noch weitere Bildungsaufgaben bearbeiten, besonders im Bereich der Gesundheit oder Nachhaltigkeit. Das ist viel. Und darum macht es Sinn, bereits in der Kita-Zeit das tägliche Zubereiten von Mahlzeiten, Brotboxen und Co. zu üben und individuelle Lösungen gemeinsam zu erarbeiten.

So können sich Kinder und Erwachsene beispielsweise einigen, dass an normalen Kita-/Schultagen Vollkornbrot mit unterschiedlichen Belägen z.B. Käse, Aufstrich, Frischkäse… zusammen mit Obst oder Rohkost an der Tagesordnung sind, aber vor Ferien oder an Ausflügen durchaus auch mal eine Brezel beim Bäcker gekauft wird oder eine geliebte Nascherei in die Dose wandert. Die Kinder können so ein gutes Regelwerk ohne Verbote erlernen. Kindertagesstätten umgehen oftmals das Problem ungesunder Vesperboxen, indem sie ein ausgewogenes und an Richtlinien orientiertes Frühstück den Kindern anbieten. Das ist zunächst eine gute Lösung, auch um den Tauschhandel unter Vierjährigen mit Gummibärchen gegen Brezel entgegenzuwirken. Andererseits bietet dies wenig Möglichkeit Individualität und Vielfalt zu erleben und an der Aufgabe „Vesperbox“ auch aus Perspektive der Eltern zu wachsen. Spätestens zu Beginn des letzten Kita-Jahres sollte mit Vorschulkindern über Pausenverpflegung geredet werden. Bietet die Kita das Frühstück an, können die Eltern zahlreiche weitere Situationen nutzen, um das Thema mit den Kinder zu erarbeiten: auch die Snackdose am Nachmittag und das Abendessen müssen zubereitet werden. Kinder in diesem Alter können längst in Projekte wie Backen ohne Zucker, Aufstrichzubereitung oder selbstgebackenes Brot einbezogen werden. Dies erfordert zwar Ressourcen durch die Eltern, zahlt sich aber vor allem bei kontinuierlicher Begleitung aus. Auch deswegen weil es den Kindern ein spannendes und leckeres Bildungserleben ermöglicht und zusätzlich die Eltern-Kind-Bindung stärkt, was besonders in der aufregenden Vorschulzeit ein Gewinn für alle ist.

Und so können die Kinder selbst ein Gespür dafür entwickeln, was sich in ihrer Brotdose gut macht. Denn auch nur sie selbst kennen später in der Schule den oftmals knappen Zeitraum, der ihnen in der Pause bleibt, um ihr Pausenbrot zu essen und trotzdem noch ordentlich in Bewegung zu kommen. Ist es möglich in der Pause einen Joghurt zu löffeln? Viele kleine einzelne Beeren zu naschen oder ist ein handliches Stück Apfel am Ende nicht doch praktischer? Welcher Müll in der Pausenbrotdose ist vermeidbar?

Entscheidet das Kind/der*die Jugendliche über seine Schulverpflegung mit, so müssen im Vorfeld die Kompetenzen
ausgebaut sein, dazu überhaupt in der Lage zu sein, die Komponenten eines gesunden Schulfrühstücks einschätzen und in eine Mahlzeit umsetzen zu können – aber auch den Spielraum und die Freude über die Selbstbestimmung zu genießen. Untersuchungen zeigen zudem, dass Erwachsenen, die in ihrer Kindheit eine ausgewogene und entspannte Ernährungsbildung erlebt haben, nach der Pubertät, in der oftmals fettige Snacks und süße Getränke als
Statussymbole konsumiert und gelebt wurden, später eine gesunde Lebensform bevorzugen.

Weiteren Studien zufolge gehen aber etwa 20 Prozent der SchülerInnen noch immer ohne Pausenbrot aus dem Haus. Das ist schade, denn das Pausenbrot ist auch ein Stück „Daheim“; das die Kinder während ihres langen Tages draußen begleitet. Es ist unsere Chance ein Stück Fürsorge mitzugeben.

Die Aufgabe Pausenbrot soll trotzdem unbedingt auch als Appell der Einfachheit verstanden werden. Neuere Trends in den sozialen Medien zeigen Elternteile, überwiegend Mütter, die ihren Kindern täglich wahre Kunstwerke in die Dosen packen, dort werden Brote – selbstverständlich „mit ohne Rand“ – mit Lieblingscomicfiguren bemalt oder sämtliches Obst und Gemüse kunstvollst zu kleinen Modellen geschnitzt. Das braucht eine liebevollen ausgewogene Vesperdose aber nicht: Legt euch einfache Routinen zu: ausreichend Äpfel beim wöchentlichen Großeinkauf mitnehmen, Aufstrich bei jedem Einkauf im Drogeriemarkt (auf Vorrat) besorgen, eine Notfallbackmischung Brot für den Fall, dass sonntagmorgens der Lieblingsbäcker geschlossen hat. Denn auch für Eltern darf dies ein Lernprozess sein. Übrigens auch in der ganzen Elterngruppe der Klasse oder Kita! Wenn wir Eltern den Kindern einheitlich vorleben und zeigen, dass für Süßigkeiten auch am Nachmittag
ausreichend und entspannt Zeit bleibt, dann spricht sich vielleicht auch in der Grundschule herum, dass ein Vollkornbrot mit Frischkäse keine Bestrafung ist.

Mehr Input und Begleitung für Übergang von Kita in die Schule und Sicherheit bei der Gestaltung der Familienernährung biete ich euch über meine Beratungen und Workshops an. 

Anmeldung + Infos: www.ernährung-und-familie.de 


Redaktion

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