Rückkehrrecht aus Teilzeit in Vollzeit – Die neue Brückenteilzeit

Beitrag zur Rechtskolumne von Rechtsanwalt Wolfgang Wiefelspütz

Rechtsanwalt Wolfgang Wiefelspütz

Das Bundeskabinett hat am 13. Juni einen Entwurf zur Weiterentwicklung der Teilzeitrechtes beschlossen. Da der Bundesrat keine Einwände erhoben hat, soll das Gesetz nun vom Bundestag beschlossen werden. Mit diesem Gesetz soll das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), das die Fragen rund um die Teilzeit regelt, geändert werden. Häufig stellt sich später die Frage: Kann ich meine Arbeitszeit, z.B. wenn die Kinder größer sind, wieder aufstocken.

Die Ausgangslage ist für viele Eltern vergleichbar. Nach der Geburt eines Kindes nimmt man erst einmal Elternzeit. Häufig wollen Eltern aber auch nach der Elternzeit nicht sofort wieder voll einsteigen und einigen sich mit dem Arbeitgeber nach dem Ende der Elternzeit auf eine Arbeitszeitreduzierung (Vollzeit in Teilzeit oder Reduzierung der Stunden bei bereits bestehender Teilzeit). Das klappt in den meisten Fällen relativ gut, denn die rechtliche Lage ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorteilhaft. Das TzBfG gibt den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern grundsätzlich einen Anspruch darauf, die Arbeitszeit zu reduzieren ohne hierfür einen Grund zu benötigen. Dies kann der Arbeitgeber nur ablehnen, wenn er nachweisen kann, dass die Reduzierung die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt. Da dies in der Praxis selten gelingt, gibt der Arbeitgeber dem Teilzeitverlangen in der Regel nach.

Anders sieht es bisher allerdings mit dem umgekehrten Weg aus. Will die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit wieder erhöhen, besteht hierauf kein Anspruch. Der Arbeitgeber muss den geäußerten Wunsch, die Arbeitszeit zu erhöhen, lediglich bei der Besetzung eines freien Arbeitsplatzes bevorzugt berücksichtigen. Dies allerdings nur dann, wenn die Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer gleich geeignet ist wie die anderen Bewerber und wenn keine dringenden betrieblichen Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage fällt es oft schwer, den Wunsch mehr zu arbeiten durchzusetzen, in den Medien wird deshalb gerne von der „Teilzeitfalle“ gesprochen.

Wie will das neue Gesetz diese Ausgangslage ändern? Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die bisherige Möglichkeit für unbestimmte Zeit die Arbeitszeit zu reduzieren beibehalten wird. Daneben soll es einen Anspruch auf befristete Arbeitszeitreduzierung geben, die sog. Brückenteilzeit. Ähnlich wie bei der Elternzeit, können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für einen Zeitraum von einem bis fünf Jahren ihre Arbeitszeit, ohne einen Grund hierfür angeben zu müssen, reduzieren. Sie müssen sich allerdings zu Beginn auf einen Zeitraum festlegen und haben keinen Anspruch, während dieser Zeit die gewünschte Arbeitszeit noch­mal zu verändern oder die Teilzeit zu verkürzen. Das Verfahren ist im Grunde das gleiche, wie bei der bisherigen Anträgen auf Teilzeitarbeit. Ergänzend wird sowohl für die zeitlich unbegrenzte als auch für die Brückenteilzeit die Beweislast zu Gunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geändert. Hierdurch soll in allen Fällen, die Aufstockung der Arbeitszeit erleichtert werden.

Soweit so gut. Die Möglichkeit, Brückenteilzeit in Anspruch zu nehmen, ist jedoch auf größere Betriebe beschränkt. Sie gilt nur für Arbeitgeber, die mehr als 45 Mitarbeiter beschäftigen. Das Arbeitsministerium teilte im August auf eine Anfrage mit, dass 38 % der Beschäftigten in Deutschland in Betrieben mit weniger als 45 Mitarbeitern tätig sind und dementsprechend keine Möglichkeit haben, Brückenteilzeit in Anspruch zu nehmen. Wie die „normale“ Teilzeit kann auch die Brückenteilzeit abgelehnt werden, wenn betriebliche Gründe dies unmöglich machen.

Der Gesetzesentwurf wird derzeit vom Bundestag beraten. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament ist davon auszugehen, dass er auch beschlossen wird.

Für Eltern stellt sich nun die Frage, ob sich die Ausganglage durch das neue Gesetz wesentlich verbessert. Nimmt man den klassischen Fall, dass ein Elternteil nach der Geburt des Kindes für maximal drei Jahre in Elternzeit geht und anschließend die neue Brückenteilzeit für fünf Jahre beantragt, wäre ein Anspruch auf Rückkehr in Vollzeit gegeben, wenn das Kind 8 Jahre alt ist. Zudem ist, vor allem wenn die Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist, die Festlegung auf einen bestimmten Zeitraum, für den Teilzeit beantragt werden soll, nicht einfach. Vor diesem Hintergrund, darf bezweifelt werden, ob die Regelung Eltern wirklich weiterhilft. Auch im Falle der Pflege von Angehörigen dürfte es schwierig sein, vorher festzulegen, für welchen Zeitraum die Teilzeit genommen werden soll. Vor diesem Hintergrund ist zweifelhaft, ob die Brückenteilzeit die Lösung des Problems der sog. Teilzeitfalle ist.

Wolfgang Wiefelspütz
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht
Lehrbeauftragter an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg


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