Indoor Spielplatz

Besuch im Spielparadies

Grafik: Günter Land

Ursprünglich hatten wir einen Ausflug unter freiem Himmel, genauer einen Besuch im Freilichttheater geplant. Aufgrund der desolaten Wetterverhältnisse fuhren wir kurzerhand gemeinsam mit anderen Familien zu einem nahe gelegenen Indoor Spielplatz. Die Begeisterung auf Seiten der Kinder war ausgesprochen groß und uns Erwachsenen ging es ganz ähnlich. Zum einen konnte man ganz herrlich klönen, vorausgesetzt es gelang, gegen den allgemein vorherrschenden und andauernden Lärmpegel in der Spielhalle anzuschreien. Zum anderen bestand die Aussicht auf einen entspannten und ruhigen Abend, fielen die lieben Kinder doch nach den vollbrachten sportlichen Höchstleistungen meist ganz von allein ins Bettchen. Ohne Klagen und Jammern oder sonstige Verzögerungstaktiken. Eine wunderbare Vorstellung!

Kaum angekommen, verteilten sich die Kinder voller Taten- und Bewegungsdrang in alle Richtungen, während Mütter und Väter es sich bei Kaffee, Kuchen und diversen anderen Köstlichkeiten so richtig gut gehen ließen. Angeregt und gut aufgelegt brüllten wir uns an und unterhielten uns dabei ganz prächtig. Nach meinem 3. Stück Kuchen beging ich dann aller-dings einen folgenschweren Fehler: Ich machte mich träge und leicht übersättigt auf, um nach unseren Kindern zu sehen.

Kaum hatte mich unser Erstgeborener entdeckt, kam er auch schon auf mich zugestürzt. Vor einem halben Jahr noch undenkbar, bestieg er nun vor meinen Augen völlig angstfrei einen Kletterberg und verschwand anschließend in einem riesigen Walfischmaul, aus dem er wenig später an anderer Stelle wieder hinausgeschleudert wurde. Ich freute mich über diese Entwicklung und ließ mich euphorisch von unserem Sohn und seinem Kumpel zu einem Trip durch das Kletterlabyrinth verleiten. Zwar hatte ich die 40 schon überschritten, aber was sagte das schon aus? Was zählte, war doch allein das gefühlte Alter, und das fühlte sich noch ganz gut an.

Also, los ging’s!

Ein paar Gummimatten hoch, einige runter, hier durch einen Tunnel, dort durch eine Röhre, ein paar Etagen rauf, dann wieder runter… Ein Kinderspiel!

Leider musste ich mir nach einiger Zeit dann doch eingestehen, dass ich mit den Kleinen nicht mithalten konnte. Das „Kinderspiel“ war eben tatsächlich nur insofern ein Kinderspiel, als es für Kinder gedacht und für Erwachsene nicht wirklich geeignet war. Meine Jungs warteten aber fairerweise in regelmäßigen Abständen auf mich und empfingen mich mitleidigen Blickes und lautstark jubelnd wiederholt mit den Worten „Da kommt sie endlich“, was mich ganz ungemein aufbaute. Nach langem Hin und Her erblickte ich schweißnass eine mir bereits bekannte Rutsche, die mich aus dem Labyrinth hinaus und direkt an die Kaffeetafel zurückbefördern würde. Gerade wollte ich mich meinem rettenden Rutschvergnügen hingeben, als mich meine Kletterfreunde erwischten und eiligst zurückhielten. Eine Sache sollte ich mir doch unbedingt noch ansehen. Ich war ja kein Spielverderber und ich ließ ich mich bereitwillig zu einem Kletterturm bugsieren. In eben diesem Turm befanden sich in relativ kleinen Abständen Gummiböden mit wie-der-um kleinen Aussparungen zum Hindurchschlüpfen.

Ich stand noch verunsichert und ehrfürchtig auf der obersten Gummimatte, da wanden und schlängelten sich die Kinder bereits geschickt von oben nach unten. Jung und dynamisch begann also auch ich mit meinem Abstieg, der durchaus auch im übertragenen Sinn einer war. Ich quetschte, presste, bog und quälte mich durch den Turm; immer die Angst im Nacken, plötzlich festzusitzen und erst vom Indoor-Notfallkommando unter allgemeinem Gelächter aus einem der Schlupflöcher herausgesprengt werden zu können.

Nach einer schier unendlich langen Zeit kam auch ich unten herausgeplumpst, rappelte mich tapfer auf, schüttelte mein feuchtes Haar und blickte in die strahlenden Gesichter meiner kleinen Bergsteiger. Meine Stimmung wurde alsbald da-durch getrübt, dass ich mich zu meinem Entsetzen im abgetrennten Zentrum einer Rennstrecke befand und der einzige Weg heraus durch eben einen weiteren Kletterturm wieder nach oben führte. Ich ergab mich meinem Schicksal und durchwanderte auch diesen Turm, deutlich geschwächt und angeschlagen und dazu ziemlich übellaunig. Mein Unmut steigerte sich noch, als mir zwei ca. 10-jährige pausbäckige Bübchen mit den Worten „Lasst die Omi doch mal vorbei“ Platz verschafften. Oben angelangt, schleppte ich mich mit letzter Kraft zu der bereits zuvor anvisierten Rutsche und glitt mit schmerzenden Knochen in die Freiheit, während sich mein Magen und die darin befindlichen Kuchenstücke mehrmals überschlugen.

Nachdem ich alle Spuren meiner Odyssee auf der Damentoilette beseitigt hatte, gesellte ich mich wieder zum Rest der Elterntruppe, die fröhlich und nichts ahnend beieinandersaß.

Ich verlor kein Wort über das Erlebte.

Wie erhofft, verlebten mein Mann und ich einen ruhigen und entspannten Abend. Zu welchem Zeitpunkt wir uns ins Reich der Träume verabschiedet hatten, konnten unsere Kinder am nächsten Morgen nicht genau sagen. Einig waren sie sich darin, dass es noch hell gewesen war, denn schließlich hatten sie noch bis Einbruch der Dunkelheit Memory gespielt.


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