Alimente Eltern müssen für ihre Kinder Unterhalt zahlen, das ist bekannt. Aber gilt das auch bei einer künstlichen Befruchtung? Der Fall, über den kürzlich zu entscheiden war, lag ungefähr so: Eine Frau hatte mehrere Jahre eine nichteheliche Beziehung und wünschte sich ein Kind mit ihrem Freund. Leider war dieser zeugungsunfähig. Man entschloss sich zu einer künstlichen Befruchtung, die auch irgendwann Erfolg hatte. Vorher kam es aber zur Trennung. Der Ex-Freund zahlte zwar anfangs Unterhalt, stellte die Zahlungen dann aber ein. Zu Recht? Eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht jedenfalls nicht. Dafür müsste der Mann ja rechtlich Vater des Kindes sein. Ein Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft bringt nichts, weil dieser Mann nicht der leibliche Vater ist.
Die Gerichte verurteilten den Ex-Freund gleichwohl zur Zahlung von Alimenten, denn ihn trifft eine Unterhaltspflicht aus Vertrag. Eine Vereinbarung, mit der ein Mann die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau erteilt mit dem Ziel, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen, enthält in der Regel gleichzeitig auch einen berechtigenden Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts (OLG Stuttgart, Az. 13 U 30/14) wurde im September 2015 vom Bundesgerichtshof bestätigt (Az. XII ZR 99/14). Dieser betonte, dass die Voraussetzungen für einen solchen Unterhaltsvertrag relativ gering sind. Die Erklärung des Mannes bedürfe keiner besonderen Form. Ein Schutz vor übereilten Erklärungen sei in diesem Zusammenhang vom Gesetz nicht vorgesehen – anders als zum Beispiel die Abgabe einer Sorgeerklärung oder eines Vaterschaftsanerkenntnisses.
In dem zitierten Fall hatte der Mann seinerzeit das Sperma eines Dritten beschafft. Außerdem unterschrieb er am Tag der ersten Behandlung einen „Notfall-/Vertretungsschein“ des Hausarztes und vermerkte hierauf handschriftlich: „Hiermit erkläre ich, dass ich für alle Folgen einer eventuell eintretenden Schwangerschaft aufkommen werde und die Verantwortung übernehmen werde!“. Der Mann verteidigte sich mit dem Einwand, die Behandlung habe während der Beziehung nicht zu einer Schwangerschaft geführt. Er sei schließlich nicht ewig an seine Zusage gebunden, wie ein Vater einstehen zu wollen. Dieses Argument lässt sich grundsätzlich hören, denn Verträge müssen bei Wegfall der Geschäftsgrundlage angepasst werden bzw. im Einzelfall wird auch ein Rücktritt bzw. eine Anfechtung zuzulassen sein. Allerdings sind diese Behandlungen üblicherweise längerfristig angelegt und es ist deshalb im Einzelfall sicher schwierig, den Zeitpunkt für die Beendigung der vertraglichen Einstandspflicht gerecht zu bestimmen.
Rechtsanwalt Dirk Vollmer
Fachanwalt für Familienrecht