Baby Erziehung

Babys Abenteuer, Mamis Sorgenfalte

Gerhard Spitzer, der bekannte Wiener Verhaltenspädagoge und Autor von Top-Sellern wie „Entspannt Erziehen“ und „Warum zappelt Philipp?“, hat mit seiner humorvollen und konsequent kindgerechten Sichtweise schon zahllosen Eltern zu einem entspannteren Umgang mit ihren Kindern verholfen. Einer breiten Hörerschaft ist Spitzer durch seine Hörfunk-Live-Talks, sowie mit seinem erfolgreichen Seminarkabarett, „Kinder im Tyrannenmodus“ bekannt geworden.

Baby Erziehung: „Mit meinem kleinen Sonnenschein ist offenbar irgendwas nicht richtig!“ sinniert Monika F., Mutter der sechs Monate jungen Sabrina mit besorgtem Klang in ihrer Stimme. „Anstatt sich mit ihren vor kurzem noch heiß geliebten Kinder-Rasseln und anderen tauglichen Spielsachen zu beschäftigen, scheint unsere Sabrina irgendwie eine Obsession entwickelt zu haben, die sie intensiv nach jedem Krümel und anderen Schmutzpartikeln überall auf dem Boden suchen lässt! Zum Glück nimmt sie nicht jedes gefundene Krümelchen auch noch in den Mund. Davon könnte sie ja arg krank werden! Stattdessen schmeißt sie die meisten Fundstücke gleich nach dem Aufnehmen wieder weg, nur um dann voll Hingabe das nächste Fuzzelchen zu suchen. Das macht mir Angst! Was ist da nur los? Was, wenn Sie eine Glasscherbe entdeckt? Bitte sagen Sie mir, was ich machen soll?“

Gar nichts machen

Na das ist einfach! Ein beraterischer „Spaziergang“ geradezu. So eine simple Antwort kann man besorgten Eltern nur selten geben. Allerdings könnte die pädagogische Erkenntnis daraus vielleicht sogar für „Profi-Eltern“ ebenso neu wie spannend sein. Mal sehen… Meine Antwort an Monika F. lautet, wie sicherlich erwartet: „Gar nichts sollen Sie machen, liebe Mama, außer stolz auf Klein-Sabrina sein!“ Sie dürfen höchstens mal mit runter auf den Boden, um das kleine Krümelmonster bei seinen Mikroben-Abenteuern zu unterstützen, was nichts Anderes heißt, als Ihr Kind positiv wahrzunehmen, zuweilen sogar mitzumachen, indem Sie die Greif-Bewegungen der Kleinen spiegeln. So fühlt sich Sabrina bestärkt und ernst genommen in ihrem neuen Tun. Denn ernsthaft, ja geradezu sensationell ist dieser wunderbare Vorgang allemal.

Neuer Griff

Die Erkenntnis aus all dem: Irgendwann zwischen viertem und achtem Monat entwickeln Babys quasi den Hattrick unter den feinmotorischen Errungenschaften ihres winzigen Körpers. Auf einmal funktioniert es nämlich, den Daumen, der bislang bloß zum Lutschen gut war, zielgenau zum Zeigefinger führen, um mit diesem neuen Griff winzigstes Zeug zu ergreifen und zu halten. „Wow! Was für ein Schritt ins große Universum der Verwachsenen!“, denkt Sabrina vielleicht. Für manche Ohren hört sich dieser Schritt sicherlich recht unbedeutend an. Aber hallo! Das ist er keineswegs. Wenn der „Pinzettengriff“, wie er fachlich korrekt heißt, zum ersten Mal zu funktionieren beginnt, ist das wohl Grund genug für ausgiebige Abenteuer auf allen Böden in der unbegreiflich riesigen Wohnhöhle. Keine Sorge: Sabrina wurde auch nicht vom Wirtschaftskontrolldienst oder dem Hausverwalter engagiert, um etwa den Reinlichkeits-Zustand oder die EU-konformen Keimzahlen auf dem Küchenboden zu überprüfen. Übrigens: Nicht jedes Krümelchen, das dann doch in Sabrinas Mund landet, hat das Potential, sich für Babys Organismus gleich schädlich auszuwirken. Ganz im Gegenteil: Es ist für das Training des Immunsystems geradezu unerlässlich, möglichst frühzeitig mit möglichst vielen fremden Keimen in Berührung zu kommen. Genau genommen gibt es ohnehin daheim nur sehr wenige wirklich giftige Krümel vorzufinden, jedenfalls nicht, wenn sie nicht zuvor schon giftig gewesen sind. Zum Beispiel auf irgendeinem bestimmten Teller… Dann sollten wir allerdings dringend reden! Damit sind wir schon im Krabbelstil beim nächsten großen Abenteuer in Babys Welt angekommen.

Neuer Geschmack

„Lars ist jetzt vier Monate alt und nimmt absolut alles in den Mund, was er zu fassen kriegt! Egal, wo es gelegen hat. Kurzer Griff und rein ins Mundloch. So schnell kann ich gar nicht bei ihm sein, um das zu verhindern. Das stresst mich schon ziemlich. Wie soll ich ihn denn schützen?“, fragt Mutter Susanne. Auch hier sage ich: „Bleiben Sie entspannt!“ Vor Babys allzu herzhafter Lutschgewohnheit sei nur soviel gewarnt, dass es – zwar selten, aber doch – allerdings Gegenstände gibt, die so schön glatt, rund und „passend“ sind, dass sie reflexartig geschluckt werden können. Darauf darf schon mal geachtet werden. Das weiß man ja auch aus den „kann verschluckt- werden“-Sprüchen von handelsüblichen Spielzeug- Verpackungen. Die andere Seite ist allerdings die: Kinder brauchen diese „orale Phase“ des Erspürens ihrer Umwelt und ihres eigenen Körpers unbedingt und auch noch möglichst ausgiebig. Die Wissenschaftler nennen dieses eigene Erspüren „Autoperzeption“. Babys haben für diesen autoperzeptiven Vorgang allerdings noch einen pfiffigen Bonus, von dem die allerwenigsten Eltern wissen: Im ersten Lebensjahr existieren in Babys Mund nämlich noch zwei zusätzliche Stellen an denen sensitive Geschmacksknospen sitzen und zwar jeweils an der Zahnleiste und in den Wangen. „Gemein! So was haben wir Erwachsene nicht!“, beschwert sich Susanne und sie hat recht damit. Hat aber auch Vorteile: Wenn man beispielsweise bei Müllers zum Essen eingeladen ist, und man schon genau weiß, wie die Guteste kocht. Besser, man hat dann keine so sensiblen Geschmacksknospen wie Wonneproppen Lars.

Neues Terrain

Was zu guter Letzt aber sicher alle Eltern interessiert, ist das, worüber sich Dieter K., Vater des sieben Monate alten Karel Gedanken macht: „Unser kleiner Wirbelwind holt wahrlich alles, was nicht angenagelt und in seiner Reichweite ist, aus seinen Behältnissen heraus und verteilt es im Raum! Auf mein ,nein’, oder ,stopp’ grinst er dann nur! Provoziert er uns damit? Wie schützen wir ihn vor Verletzungen?“ Zum Ersten: Ja! Na klar provozieren uns Babys zuweilen. Fachlich korrekt hieße es „Grenzen austesten“. Schließlich wollen sie ja wissen, wie weit sie gehen können. Eine gleichermaßen schlichte, wie geniale Lebensplanung! Dabei ist halt Ihre erzieherische Kreativität gefragt, ohne Druck auszuüben. Dazu mehr später hier im KARLSRUHER KIND. Zum Zweiten: Um eventuelle Baby-Ausräum-Abenteuer-Verletzungen zu verhindern, noch ein pfiffiger Tipp für Sie: Gehen Sie doch einmal kurz selbst in die Baby-Perspektive, indem Sie kniend oder sogar krabbelnd alle möglichen Bereiche auskundschaften. So erkennen Sie leichter wirkliche Gefahrenherde. Wenn Sie diesen Abenteuer-Parcours auch noch zusammen mit ihrem Baby machen, haben Sie gleich auch noch im praktischen Kombipack ein wunderbar witziges Nachmittags-Programm. Sie werden es mögen!


Redaktion

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