Was denkt der sich nur?

Kolumne von Eva Unterburg

Grafik: Raphael Becker

Ja, was denkt der sich nur – denke ich mir wiederum, als mein Verleger mir gestern am Telefon das Motto der Kaki-Februarausgabe nennt: Reisen mit Kindern. Ausgerechnet Reisen…. wieso das denn? Ist doch Corona. Ach so, die Februarausgabe hat schon immer dieses Oberthema. Echt? War mir irgendwie nicht bewusst. 

Also dann, frischauf ans Werk. Womit fange ich an? Vielleicht mit dem Davor, dem Untereinenhutbringen der Reisewünsche. Es ist nämlich erstaunlich, wie weit die Vorstellungen des nächsten Traumurlaubs voneinander entfernt liegen können, und das in nur einer einzigen Familie. Während der Fünfjährige sich nichts Schöneres vorstellen kann, als jeden Tag Ziegen streichelnd im Stall zu verbringen, würde der mittelgroße Bruder endlich mal einen Kite-Kurs am Atlantik machen. Das große Pubertier mault schon beim bloßen Gedanken mit den zwei Kleinen den ganzen Tag abhängen zu müssen. Die Mutter träumt sich behaglich in eine Endlosauszeit auf dem Schiff und lädt vorsichtshalber das 35-ste Buch auf ihren E-Reader. Der Vater hat die ersten Erkundigungen über einen Aktivurlaub in den Alpen eingezogen mit Tageswanderungen von Hütte zu Hütte. 

Bei der nächsten Fragerunde warten die Fünf mit folgenden Alternativen auf: Riesenrutschen-Wasserwelt und Dinopark. Snowboarden dort, wo Matthis letztes Jahr war. Irgendwo, wo es nicht allzuöde ist und gutes Netz gibt. Ein schickes Hotel mit kulturellem Angebot in der Nähe, Museen, Kirchen, vielleicht ein Konzert. Und schließlich eine Wandertour durch die Cevennen mit zwei Eseln. Ob diese Familie jemals zusammen in Urlaub fährt? Wir werden es nie erfahren. 

Aber was ist mit Ihnen? Planen Sie trotz Planungsunsicherheit? Baumwipfelpfade für Höhenflügler, Freilichtmuseen für Heimatentdecker, Paddeltouren für Minikapitäne, Höhlentouren für Untergrundlinge, Bergbesteigungen für Aussichtshungrige, Burgerkundungen für Kettenhemdler: all das geht auch noch in letzter Minute und liegt von Karlsruhe aus nicht weit weg. Vielleicht eine Alternative zum Wackelkandidaten Fernreise?

Was Ihnen dennoch mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auch bei dieser Art von Urlaub erhalten bleibt, sind plötzliche Spuckattacken im Auto, die obligatorische Frage „Wann sind wir endlich da“ und verpasste Anschlusszüge in Hintertupf. 

Wenn dann in wenigen Jahren die Lage wieder ganz normal sein wird und man Urlaube getrost schon Monate vorher buchen kann, ist es natürlich möglich, dass die mitgereisten Stimmungsschwankungen Ihrer Nichtfischnochfleischkinder den schönsten Palmenstrand vermiesen. Dann denken Sie bei einem oder dem Anlass entsprechend auch mehreren abendlichen Gläsern Wein melancholisch an den Reisesommer 22 zurück. Wie war das doch schön, als die Kinder solch einen Spaß hatten auf dieser Burg, wie hieß die noch gleich? Und erinnerst Du Dich, als wir auf unseren Koffern ewig auf diesem zugigen Bahnhof saßen und „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ spielten? Ja, das werden Sie sagen. 

Das Reisen in diesem Jahr kann also nur schön werden. Ich bin dafür! Schon, weil mein Verleger auch dafür ist. Vielleicht sollten wir mal wieder zusammen verreisen, ich ruf‘ ihn gleich mal an.


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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