
Liebe Leserinnen und Leser,
Angst vor Islamisierung? Für mich als Agnostiker ein schwieriges Thema. Pegida, unzählige „besorgte Bürger“ auf den Sozialen Netzwerken und inzwischen auch Spitzenpolitiker beflügeln dumpfe Ängste. „Wir haben eine zutiefst christliche Kultur, der Islam passt nicht zu uns“, gehört dabei zu den Sätzen, die allenthalben zu hören sind.
Ist das so? Wissen Sie bei-spiels-weise, was es mit dem Reformationstag auf sich hat, der von evangelischen Christen im Gedenken an die gewaltige Reformation der christlichen Kirche durch Martin Luther am 31. Oktober begangen wird – einem Tag, der in unserer Gesellschaft mittlerweile eher als Halloween bekannt ist.
Am 1. November wird jedes Jahr „Allerheiligen“ begangen, ein gesetzlicher Feiertag, ein christliches Fest, zu dem „aller Heiligen“ gedacht wird. Direkt danach, am 2. November, folgt „Allerseelen“, der Tag, an dem die römisch-katholische Kirche der Seelen ihrer Verstorbenen gedenkt. Durch Gebet, Fürbitte, Almosen und Friedhofsgänge gedenken die Menschen aller Armen Seelen im Fegefeuer…
Am 11. November ist der „Martinstag“, der uns Eltern natürlich geläufig ist. Aber wer weiß schon, dass dieses Fest der Grablegung des hl. Martin von Tours am 11. November 397 gewidmet ist. Ab 334 war Martin als Soldat der Kaiserlichen Garde in Amiens stationiert. Die Gardisten trugen einen weißen Überwurf. An einem Tag im Winter begegnete Martin am Stadttor von Amiens einem armen, unbekleideten Mann. In einer barmherzigen Tat teilte er seinen Mantel mit dem Schwert und gab eine Hälfte dem Armen.
Womit wir schon wieder bei den Flüchtlingen wären…
Der Volkstrauertag ist in Deutschland kein christlicher, sondern ein staatlicher Gedenktag und trägt hier zum Begriff des Christlichen Abendlandes nichts bei. Der Vollständigkeit halber: Er erinnert an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.
Der Buß- und Bettag ist ein Feiertag der evangelischen Kirche, der auf Notzeiten zurückgeht. Angesichts von Notständen und Gefahren wurde die ganze Bevölkerung zu Umkehr und Gebet aufgerufen. Be-zeich-nenderweise werden wir seit 1995 nicht mehr zur Umkehr aufgerufen. In jenem Jahr wurde der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag abgeschafft. Für die, die es dennoch interessiert – im Jahr 2015 wird er am 18. November begangen.
Der Totensonntag ist in den evangelischen Kirchen in Deutschland und der Schweiz ein Gedenktag für die Verstorbenen. Er kann – aufgrund der fixen Lage des vierten Adventssonntages vor dem 25. Dezember – nur auf Termine vom 20. bis zum 26. November fallen. Ein Feiertag, der immer am Sonntag begangen wird, stört nicht einmal die Arbeitgeber.
Und schließlich begehen Christen in diesem Jahr am 29. November den 1. Advent. Advent, eigentlich Adventus Domini (lat. für Ankunft des Herrn), bezeichnet die Jahreszeit, in der die Christen der Geburt Jesu gedenken und sie als Menschwerdung Gottes feiern.
Für Kinder – und die dadurch bedingte selektive Wahrnehmung von uns Eltern – ist natürlich im Advent der gleichnamige Kalender wichtig. Zurückgehend auf im 19. Jahrhundert entstandene Bräuche des Abzählens der Tage bis zum Weihnachtsfest entstanden seit 1920 Adventskalender mit zu öffnenden Türen.
Haben Sie das alles gewusst? Hätten wir aber alles wissen können. Als Quelle habe ich deshalb gezielt nur wikipedia benutzt. Regelmäßige Umfragen unter Abiturienten bringen immer wieder zu Tage, dass unsere Jugend nicht einmal mehr den Ursprung von Weihnachten „Der Tag, an dem so ein Jesus Geschenke verteilt hat?“ oder Ostern kennt.
Nein, ich bin keineswegs dafür, Feiertage des Islam bei uns als gesetzliche Feiertage einzuführen. Aber wenn Sie Angst um das Christentum oder das Abendland haben, sollten Sie vielleicht mal wieder in die Kirche gehen…
Einen nachdenklichen November und wie immer viel Spaß beim Schmökern in Ihrem neuen KARLSRUHER KIND!