Veganismus bei Kindern

Gedanken zur veganen Ernährung unserer Jüngsten von unserer Karlsruher Autorin Sarah Nagel

Veganismus ist längst mehr als nur Trend. Egal, wie man zu dieser Ernährungsform steht: Es ist eindeutig belegt, dass der stetige Konsum tierischer Lebensmittel zur Zerstörung unseres Planeten beiträgt und der eigenen Gesundheit schaden kann. Rund eine Million Menschen in Deutschland entscheiden sich bereits gegen Kuhmilch, Fleisch & Co.

Für viele spielt dabei natürlich auch das Wohl der Tiere eine große Rolle. Wer einmal Bilder aus einem konventionellen Schlachthof gesehen hat, kann schon mal ins Grübeln – und Handeln – kommen.

Sarah Nagel

Da ist es kein Wunder, dass so manch einer mit dem Gedanken spielt, auch seine Kinder vegan zu ernähren. In den Augen vieler ist das eine völlig verrückte Idee. Doch schaut man sich die Tatsachen einmal genauer an, ist diese Überlegung zunächst durchaus nachvollziehbar. Dazu ein paar Zahlen aus aktueller Literatur zum Thema:

 

  •  Nutzvieh ist ein, vielleicht sogar der Hauptverursacher des Klimawandels. Es ist verantwortlich für bis zu 51 Prozent der weltweiten Emissionen. Das ist mehr als alle Autos, Flugzeuge, Gebäude, Kraftwerke und Fabriken zusammen. Nutztiere rülpsen und pupsen unter anderem nun mal eine riesige Menge Methan aus.
  • Auch und vor allem braucht die Nutztierhaltung aber eine enorme Fläche, zum Beispiel für Futter. Menschen nutzen 59 Prozent des auf der Erde verfügbaren Landes zum Anbau von Tiernahrung. Dafür wird großflächig abgeholzt und brandgerodet und somit die grüne Lunge unserer Welt zerstört. Das führt zu einem enormen Anstieg von CO2. Übrigens braucht man für ein Kilogramm Rindfleisch auch rund 15.000(!) Liter Wasser.
  • 640 Millionen Hühner, 59 Millionen Schweine und 3,6 Millionen Rinder werden in Deutschland jährlich unter oftmals erbärmlichen Bedingungen gehalten und dann geschlachtet. Wenn der Konsum weltweit anhält wie momentan, wird die mittlere Temperatur um höchstwahr­scheinlich mehr als zwei Grad ansteigen. Das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die globale Erwärmung unter zwei Grad Celsius zu halten, wird verfehlt.
  • 70 Prozent der weltweit hergestellten Antibiotika werden Nutztieren verabreicht. Ihre Wirksamkeit beim Menschen wird da­durch verringert.
  • Diabetes, Bluthochdruck, Herzkrankheiten und Krebs – all diese Krankheiten werden durch den Konsum tierischer Produkte begünstigt.
  • Wer viel tierisches Eiweiß zu sich nimmt, hat ein viermal höheres Risiko, an Krebs zu sterben, als jemand, der nur wenig konsumiert.

Diese Zahlen und Fakten belegen: Veganismus ist weit mehr als eine Spinnerei von Öko-Fuzzis, sondern im Grunde ein Schlüssel zur Zukunft unserer Welt. Deswegen machen sich auch viele Eltern Gedanken darüber, wie sie mit der Ernährung des Nachwuchses dem Klimawandel entgegenwirken und zugleich die Gesundheit der Kleinen schützen können.

Doch die schlechte Nachricht ist: Die vegane Ernährung ist für Kinder leider nicht geeignet. Die „Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.“ (www.dge.de) empfiehlt sie daher „in Schwangerschaft und Stillzeit sowie im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter“ nicht. Die Begründung: „Personen, die sich in sensiblen Lebensphasen befinden, haben z.B. aufgrund des hohen Anspruchs an die Nährstoffdichte während des Wachstums sowie geringerer Nährstoffspeicher, ein höheres Risiko für eine Unterversorgung bzw. einen Nährstoffmangel. Eine vegan ausgerichtete Ernährung ohne angereicherte Lebensmittel bzw. Nährstoffpräparate führt bei einigen Nährstoffen zu einer unzureichenden Zufuhr, die mit zum Teil erheblichen negativen Folgen für die Gesundheit einhergehen kann.“

Auch das Netzwerk „Gesund ins Leben“ (www.gesund-ins-leben.de), angesiedelt im „Bundeszentrum für Ernährung“ (BZfE), rät ausdrücklich von einer veganen Ernährung bei Kleinkindern ab: „Je einseitiger die Ernährung und je jünger das Kind, desto größer ist das Risiko für einen Nährstoffmangel. Ohne tierische Lebensmittel kann der Vitamin B12-Bedarf nicht über die Ernährung gedeckt werden. Auch die Zufuhr von Eiweiß, langkettigen Omega-3-Fettsäuren, Calcium, Eisen, Jod, Zink, Selen und den Vitaminen D und B2 kann kritisch sein.“ Die möglichen Folgen: Störungen bei der Blutbildung, Wachstumsverzögerungen oder neurologische Störungen.

Und nun? Gibt es denn gar keine Möglichkeit, seine Familie klimafreundlich und dazu noch gesund zu ernähren?

Doch! Der erste Gedanke wäre natürlich eine vegetarische Ernährung. Hierzu sagt das Netzwerk „Gesund ins Leben“: „Eltern können ihr Kind vegetarisch (also ohne Fleisch und Fisch) ernähren, wenn es Milch, Milchprodukte und Eier bekommt und die Ernährung ausgewogen und abwechslungsreich ist.“ Es gilt allerdings auch zu bedenken: „Fleisch und Fisch können durch Eier, Hülsenfrüchte (Soja/Tofu), fettarme Milchprodukte, Vollkorn-Getreideprodukte oder gemahlene Nüsse ersetzt werden. Die Versorgung mit Eisen, Eiweiß, Zink, Calcium, Vitamin?B12, Vitamin?D sowie langkettigen Omega-3-Fettsäuren verdient bei einer vegetarischen Ernährung besondere Aufmerksamkeit.“

Das ist doch schon mal was. Und dann ist da ja noch die „Planetary Health Diet“. Das ist kein exotischer Trend aus Hollywood und hat erst recht nichts mit Diät zu tun. Dabei ging und geht es darum, einen Speiseplan zu entwickeln, der die Gesundheit des Menschen und des Planeten gleichermaßen schützt – zu finden auf der Homepage des „Bundeszentrums für Ernährung“ (bzfe.de). Erstellt wurde er von der sogenannten „EAT-Lancet-Kommission“. Ihr gehören 37 Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen und 16 Ländern an, darunter Klimaforscher und Ernährungswissenschaftler.

Diese haben erforscht, dass es machbar ist, bis zum Jahr 2050 etwa 10 Milliarden Menschen auf der Erde gesund zu ernähren, ohne den Planeten zu zerstören. Ungefähr 11 Millionen vorzeitige Todesfälle durch ernährungs­(mit)­bedingte Erkrankungen könnten verhindert werden. Dafür müsste der Konsum von Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen ungefähr verdoppelt werden, der Verzehr von Fleisch und Zucker dagegen halbiert. Dazu gehört auch, die Lebensmittelproduktion zu verbessern sowie Nahrungsabfälle zu reduzieren.

Natürlich kann die „Planetary Health Diet“ nur ein Anhaltspunkt sein. Nicht für jeden reicht zum Beispiel die empfohlene Menge von 2.500 Kalorien pro Tag aus, eine Schwangere hat andere Bedürfnisse als ein körperlich hart arbeitender Mann. Und sie wird auch erst für Kinder ab zwei Jahren empfohlen, denn vorher „hat Stillen die höchste Priorität und Kinder dieses Alters haben andere Bedürfnisse, um das Wachstum zu begünstigen“, wie es auf der Homepage der Kommission heißt. Doch sie bietet eine gute Orientierung – und die Fleischesser in der Familie müssen sich noch nicht mal so stark einschränken.

Wer dann noch mehrheitlich auf saisonale und regionale Produkte setzt, Zutaten wie Palmöl oder Soja kritisch sieht und auf (Plastik-)Verpackungen wenn möglich verzichtet, ist auf einem guten Weg. Für sich – und für seine Kinder und Kindeskinder.


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