Über Familie: Unsere Lesetipps zu neuen Konstellationen und anderen Modellen des Zusammenlebens

 

Kennen Sie noch das Vater-Mutter-Kind-Spiel von früher? Die Familienzusammensetzung war immer die gleiche und variierte nur in der Anzahl der Kinder. Welche Bereicherung sind doch die heute gelebten Familienkonstellationen – nicht nur für das beliebte Rollenspiel aus Kindertagen. Die folgenden Bücher erzählen davon. Viel Freude beim Aussuchen, Einkaufen, Schenken, Lesen und Vorlesen.


Hilja und der Sommer im grünen Haus

Hilja muss man einfach gernhaben, sie ist sieben und ein finnisches Mädchen, wie man es sich vorstellt. Sie erlebt Abenteuer, die es nur auf dem Land mit zwei Schwestern zu erleben gibt. So kann es als Geheimagentin schon mal passieren, dass man auf einem zu hohen Baum festsitzt und vom Bauern nebenan gerettet werden muss. Oder es nicht ganz leicht ist, einen Namenskompromiss bei der Taufe des kleinen Babykätzchens zu finden, das demnächst bei Hiljas Familie wohnen darf. Papas Heimwerkerkünste nicht zu vergessen, der besser komponieren und Musik machen kann, als mit dem Hammer umzugehen.

Und dann sind da noch die drei alleinstehenden Nachbarsfrauen, denen Hilja so lustige Namen gibt wie Regenmantelomi oder Erdbeertante. Sie sind zwar ziemlich skurril, aber wenn man sie braucht, immer zur Stelle. Zum Beispiel, als Mama und Papa sich furchtbar streiten müssen, weil Papa nie zuhause ist und Mama mit ihrem Friseursalon doch alle Hände voll zu tun hat und Papa daraufhin anfängt, das Wohnzimmer zu tapezieren, aber ganz schnell wieder aufhört… Bei Hilja würde ich auch gerne kleine Schwester sein. Inzwischen gibt es noch zwei Hilja-Bände.

Heidi Viherjuuri, Nadja Sarell (Illustr.): Hilja und der Sommer im grünen Haus. 96 Seiten, gebunden, 16×17 cm, Woow Books 2019, ISBN: 978-3-96177-040-3, € 10, ab 6 Jahren


Elchtage

Johannas Leben verändert sich gerade heftig, denn ihre beste Freundin Sandra wendet sich seit dem Beginn der Mittelstufe von ihr ab. Die angesagten Mädchen der Klasse sind ihr jetzt wichtiger. Sogar das selbstgebaute Haus im Wald verbindet die beiden nicht mehr und so verbringt Johanna die Zeit nach der Schule oft alleine dort. Eines Tages kommen zwei Elchkühe zum Trinken an den See und Johanna freundet sich mit den wilden Tieren an. Auch andere Freundschaften treten nach und nach in ihr Leben und stärken ihr Selbstbewusstsein. Johanna ist sehr authentisch und naturverbunden, ihre Kleidung ist zweckmäßig und sie kann sich nur wundern, wie sehr sich Sandra der Glitzerwelt der Mädchenclique anschließt.

Als ein geheimnisvoller Junge in Johannas Leben tritt, mit dem sie vom ersten Augenblick derselbe Humor und vielerlei gleiche Interessen verbindet, ahnt sie noch nicht, dass auch die Elche eine große Rolle für beide spielen werden. Johanna hat sich inzwischen ein großes Wissen über diese Tiere angeeignet und hat berechtigte Angst vor der bevorstehenden Jagdsaison. Noch weiß sie nichts von der Gefahr, die den Elchen von ganz anderer Seite droht. Soviel darf verraten werden: Johannas Traum wird wahr, sie reitet tatsächlich auf einem Elchbullen und das auch noch an der Seite ihrer ersten Liebe. Eine Liebeserklärung an den Wald, die Freundschaft, den Tierschutz, die Wahrhaftigkeit und die Zeit des Erwachsenwerdens. Sehr lesenswert!

Malin Klingenberg: Elchtage. 224 Seiten, gebunden, 14,5×21,5 cm, dtv Reihe Hanser 2021, ISBN: 978-3-423-64076-3, € 13,95, ab 11 Jahren


Die Spur zum 9. Tag

Nachdem ich mit viel Begeisterung „Die besten Tantenretter der Welt“ gelesen habe, freute ich mich sehr auf Andrea Schomburgs neuen Kinderroman. Hier spielt Bene die Hauptrolle, der kurzerhand zu seiner Oma nach Duderstedt verfrachtet wird, weil seine Mutter mit ihrem neuen Freund einen gemeinsamen Urlaub in Schweden verbringen will. Mit Sebastian in Schweden? Dann schon lieber zu einer Oma, die Bene eigentlich gar nicht kennt. Zum Glück lernt er schnell zwei Nachbarskinder kennen und freundet sich mit den beiden an. Mia ist einem skrupellosen Welpenhandel auf der Spur und möchte mit ihrem kleinen Bruder Ole die Tiere unbedingt retten. Zu dritt haben die Freunde bald eine heiße Spur und ahnen gar nicht, in welche Gefahr sie sich während ihrer Recherchen begeben.

Von Tag zu Tag scheint sich der Verdacht zu erhärten, doch am 9.Tag fügen sich die Puzzleteile komplett anders zusammen, als vermutet. Nicht nur die Tiere werden gerettet und den Schurken das Handwerk gelegt, sondern ein großes Geheimnis wird enträtselt. Bene erfährt doch tatsächlich, wer sein leiblicher Vater ist und warum er bisher ganz und gar nichts von ihm wusste. Dieses Buch hat alles, was ein guter Kinderkrimi haben muss!

Andrea Schomburg, Miryam Specht (Illustr.): Die Spur zum 9.Tag. 193 Seiten, gebunden, 15×21,5 cm, Hummelburg 2021, ISBN: 978-3-7478-0036-2, € 12,99, ab 10 Jahren


An Nachteule von Sternhai

Bett hat eine Mission: Sie will unbedingt verhindern, was ihr Dad vorhat. Und deshalb schreibt sie eine Email an Avery ans andere Ende der USA. „Du kennst mich nicht, aber ich schreibe dir trotzdem“, so beginnt dieser großartige Jugendroman. Beide Mädchen sind sich sicher, dass sie die Familienpläne ihrer Väter auf gar keinen Fall umsetzen wollen. Nur weil sich die beiden ineinander verliebt haben, ist das noch lange kein Grund, die beiden Töchter im gleichen Feriencamp anzumelden. Sie wollen sich NIE kennenlernen und schon gar keine gemeinsame Familie werden.

Und doch kommt es ganz anders: über viele Mails hinweg entsteht eine tiefe Freundschaft. Eigentlich passen sie gar nicht zusammen, Beck ist ein kalifornisches Surfergirl, liebt Tiere über alles und ist enorm mutig. Avery kämpft mit allerlei Ängsten und Schlafproblemen. Sie fühlt sich am wohlsten mit ihren Büchern und interessiert sich für alles, was mit Medizin zu tun hat. Dieses Buch wartet mit überraschenden Wendungen auf, so endet das Sommercamp beispielsweise mit einem Rauswurf und auch bei der gemeinsamen Chinareise der verliebten Väter geht vieles einen anderen Gang. Zum Glück gibt es Becks großartige Oma und Averys neu entdeckte Mutter. Ein wunderbarer Roman über Freundschaft und Familiensinn.

Holly Goldberg Sloan, Meg Wolitzer: An Nachteule von Sternhai. 288 Seiten, broschiert, 13×21 cm, dtv Reihe Hanser 2021, ISBN: 978-3-423-62742-9, € 9,95, ab 10 Jahren


 


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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