Der Vorname – nur Schall und Rauch?

Emilia, Noah oder der Vorname der Großeltern? Vielleicht auch der Urlaubsort mit dem exotischen Klang? Viele Eltern machen sich bereits weit vor der Geburt ihres Kindes Gedanken darüber, wie ihr Nachwuchs einmal heißen könnte. Nicht selten haben werdende Eltern bereits vor der Schwangerschaft eine persönliche Favoritenliste erstellt, die es mit fortschreitender Schwangerschaft – bei Uneinigkeit oder für den zusätzlichen Spaßfaktor öfters auch mithilfe von Apps im Tinder-Style – mit den Favoriten des Partners abzugleichen gilt.

Spätestens aber, wenn die Geburt des Kindes unmittelbar bevorsteht, sollte die Entscheidung für einen oder mehrere Vornamen getroffen werden. Eltern haben im Rahmen der elterlichen Sorge nämlich nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, ihrem Kind einen Vornamen zu geben. Eine Namenlosigkeit ist mit dem deutschen Vornamensrecht unvereinbar.

Unentschlossene können auf einschlägigen Internetseiten, in Stammbüchern oder auf den alljährlich veröffentlichten Hitlisten der beliebtesten Vornamen Inspiration finden. Die Vielfalt scheint grenzenlos – nach Medienberichten haben die Standesämter im letzten Jahr fast 70.000 verschiedene Namen gemeldet. Doch darf dabei wirklich jede Buchstabenkombination, Automarke oder historische Person als potentieller Name für den Sprössling gewählt werden?

Allgemein verbindliche Vorschriften zur Vornamenswahl gibt es zunächst zwar nicht. Eltern können ihr Namensbestimmungsrecht daher grundsätzlich frei ausüben. Das umfasst sogar das Recht, Namen frei zu erfinden. Allerdings ist der Elternwille durch die allgemeine Sitte und die staatliche Ordnung begrenzt. Neuschöpfungen finden dabei ihre verfassungsrechtlichen Schranken im Kindeswohl, das nicht gefährdet werden darf. Auch die Funktion als Vorname muss gewahrt werden, sodass geläufige Nachnamen wie Müller oder Meier nicht als Vornamen zur Verfügung stehen. Die Standesämter haben die Pflicht, das Kind vor einer verantwortungslosen Namenswahl durch die Eltern zu schützen und im Einzelfall zu entscheiden, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze eingehalten werden. 

Nach der Rechtsprechung sind Namen dabei weitaus mehr als Schall und Rauch. Eltern und Standesämter haben zu berücksichtigen, dass der Vorname eine wesentliche Bedeutung für die Identitätsfindung und Persönlichkeitsentwicklung des Kindes hat. Die Eltern nehmen dabei treuhänderisch das Persönlichkeitsrecht ihres Kindes wahr. Das mag pathetisch anmuten, sollte jedoch insbesondere von Eltern, die erwägen, ihren Kindern besonders ausgefallene Vornamen zu geben, berücksichtigt werden. Anders als der Nachname, der sich durch Heirat noch leichter ändern lässt, begleitet der Vorname das Kind in aller Regel das ganze Leben lang. Eltern dürfen daher Ihre Kinder bei der Namensgebung u.a. nicht der Lächerlichkeit preisgeben. Die Vornamen „Verleihnix“ oder „Waldmeister“ wurden aus diesem Grund abgelehnt. Die Neuschöpfungen „Sundance“, „Biene“, „Prestige“ oder „Pumuckl“ wurden hingegen, zumindest als weitere Vornamen, akzeptiert. Eine Kindeswohlgefährdung sahen die Gerichte, zumindest wenn die Namen neben weiteren, geschlechtsspezifischen Vornamen eingetragen werden, dabei nicht. Ob die Kinder damit später glücklich sind, steht wohl auf einem anderen Blatt und liegt letztlich mehr im Verantwortungsbereich der Eltern denn der Behörden und Gerichte.

Wer sich schwer entscheiden kann, muss sich auf höchstens fünf Vornamen begrenzen. Biblische Namen, die negativ assoziert werden wie Judas oder Kain, sind dabei nicht erlaubt, während andere Namen aus der Bibel, darunter Jesus, anerkannt werden. Auch Orts- oder Städtenamen sowie Markennamen dürfen grundsätzlich nicht als Vornamen gewählt werden. Ausnahmen sind möglich, wenn diese zumindest international als Name anerkannt sind. Wer sein Kind Doktor oder Prinzessin nennen möchte, hat ebenfalls schlechte Chancen, da dies zu Verwirrungen führen könnte. Namen von Figuren aus Märchenbüchern können hingegen erlaubt sein, etwa Schneewittchen. Selbst der Vorname Adolf, der bei den meisten Menschen zu Unbehagen führen dürfte und als solcher bereits Stoff für einen Kinofilm bot, ist nach aktueller Rechtslage nicht per se verboten. Wenn die Standesämter bei den Eltern allerdings rechtsextremistische Tendenzen erkennen, können Sie die Eintragung versagen.

Die Eltern sind also bis auf wenige Extremfälle in der Vornamenswahl relativ frei. Doch Vorsicht: Diese Freiheit endet in der Regel mit der Eintragung in das Personenstandsregister. Wenn die Eltern die Namenswahl kurze Zeit später bereuen, ist eine Änderung in der Regel nicht mehr möglich. Denn mit der Eintragung hat der Name statusbegründende Wirkung. 

Wer erwägt, den eigenen Vornamen oder den des Kindes zu ändern, muss als Kehrseite der großzügigen Zulassung von Vornamen die strengen Voraussetzungen des Namensänderungsgesetzes erfüllen und dafür insbesondere einen wichtigen Grund glaubhaft machen. Dabei muss das Interesse an der Namensänderung so wesentlich sein, dass schutzwürdige Interessen Dritter und die soziale Ordnungsfunktion des Namens zurücktreten. Es ist daher nicht ausreichend, darzulegen, dass der Vorname nicht zu dem Kind passt und schlicht nicht mehr gefällt. Wenn der Name jedoch häufig zu Verwechslungen führt oder zu Wortspielen einlädt, die das Kind der Lächerlichkeit preisgeben, könnte ein wichtiger Grund angenommen werden. So hat ein Gericht kürzlich einem Kind mit dem Namen des Sprachassistenten „Alexa“ einen Zweitnamen zugebilligt, da dies dazu einlud, dem Mädchen beleidigende und erniedrigende Befehle zu erteilen.

Es ist daher wohl ratsam, die verfassungsrechtliche Freiheit besonnen zu nutzen und bereits bei der Namenswahl zu überdenken, welche Auswirkungen der gewählte Vorname auf das spätere Leben des Kindes haben könnte.

 

Rechtskolumne von Anna Mons Rechtsanwältin | Beinert & Partner | Rechtsanwälte Partnerschafts mbB


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