Das winzige Mädchen in ihrem Bettchen sieht zwar aktuell gar nicht hyperaktiv aus, aber dennoch ist sie voll in Äktschn: Klein-Martha ist nämlich schon ein echter „Hingucker“. Erst neun Tage alt, scheint sie vom allerersten Hobby ihres Lebens gar nicht genug zu bekommen: Dem Fixieren und Folgen. Jede noch so winzige Bewegung ihrer Mutter verfolgt sie gebannt mit den Augen und schafft dann und wann sogar schon so etwas wie ein „wissendes Grinsen: „Hey, du! Ich mach’ mir grade einen Heidenspaß draus, dich zu scannen!“, scheint sie sagen zu wollen. „bitte, fang´ jetzt bloß nicht an, zu quatschen! Das würde mich bloß in meiner Konzentration stören!“
So, oder ähnlich könnte er jedenfalls ablaufen, jener wundersame Vorgang, der Babys schon bald nach der Geburt – außer der Intensiv-Suche nach der bestens markierten Andockstelle zur Nahrungsaufnahme – sicherlich am meisten interessiert: Die Körpersprache, oder fachlich genauer gesagt, die „non verbale Kommunikation“ mit der Mutter.
Und was ist jetzt los bei Fratz Martha? Klar: Dessen liebe junge Mutter muss damit leben, dass sie ab jetzt unter überaus genauer Beobachtung von „Small Sister“ steht.
Schau genau!
Wenn man über Bedürfnisse von Babys erzählen will, dann sind Begriffe wie Genauigkeit, Präzision, Eindeutigkeit und Nachvollziehbarkeit, nicht zuletzt aber Achtsamkeit gleichermaßen passend, wie unverzichtbar. Guter Rat deshalb: Achtsam sein, wie Ihr körperlicher Ausdruck zu dem passt, was Sie sagen, oder was Sie gerade erwarten. Die kleinen Racker nehmen´s damit sehr genau!
Licht der Welt
Dabei scheint das mit dem Fixieren bei Neugeborenen in den letzten Jahrzehnten immer schneller zu gehen. Manche kleinen Würmer schauen dich schon sofort nach der Geburt fest an und scheinen zu fragen: „Hallo Ihr großkopfeten Leute! Was geht denn hier ab? Ich dachte nicht, dass das Licht der Welt, dass ich erblicken werde, eine Neonröhre wäre!“
Schon in diesem „elektrisierenden Moment“ kommen Sie, liebe Eltern, und Ihre persönliche Körpersprache ins Spiel. Wenn Sie Babys Aufmerksamkeit jetzt bereits erringen möchten, dann kann ich nur dazu raten, erstmal ganz bewusst auf Worte zu verzichten und darauf zu achten, worauf Ihr Neugeborenes besonders deutlich reagiert. Strahlen seine Augen, wenn ich strahle? Kann es schon Freude zeigen, wenn ich freudig aussehe? Welchen Bewegungen folgt mein Kind? Den Händen? Augen? Gesicht?
Wenn Sie mit Ihrem Baby schon sehr früh und sehr bewusst via Körpersprache kommunizieren, kann das zu einem unvergleichlich innigen, nicht hörbaren, dafür aber gut sichtbaren Austausch zwischen Ihnen beiden werden. Einem Austausch, der an Klarheit kaum zu wünschen übrig lässt, was gleichsam bedeutet: Weniger Missverständnisse! Klingt toll, oder? Das allein hat jedenfalls schon kindgerechte Qualität und lässt mein Pädagogenherz Freudensprünge machen.
Martha, unsere Small Sister hat jedenfalls schon den Durchblick: „Aah! So klingt Mom, wenn Sie lieb sein will! So sieht sie aus, wenn sie gestresst ist! Und so, wenn sie grade die dunkle Seite der Macht…“! Tschuldigung! Andere Story!
Im Ernst: Verstehen Sie mich bitte nicht miss! Ich will nicht die wörtliche Kommunikation schlecht reden. Ich will eher die wortlose Verständigung gut reden, oder wie Kompjuter-Nerds von heute es nennen würden: „upgraden“.
Training
Bitte nehmen Sie daher meine Empfehlung wirklich ernst: Trainieren Sie gemeinsam mit Ihrem Baby so oft, so intensiv, aber vor allem, so freudig wie möglich ein Wechselspiel des Vorangehens und Nachschauens. Verfestigen Sie die lautlose Gestaltwerdung inniger Konversation und tiefsten Einverständnisses.
Der spätere Bonus für all das Training: Wenn Sie das wortlose Zwiegespräch schon ab jetzt, in den Tagen und Wochen rund um die Geburt trainieren, haben Sie bereits ein erziehungstechnisch perfektes Tool für spätere Zeiten zur Hand. Zum Beispiel für die ach so gefürchtete Pubertät! Was denken Sie, wie schön es ist, wenn der pubertierende Maurice in ein paar Jahren auf einen kurzen Blick von seiner Mom sofort reagiert und seine Haxn vom Tisch nimmt … oder so etwas in der Art.
Andersrum
Dass die Sache auch andersrum funktioniert, liegt auf der Hand: Auch Sie, als Eltern können in den körperlichen Äußerungen Ihres Kleinstkindes viel mehr detaillierte Inhalte, klare Aussagen und exakt formulierte Wünsche erkennen, als Sie es vielleicht für möglich halten. Eine Sache ist mir noch überaus wichtig, weshalb wir kurz bei Silke, einer frischgebackenen Mami vorbeischauen…
„Daddel-Dumm“
Die junge Mutter liebt es, oft stundenlang auf ihrem smarten Tatsch-Skrien-Flachmann rumzudaddeln. Wem´s gefällt! Was nicht so gut ist: Der knapp sieben Monate alte Sohn sieht ihr dabei aufmerksam zu. Auch oft stundenlang. In diesen Phasen herrscht ausprägte Funkstille zwischen den Beiden und, was noch schlimmer ist: „Bewegungsstille!“ Je mehr die gute Silke daddelt, desto weniger kann Klein-Mausice die Körpersprache seiner Mom erfassen und interpretieren, wie beispielsweise unsere kleine Martha das schon kann…
Wenn Silke nur fuffzehn Minuten täglich in Babys Nähe an ihrem Daddel-Teil verplempert, hat sie ihrem kleinen Söhnchen genau 15 Minuten Köpersprachen-Übersetzungs-Training vorenthalten. Ich weiß nicht, ob endloses Gedaddel vor den Augen von Kleinkindern diese wirklich „dümmer“ macht, aber g´scheit ist es ganz sicher nicht!
Kurz, aber mystisch
Schlussplädoyer: Führen Sie bewusst manch ein „lautloses“, langes oder kurzes Zwiegespräch mit Ihrem jüngsten Nachwuchs. Genießen Sie die nahezu mystischen Momente tiefen, völlig wortlosen Einverständnisses, die es nur in der Babyzeit, jener kurzen Phase des Menschseins gibt, wo Inhalt und Formulierungen der später so hoffnungslos überschätzten Sprache noch keinerlei Bedeutung haben. Lernen Sie zu staunen und staunen Sie, was sie alles lernen können.
Sie werden es mögen!
Der bekannte Wiener Verhaltenspädagoge und Erfolgsautor Gerhard Spitzer, Gründer des Vereins KiddyCoach und Autor von „Entspannt Erziehen“ ist bekannt durch seine humorvollen Vorträge zum Thema“