Was Eltern über Hass im Netz wissen müssen

Rechtskolumne der Karlsruher Rechtsanwältin Vanessa Wiegert

Hate Speech“ ist kein juristisch feststehender Begriff. Vielmehr ist es ein Phänomen, das gerade in Pandemiezeiten verstärkt in die Wahrnehmung der Öffentlichkeit gerückt ist. Denn während wir in unserem analogen Leben eher selten Beleidigungen oder Hass ausgesetzt sind, werden wir im digitalen Leben deutlich häufiger mit wütenden, hasserfüllten Kommentaren, Snaps, Tweets und Posts konfrontiert. Folglich sind besonders Kinder und Jugendliche von diesem Risiko betroffen.

„Hate Speech“ ist der sprachlich ausgedrückte Angriff auf eine Person oder eine Gruppe auf der Grundlage ihrer Zugehörigkeit zu einer Bevölkerungsgruppe (wie bspw. Rasse, Religion, nationale Herkunft, Geschlecht, Behinderung oder Geschlechtsidentität). Ziel der sogenannten „Hater“ ist es, Hass zu verbreiten und Gruppen oder Einzelne abzuwerten. Die diffamierenden Äußerungen können über das Internet schnell weiterverbreitet werden und erreichen so eine große Öffentlichkeit. Zudem sinkt durch das Gefühl der Anonymität die Hemmschwelle für verletzende Beiträge.

RA Vanessa Wiegert

Doch das Internet ist kein rechtsfreier Raum. „Hate Speech“ erfüllt in vielen Fällen Straftatbestände wie bspw. Volksverhetzung (§ 130 StGB), Beleidigung (§ 185 StGB), Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§§ 86, 86a StGB) und sollte daher nicht unkommentiert bleiben.

Wie reagiert man nun also, wenn man selbst oder das eigene Kind mit Hasskommentaren im Netz konfrontiert wird? Zunächst einmal sollte der Post, Tweet oder Kommentar dokumentiert werden (bspw. durch einen Screenshot). Oft ist hier schnelles Handeln gefragt, denn Plattformbetreiber müssen die IP-Adressen der Nutzer/-innen nur für einen sehr kurzen Zeitraum zwischenspeichern. Im Anschluss an die Dokumentation sollte die Äußerung gemeldet werden. In sozialen Netzwerken kann jeder einen solchen Post oder ein ganzes Profil melden. Durch die Meldung wird der Plattformbetreiber darauf aufmerksam gemacht, dass er den Inhalt überprüfen und ggf. sogar löschen muss. Alternativ kann die Äußerung auch über eine Online-Meldestelle wie bspw. die Meldestelle „respect!“ des Demokratiezentrums Baden-Württemberg (abrufbar unter: www.demokratiezentrum-bw.de/meldestelle-respect/) gemeldet werden. Bei einem Verstoß gegen deutsches Recht beantragt „respect!“ beim Netzwerkbetreiber die Löschung des Beitrags. 

Im Falle von Volksverhetzung wird die Äußerung auch angezeigt. Sollte die Äußerung auch einen Straftatbestand verwirklichen, kann auch Anzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft erstattet werden. Da bisher viele der beanstandeten Beiträge aller-dings nicht zur Anzeige gebracht wurden, sieht das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) seit Februar dieses Jahres zudem in § 3a vor, dass große Anbieter sozialer Netzwerke potenziell strafrechtlich relevante Inhalte an das Bundeskriminalamt melden müssen, um die Veranlassung der Strafverfolgung zu ermöglichen. Doch am 1. März 2022 beschloss das Verwaltungsgericht Köln im Fall von Google und Meta, dass der neue § 3a NetzDG wegen Verstoßes gegen unionsrechtliche Vorschriften unanwendbar sei (VG Köln, Beschl. v. 1.3.2022, Az. 6 L 1277/21) und gab damit den Unternehmen in Teilen Recht. 

Somit müssen sich Google und Meta vorerst nicht an die Meldepflicht halten. 

Die Entwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes bleibt abzuwarten, weshalb bei Hass im Netz weiterhin auf Eigeninitiative gesetzt werden sollte ganz im Sinne: „Hass ist keine Meinung!“

Vanessa Wiegert

Rechtsanwältin

Beinert & Partner Rechts-anwälte Partnerschaft mbB


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