Dann bleibe ich einfach daheim

Ein Beitrag der Ehe-, Familien- und Partnerschaftsberatung Karlsruhe e.V.

Foto: pexels

Es gab eine Zeit, zu der ich viele Bälle auf einmal spielte: Beruf, Partnerschaft, gesellschaftliches Engagement, Hobbies … Alles interessierte mich. Eine spannende Zeit. Manchmal jedoch kam alles auf einmal. Drei Termine am selben Abend – was sollte ich tun? Wie entscheiden? Ich war innerlich hin- und hergerissen. Eine mögliche Lösung war, nirgends hinzugehen. Diese Art mit meiner Ambivalenz umzugehen, stieß nicht überall auf Gegenliebe. Doch subjektiv hatte ich das Gefühl, alle gleich behandelt zu haben und dadurch meine innere Spannung auflösen zu können.
Ambivalenzen sind Teil unseres Lebens. Als Menschen sind wir von Geburt an eingebunden in Gegensätze. Nacht und Tag, Hunger und Sattsein, Wärme und Kälte. Säuglinge kennen zunächst nur zwei Zustände. Entweder sind sie entspannt und zufrieden oder es plagt sie etwas und dann können sie „wie am Spieß schreien“. Mit wachsender Erfahrung lernen Kinder, dass es beides gibt und sehen die Übergänge. Sie integrieren die Gegensätze, wissen um Handlungsmöglichkeiten (Trost und Hilfe suchen, Ablenkung …) und vermindern so ihre innere Spannung. Dies bezieht sich auch auf ihre Gefühle zu wichtigen Bezugspersonen. Es ist okay, die Mama oder den Bruder zu lieben und sich trotzdem heftig über sie zu ärgern.

Gleichwohl ist Ambivalenz ein Thema, das uns ein Leben lang begleitet. Besonders stark empfinden wir die Zerrissenheit, wenn es um Entscheidungen geht. „Herz gegen Kopf“ oder „Ich gegen Wir“ oder „Pflicht gegen Freude“ – die Polarisierungen und damit verbundenen Spannungen kennen vielerlei Spielarten. Was könnte uns helfen, besser mit Ambivalenzen umgehen? Gerade wenn es um größere Entscheidungen geht, also nicht nur um das Thema „Drei Termine zur selben Zeit“? Die folgenden Schritte sind ein Vorschlag. Sie können sie alleine oder auch mit einer Freundin, einem Freund durchgehen.

  • Was ist das Thema, das mich beschäftigt? Wenn ich es als Frage formuliere, drücke ich aus, dass noch keine Entscheidung gefallen ist. Schreiben Sie sie auf ein Blatt Papier und malen darunter ein großes Feld für die unterschiedlichen Aspekte.
  • Die innere Akzeptanz, dass es mehrere Sichtweisen gibt und geben darf, kann Druck abbauen. Deshalb geht es zunächst nur darum zu schauen, was sich alles meldet.
    In das Feld werden alle „inneren Stimmen“ aufgemalt Dies geschieht durch einen Titel und einen Satz, den diese Person in Bezug auf die Fragestellung sagt, zum Beispiel:
  • Die Forsche: „Stell Dich nicht so an. Wer wagt, gewinnt!“
  • Die Ängstliche: „Am Ende werde ich ganz allein sein.“
  • Die Fürsorgliche: „Wir wird es für meine Familie sein?“
  • Die Erfahrene: „Das ist nicht die erste Veränderung, die Du gemeistert hast!“

Alle Stimmen haben ihre Berechtigung. Sie sind Teile von uns. Wir können sie wohlwollend anschauen, und erkennen, was ihre Funktion ist. Auch bei denen, die uns weniger gefallen. Stimmen, die gar nicht gehört werden, könnten sich destruktiv verhalten und am Ende die Entscheidungsfindung sabotieren. Besser ist es, sie auch aufzuschreiben und sich Zeit zu lassen, bis sich keine Stimme mehr meldet.

  • Danach können wir die Stimmen ordnen. Welche ist pro, welche contra, welche bringt Aspekte, die neu sind. Manche Stimmen sind „uralte Stimmen“, wir kennen sie seit unserer Kindheit, sie melden sich fast immer automatisch zu Wort. Hier können wir schauen, ob sie jetzt dasselbe Gewicht haben (müssen) wie damals.
  • Wir lassen unsere unterschiedlichen Anteile miteinander in einen Dialog gehen und beobachten, was passiert. Das heißt wir identifizieren uns nicht sofort mit einer Stimme, sondern warten ab, was sich entwickelt. Interessant ist das „Warum“ der Stimmen.
  • Möglicherweise ändert sich der Fokus und geht von einem anfänglichen „Ob“ zu einem „Wie“. Hinter dem „Wie“ stehen Gestaltungsmöglichkeiten, die Gegensätze ausgleichen können. Zum Beispiel kann sich der ängstliche Teil von uns beruhigen, wenn ihm der krisenerfahrene Teil unterstützend zur Seite springt und die Gefahren eingrenzt.

In der Regel haben wir am Ende dieses Prozesses eine andere Klarheit. Wir wissen mehr, auf was wir achten möchten und können mit unseren gegensätzlichen Impulsen versöhnlicher umgehen. Egal, ob neue kreative Ideen, gute Kompromisse, eine befreiende Entschiedenheit oder die Einsicht, dass bei diesem Thema die Lösung in kleinen Schritten liegt, als Ergebnis dastehen – wir erleben uns wieder mehr eins und spüren Energie.
Barbara Fank-Landkammer


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