Wenn die Rente und das sonstige Einkommen und Vermögen nicht genug sind, um den eigenen Lebensbedarf zu decken, können staatliche Sozialleistungen beantragt werden. Vorrangig sind aber Unterhaltsansprüche gegen den Ehegatten und gegen die Kinder des Bedürftigen. So kommt es oft vor, dass ein betagter, pflegebedürftiger Elternteil ins Heim kommt und seine Kinder kurz darauf Post vom Sozialamt erhalten. Diese müssen dann Auskunft für sich und den Ehegatten erteilen, also alle relevanten Einnahmen und Ausgaben der Familie auflisten. Das Sozialamt prüft dann, ob der Hilfebedürftige einen Anspruch auf Elternunterhalt hat und in welcher Höhe dieser vom Kind verlangt werden kann. Werden bereits eigene Kinder versorgt, gehen diese zwar im Rang grundsätzlich vor. Möglich ist aber, dass Familien ihre Eltern und gleichzeitig auch ihre Kinder finanziell versorgen müssen. Für diese Sandwich-Generation bleibt selbst nicht mehr viel zum Leben übrig. An den meisten Familien geht dieser Kelch vorbei, denn sie sind nicht leistungsfähig, wie es heißt. Häufig bestehen finanzielle Fixbelastungen, wie z.B. Kreditverträge oder andere langfristige Zahlungsverpflichtungen. Aufwendungen für die eigene Altersvorsorge sind in bestimmten Grenzen ebenfalls abzugsfähig. Auch Kinder von Beamten müssen in der Regel keine Inanspruchnahme fürchten, denn der Beihilfeanspruch gegen den Dienstherrn deckt grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf ab. Wer hingegen nach den Unterhaltsleitlinien zu viel Einkommen hat, muss zahlen. Nur wenige Betroffene können sich auf Härtefallregelungen berufen, in denen nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen dem Amt der Rückgriff verwehrt bleibt oder bereits der Elternunterhaltsanspruch reduziert wird bzw. wegfällt. Beispielsweise kann der Anspruch auf Elternunterhalt verwirkt sein, wenn Eltern ihrem unterhaltsverpflichteten Kind gegenüber nachweislich schwere Verfehlungen begangen haben.
Es lässt sich lange darüber streiten, ob die bisherigen Gesetze zum Elternunterhalt noch angemessen sind. Jedenfalls sind die Folgen des Elternunterhalts in vielen Familien gravierend: Angehörige von pflegebedürftigen Eltern in ihrem oft hart erarbeiteten Lebenszuschnitt stark eingeschränkt, unterschiedlich herangezogene Geschwister geraten hierüber oft in Streit und die meisten Eltern schämen sich, denn sie möchten ihren Kindern nicht zur Last fallen. In der Tat erscheint es ungerecht, wenn die Kosten der Pflege, für die eigens eine beitragsfinanzierte gesetzliche Pflichtversicherung geschaffen wurde, in Zeiten knapper Haushaltskassen auf einige wenige Familien abgewälzt werden unter pauschalem Hinweis auf die soziale Verantwortung bzw. den Generationenvertrag. Den Betroffenen schwer zu vermitteln ist die Tatsache, dass das Sozialamt systembedingt in jedem Fall jedes Kind einzeln überprüfen muss und damit stets ein großer Aufwand betrieben werden muss. Kaum nachvollziehbar ist auch der Umstand, dass innerhalb des Sozialversicherungssystems die Lasten ungleich verteilt sind. Während die gesetzliche Rente längst über Steuerzuschüsse mitgetragen wird, geschieht das bei der Pflegeversicherung nicht. Die Kosten der Pflege werden definitiv weiter steigen, schon wegen der dringend aufzuwertenden Gehälter der Pflegekräfte und der steigenden Anzahl von Pflegebedürftigen. Die Einnahmen über die Versicherungsbeiträge werden nicht proportional steigen können. Es ist also höchste Zeit, hier über eine gerechtere Finanzierung nachzudenken.
Rechtsanwalt Dirk Vollmer
Fachanwalt für Familienrecht