Was erbt der Ehegatte?

Rechtskolumne von Familienanwalt Dirk Vollmer

Viele Ehepaare denken, sie bräuchten kein Testament, wenn keine Kinder vorhanden sind. Der andere Ehegatte bekomme ja sowieso automatisch alles. Diese Vorstellung ist aber falsch. Nehmen wir mal an, die Ehegatten leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Beim Tode eines Ehegatten erbt natürlich der andere – aber nicht als Alleinerbe! Sein Erbteil ist regelmäßig nur 3/4. Das restliche Viertel erhalten die Eltern des Verstorbenen und, falls diese vorverstorben sind, die Geschwister des Verstorbenen oder, falls auch diese vorverstorben sind, Nichten/Neffen des Verstorbenen, usw. Es besteht dann eine (meist eher unglückliche) Erbengemeinschaft, was sicher so nicht gewollt war. Kinderlose Ehegatten sollten sich daher von Zeit zu Zeit beraten lassen, ob ihre Vorstellungen auch der Rechtslage entsprechen oder ob man aktiv werden sollte. Das gilt natürlich auch im Zusammenhang mit größeren Zuwendungen unter den Ehegatten und bei Zuwendungen durch Eltern/Schwiegereltern an einen oder beide Ehegatten. Regelungen sind dann nicht nur für den Fall des Scheiterns der Ehe wichtig, sondern vermeiden unter Umständen Streit zwischen einem Ehegatten und seinen Geschwistern. Neben dem klassischen Testament gibt es noch besondere Formen von letztwilligen Verfügungen, z.B. das wechselbezügliche Ehegattentestament oder den Erbvertrag, bei die Vertragsparteien Regelungen mit besonderer Bindungswirkung treffen können.

Im Falle des Scheiterns der Ehe sind viele erst einmal damit beschäftigt, sich mit der neuen Lebenssituation zu arrangieren. Nur die Wenigsten machen sich auch über die erbrechtlichen Folgen Gedanken. Wenn die Ehe geschieden wird, erlischt das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten. Bereits ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages ist es teilweise außer Kraft gesetzt, ebenso wie das Pflichtteilsrecht. Testamente zwischen den Ehegatten werden in der Regel unwirksam mit der Scheidung. Haben die Ehegatten hingegen einen Erbvertrag geschlossen und darin Erbeinsetzungen getroffen, ist ggf. ein Rücktritt notwendig. Ähnlich bei Begünstigungen in Versicherungsverträgen: Liegt nur eine allgemeine Bestimmung über ein Bezugsrecht des Ehegatten vor, kann und sollte der Versicherungsnehmer diese ändern. Ist hingegen bereits eine lebzeitige Übertragung von Rechten auf den Ehegatten erfolgt, bleibt diese verbindlich als sog. echter Vertrag zugunsten Dritter. Dann sollte eine Rückforderung oder Anpassung verlangt werden.

Der geschiedene Ehegatte kann in bestimmten Fällen trotzdem noch (indirekt) gesetzlicher Erbe werden. Sind Kinder aus der Ehe hervorgegangen und haben diese noch keine eigenen Kinder und existiert kein Testament des Erblassers, werden zwar die Abkömmlinge Erben und der geschiedene Ehegatte des Erblassers bekommt zunächst nichts. Verstirbt aber eines der Kinder ledig und kinderlos, ist der andere Elternteil/Ehegatte gesetzlicher Erbe. Wer also auf jeden Fall vermeiden will, dass der geschiedene Ehegatte im Todesfall noch irgendetwas erbt, sollte mit anwaltlicher Beratung eine letztwillige Verfügung errichten, um eine Vermögensabwanderung zu vermeiden.

Rechtsanwalt Dirk Vollmer
Fachanwalt für Familienrecht
Dr. Schneider & Partner
www.schneideranwaelte.de


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