Handarbeit an der Freien Waldorfschule Karlsruhe ist „Zeitgemäßer denn je!“

Enklave Waldorfpädagogik: Hier wird das "Tun der Hände" noch geschätzt

Schon 1861 hat der französische Arzt P. Broca festgestellt, dass die Denkfähigkeit und die Gehirnentwicklung bei Kindern mit der Ausbildung des Geschicks der Hände in wechselseitiger Beziehung stehen. Als Rudolf Steiner vor fast 100 Jahren die Grundlagen für den Lehrplan der Waldorfschulen legte, führte er das Fach Handarbeit als festen Bestandteil des Curriculums ein, denn „Unsere Fingerbewegungen sind in hohem Maße Lehrer der Elastizität unseres Denkens.“ (R. Steiner, 25. 4. 1920)

Stricken, Häkeln, Sticken, Nähen mit der Hand und mit der Maschine, Körbe flechten, Weben, Spinnen und Buchbinden werden seither an der Waldorfschule gepflegt. Dazu kommt noch ab der Mittelstufe die Arbeit mit Holz und Metall. Wie alle anderen Unterrichtsinhalte an der Waldorfschule sind diese verschiedenen Tätigkeiten und die Art der Einführung auf die jeweilige Klassenstufe abgestimmt. So ist das Erlernen des Strickens ein Schwerpunkt der Handarbeit in der ersten Klasse, das Buchbinden in der 12. der krönende Abschluss. Sicher, die meisten Menschen haben auch ohne viel Handarbeitsunterricht ihr „Abi“ geschafft. Bemerkenswert ist aber, dass die Schulanfänger an Waldorfschulen am Ende im Durchschnitt höhere Schulabschlüsse ablegen als in herkömmlichen Bildungsgängen. Und in den folgenden Berufsausbildungen wird immer wieder festgestellt, dass Waldorfschüler schneller zu kreativen, praxisbezogenen Problemlösungen kommen, egal ob es sich um eine handwerkliche oder akademische Tätigkeit handelt.

Auch auf einer anderen Ebene wirkt sich der Handarbeitsunterricht positiv aus: auf das Selbstbewusstsein der Kinder und Jugendlichen. Da die Waldorfschulen großen Wert darauf legen, dass nicht einfach nur gebastelt wird, sondern gleichermaßen schöne wie nützliche Dinge entstehen, haben die Schülerinnen und Schüler immer wieder das Erlebnis, dass sie etwas leisten können, das in der Welt einen realen Wert hat.

In den letzten Jahrzehnten wurden Fächer wie die Handarbeit und der Werkunterricht für die gesunde seelische Entwicklung der Kinder geradezu lebensnotwendig. Um sich als Mensch sicher und ausgeglichen in die Welt hineinstellen zu können, ist es unumgänglich, als Kind erlebt zu haben, dass die verschiedenen Sinneseindrücke, die ständig auf uns einströmen, wirklich zusammenstimmen. Zum Beispiel: Was ich an einem Gegenstand ertaste, als seine Schwere spüre, als seine Bewegung wahrnehme, hängt unmittelbar und real mit dem Klang zusammen, der gleichzeitig an mein Ohr dringt. Wenn ein Wollfaden durch einen Leinenstoff gezogen wird, dann ist es für alle Sinne etwas anderes, charakteristisches, als wenn etwa Seide auf Seide gleitet. Solche Sinneserfahrungen, insbesondere wenn sie mit der eigenen Aktivität zusammenhängen, schaffen im Unterbewussten ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, der Sicherheit. Es gibt Therapien auf dieser Basis, die bei Angststörungen eingesetzt werden, besser ist es natürlich, Ängsten vorzubeugen.

In den letzten Jahrzehnten hat die Nutzung interaktiver Medien ständig zugenommen, ebenso die Zahl der Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern. Ein Teil dieser Auffälligkeiten hat seine Ursache darin, dass elektronische Medien niemals alle Sinne gleichzeitig und im realen Zusammenhang ansprechen. Gerade für die allgemeine Befindlichkeit so wichtige Sinne wie Tastsinn, Bewegungssinn, Wärmeempfinden, Gleichgewichtssinn werden nicht angesprochen. Die Waldorfschule Karlsruhe hat sich nicht den Kampf gegen die modernen Medien auf die Fahne geschrieben, auch wenn deren Nutzung überlegt erfolgen sollte. Aber es müssen Gegengewichte gesetzt werden, um die schädigenden Wirkungen einzugrenzen. Ein Gegengewicht ist die Handarbeit und zwar ein recht schweres.
Autor: 
A. Schmidt


Einen Link zur freien Waldorfschule Karlsruhe finden Sie HIER


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