Die Frau am anderen Ende der Leitung war fix und fertig. Drei Kinder, alleinerziehend, Home-Office. „Und meine Chefin will jeden Tag von 11 bis 12 Uhr ungestört mit mir telefonieren. Wie soll ich das machen?“
In der zweiten März-Hälfte 2020 begann der erste Lockdown in Deutschland: Schulen, Kindergärten, Läden, der Zoo, Spielplätze – alles dicht. Notbetreuung wurde erst langsam eingeführt. Der Deutsche Kinderschutzbund, Ortsverband Karlsruhe (KSB) stellte seine Beratungsangebote um auf Telefonkontakt und gab das über die Medien bekannt. Woche für Woche stieg die Nachfrage. Auf facebook und instagram wurden Aktivitätsvorschläge gepostet: Basteln mit dem, was man zu Hause hat, Eierkartons, Wäscheklammern und ähnliches. Spaziergänge aufpeppen: aus Steinen und Blättern einen Hüpf-Parcours legen, auf Gräsern pfeifen lernen. Sich bewegen bei Regen: Ausdruckstanzen oder eine Rallye durch die Zimmer laufen.
Und nicht nur Alleinerziehende mussten kreativ werden: Auch der Papa, der neben dem Home-Office das Zweijährige hütete, während die Mama systemwichtig außer Haus arbeitete. Ein Elternteil, das den Kindern die Depression des anderen erklären sollte – oder dass die vorerkrankte Oma nicht zum Kindergeburtstag kommen durfte. Später brachte das Home-Schooling Eltern zur völligen Verzweiflung: Die Verbindung brach ständig zusammen – ganz zu schweigen von der Frage, wie man die Kinder zum Lernen anhalten und dabei unterstützen sollte. 2020 war ein Jahr, in dem sich allen Beteiligten völlig neuen, unbekannten Problemen stellten. Der KSB vermittelte die Anfragen zeitweise nach Hause zu den Fachbereichsleiterinnen. Viele neue Arbeitstechniken wurden entwickelt.
Aber zurück zur Mutter von drei Kindern, die ungestört telefonieren soll. Der Rat an sie: „Tief durchatmen und der Chefin sagen: Geht nicht!“
Es ist sicher eine der wichtigsten Lehren aus der Corona-Zeit: Im Home-Office, wenn Kinder da sind, diktieren diese die Zeit. Die Betriebe müssen sich auf die Kinder ihrer Beschäftigten einstellen. Denn deren Uhren ticken eben anders.
Das Eltern-Stresstelefon wurde im Lockdown entwickelt und ist auch 2021 weiterhin im Einsatz. Die bisher übliche allgemeine Telefonberatung des KSB wurde gebündelt mit dem Ersatz für die vielen persönlichen Gespräche, die beim Offenen Elterncafé, bei den Elternkursen, im Kleiderladen und bei allen anderen Gelegenheiten im KSB nicht mehr stattfinden konnten. Daher zielt das Angebot auf alle Familien- und Erziehungsfragen, nicht nur für Eltern in Krisensituationen.
Ansprechpartner ist der KSB Karlsruhe unter Telefon 0721/842208, Montag bis Donnerstag 9.00-12.00 Uhr., die Anrufe werden je nach Thema an fünf Beraterinnen vermittelt. Auch Abendgespräche sind auf Anmeldung möglich. Weitere Informationen finden Sie unter: www.kinderschutzbund-karlsruhe.de