Ein Fahrrad gehört dazu! Auch im Beruf?

Rechtskolumne der Karlsruher Rechtsanwältin Claudia Tröller

Fahrradfahren gehört für Viele zur Freizeitbeschäftigung. Ein Teil nutzt das Fahrrad auch auf dem täglichen Weg zur Arbeit, um die Bewegung ein Stück in den Alltag zu integrieren. Fahrradfahren dient als Ausgleich für die tägliche Arbeit – im Büro sitzend, am Schreibtisch, auf den Bildschirm schauend. Die Zeiten des Homeoffice und Corona haben der Begeisterung für das Fahrrad auch keinen Abbruch getan, im Gegenteil: Die Lieferfristen für bestimmte Fahrradtypen haben sich z.T. massiv verlängert. 

Rechtsanwältin Claudia Tröller

Dass Fahrräder nun aber auch im Beruf als Arbeitsmittel von Bedeutung sein können, stellte jüngst das Bundearbeitsgericht fest. In der so charmant als „Rider“ bezeichneten Entscheidung sahen die Richter bei einem Fahrradboten (einem sogenannten „Rider“) das Fahrrad – wie im Übrigen auch das Handy – als notwendig an. Dieses muss der Arbeitgeber zur Verfügung stellen und darf den Fahrradboten nicht verpflichten, sein privates Fahrrad zu verwenden. Neben den klassischen Arbeitsmitteln, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zur Verfügung stellen muss, wie bspw. einen Computer, Schreibtisch aber auch ggfs. Diensthandy, reiht sich somit auch das Fahrrad in bestimmten Fällen in diese Liste ein. 

Bei Fahrradboten sei nach Ansicht der Richter ein Fahrrad notwendig, um die von dem Arbeitnehmer geschuldete Tätigkeit ausführen zu können. Mitunter zähle zu den notwendigen Gegenständen bei dieser Berufsgruppe auch ein Mobiltelefon, da dies wesentlich für den Fahrradboten ist, um seine Lieferfahrten ausführen zu können. Der Arbeitgeber sah dies vor Gericht anders und verlangte von seinen Fahrradboten, ein eigenes Fahrrad und ein eigenes Mobiltelefon zu benutzen. 

Auch die Begründung des Arbeitgebers, dass seine Beschäftigten ohneh-in im Besitz eines Fahrrades und sicher eines Handys seien, ließ das Gericht nicht gelten, selbst wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Vereinbarung getroffen hätten, wonach der Arbeitnehmer eine Gutschrift in Höhe von 0,25 € pro Arbeitsstunde erhalte, die er für Fahrradreparaturen bei einer kooperierenden Vertragswerkstatt einsetzen könne. 

Wie aber weiß man, was ein notwendiges Arbeitsmittel ist? Grundsätzlich sind solche Arbeitsmittel notwendig, ohne die die vertraglich vereinbarte Tätigkeit nicht erbracht werden kann. Im Einzelfall ist hierbei abzuwägen, was genau die Tätigkeit ist, für die der Arbeitnehmer eingestellt ist (bspw. Fahrradbote oder nur Bote), und ob bei einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer es einen angemessenen Ausgleich für Nutzung eigener Gegenstände gibt. 

Fragen der vom Arbeitgeber zu stellenden Arbeitsmittel können in einer sich ändernden Arbeitswelt – in der mobiles Arbeiten an einem beliebigen Ort längst nicht mehr die einzige Änderung ist – durchaus relevant werden. Auch die Corona-Pandemie hat Veränderungen geschaffen, nicht zuletzt bemerkbar an der steigenden Anzahl von Lieferdiensten per Fahrrad. Ob nun Gorilla, Bring, Flink oder Lieferando: Überall in der Stadt sieht man neben klassischen Fahrradkurieren in auffälliger Montur fahrende Lebensmitteldienstleister.

Auch die Nutzung privater Geräte für den (auch) betrieblichen Einsatz geraten mehr und mehr in den Fokus von Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Neben unterschiedlichen Regelungsmöglichkeiten des Einsatzes (bspw. in einer Betriebsvereinbarung) sind aber auch hier Regelungen zur IT-Sicherheit zum Beispiel zu beachten. 

Neben den Diskussionen um Fahrrad und Mobiltelefon als notwendige Arbeitsmittel bei Fahrradboten trat jüngst auch auf dem Gebiet des Datenschutzrecht ein Lieferdienst in negativer Weise hervor: Wie der Bayrische Rundfunkt berichtete, so sammelt die von Lieferando-Fahrern eingesetzte Auslieferungs-App „Scoober“ umfangreich Daten und führt diese mit dem Verhalten des Fahrers zusammen. Mitunter werden übermittelte Standortdaten des Fahrers alle 15 bis 20 Sekunden überprüft. Eine Bestimmung des Standorts des zu liefernden Essens mag für den Kunden durchaus eine gewisse Berechtigung haben. Aus Sicht des Datenschutzes ist eine Überwachung in solch hoher Frequenz – wie auch der Landesdatenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg feststellte – nicht notwendig, um den Lieferdienst sinnvollerweise bereitzustellen. Welches Nachspiel diese Verwendung personenbezogener Daten noch haben wird, obliegt derzeit noch der niederländischen Datenschutzbehörde. 

Nicht nur Reparaturen können an Fahrrädern für Probleme sorgen, auch der Jurist wird sich wohl vermehrt mit Problemen rund um das Thema Fahrrad beschäftigen müssen. 

Claudia Tröller

Rechtsanwältin

Fachanwältin für IT-Recht

Beinert & Partner Rechtsanwälte mbB


Redaktion

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