Musik vor Gericht

Rechtskolumne von Familienanwalt Dirk Vollmer

Im Advent darf Musik natürlich nicht fehlen. Warum also nicht mal eine Kolumne über Musik?
Bei der Recherche bin ich auf Kurioses gestoßen:

Ein Mieter fühlte sich beim Klavierspiel so sehr von anderen Hausbewohnern gestört, dass er seine Miete um 25 Prozent minderte. Die Nachbarn hatten gegen Heizungsrohre und Wände geklopft aus Protest gegen die Klaviermusik. Der Mieter meinte: Wenn sich die anderen dermaßen belästigt fühlen, muss die Schallisolierung ja unzumutbar schlecht sein. Doch der gerichtliche Sachverständige bestätigte seine Vermutung nicht. Das Amtsgericht Tiergarten/Berlin entschied (Urteil vom 4.10.1989 – 7 C 259/88): Klopfgeräusche als Reaktion auf das eigene Klavierspiel berechtigen nicht zur Mietminderung, wenn die Lärmdämmung des Hauses ausreichend ist und die anderen Mieter „nur bei besonders lautem Klavierspiel klopfen“. Die ebenfalls in einer Lärmverursachung bestehende Reaktion seiner Umgebung hat der Mieter dann gewissermaßen als „berechtigte Meinungskundgaben“ hinzunehmen.

In Spanien sorgt ein Fall für Entrüstung: Eine 28jährige Konzertpianistin ist wegen „schwerer Lärmbelästigung“ angeklagt. Die Staatsanwaltschaft forderte siebeneinhalb Jahre Haft und ein anschließendes Spielverbot für 4 Jahre. Auch die Eltern der Pianistin sollen angeblich noch strafrechtlich verfolgt werden, weil sie ihre Tochter „förderten“. Die Staatsanwälte führten bei Prozessbeginn am Landgericht Girona aus: Die Pianistin habe über mehrere Jahre hinweg an 5 Tagen in der Woche jeweils 8 Stunden lang gespielt. Die Nachbarin leide an Schlafstörungen, Angstzuständen und Panikattacken. Die Verteidigung führt an, man habe das Klavierzimmer aus Rücksicht sogar mit zusätzlichem Schallschutz versehen. Das klingt für mich eher nach einer heftig zerstrittenen Nachbarschaft. Hoffentlich geht diese „Provinzposse“ für die Angeklagten glimpflich aus.

Wer kuriose Urteile sucht, wird fast immer in den USA fündig. Im Jahr 2001 hatte ein 19jähriger Hard-Rock-Fan aus Ohio seine Auto-Musikanlage bis zum Anschlag aufgedreht. Das Gericht führte sinngemäß aus: Zwar müsse jeder das Recht haben, seine Lieblingsmusik zu hören. Mitmenschen mit einem anderen Musikgeschmack dürften dabei aber nicht belästigt werden. Der Richter entschloss sich, dass der Mann eine solche Belästigung auch einmal am eigenen Leib spüren sollte, und verurteilte den Angeklagten zu einer recht ungewöhnlichen Strafe: Entweder eine Geldstrafe von 100 Dollar oder vier Stunden lang Polkamusik hören. Der Angeklagte entschied sich für die „akustische Strafe“. Nichts gegen Polka, aber ich hätte lieber das Geld gezahlt.


Redaktion

Redaktion

Die Karlsruher Kind Redaktion informiert über Neuigkeiten, Aktionen, Veranstaltungen und Angebote in Karlsruhe und der Region.

Alle Artikel von Redaktion


Anzeigen
Anzeige
Anzeige

Anmelden

Registrieren

Passwort zurücksetzen

Bitte gib deinen Benutzernamen oder deine E-Mail-Adresse an. Du erhältst anschließend einen Link zur Erstellung eines neuen Passworts per E-Mail.