Bücherkisten

Kolumne von Eva Unterburg

Grafik: Raphael Becker

Neulich waren wir im Süden, des Wetters wegen und des Meeres und überhaupt ist Urlaub an sich ja schon etwas außerordentlich Schönes.

Mit dem Wohnmobil kann man dem Regen davonfahren und sich die Sonnenplätzchen spontan aussuchen. Gesagt, getan und schon fuhren wir den nächsten Campingplatz in Südfrankreich an, vorbei an rosa Flamingos und weißen Pferden, alles fast wie aus dem Reiseführer.

Vor Ort – neben reizenden Kinderparadiesen – herrlichen Poollandschaften und natürlich den Weiten des blauen mare nostrum eine wunderbare Errungenschaft des homo lesicus: eine Campingplatzbibliothek.

Juhu, dachte ich mir und fing sofort an zu stöbern ungeachtet des wartenden Mannes. Auf grün gestrichenen Holzkisten stand in verschiednen Sprachen das Wort Bibliothek. Fast wie bei den Bouquinisten in Paris an den Gestaden der Seine. Als erstes öffnete ich die französische Kiste: ein wildes Durcheinander aus leicht zerfledderten Romanen, merkwürdiger Fachliteratur für französische Ingenieure und ein paar lieblosen Kinderbüchern. Die Kiste für die Holländer sah ähnlich aus, vielleicht noch mehr Krimis dabei.

Dann fand ich noch eine italienische und eine englischsprachige, auch alles wild durcheinander. Sehr sympathisch! Als ich zuletzt die für die deutschsprachige Literatur öffnete, konnte ich vor Lachen kaum an mich halten: dort standen in Reih und Glied die Bücher ordentlich aufgereiht anein­ander. Und meine erste Handlung war doch tatsächlich, die Buchrücken, die auf dem Kopf standen, instinktiv zu drehen. Steckt das womöglich in den deutschen Genen? Dabei gibt es doch französische Vorfahren in unserer Familie.

Vielleicht sind die für meine Küchenschubladen zuständig. Witzig war auch die Bücherzusammensetzung: Neben klassischer feministischer Literatur fanden sich dort Schmachtschinken und Strickbücher für Babymode. Hat die oder der ehemalige Besitzer die Lust am Stricken verlassen im Urlaub oder gab es Krach mit der Kindesmutter? Nach dem Motto „Wenn du mir so kommst, dann wird das nichts mit dem Strampelanzug“.

Spannend auch das Buch mit der Steinzeitdiät. Vielleicht war das ewige Fleisch doch nicht das Richtige auf Dauer und die Meeresfrüchte lockten frisch vom Markt. Also weg mit diesem ur- und frühgeschichtlichen Eiweißschock und her mit den kleinen Garnelen und dem gegrillten Pulpo. Auch hier kann der Eiweißschock drohen, aber das war dem Leser vielleicht nicht bewusst. Im Urlaub abnehmen zu wollen, ist sowieso kein guter Plan.

Dann fand ich noch ein Buch, das mit einem deutschen Titel einen spannenden Krimi versprach. Doch spätestens beim Aufschlagen war klar, hier stimmt etwas nicht. Der Krimi war in reinstem Holländisch verfasst. Geschwind umgeräumt und schon passte es wieder. Meine Buchhändlergene können da nicht anders. Was ich mitgenommen habe, trotz diverser Buchverstecke im Wohnmobil? (Bücher sind schwer und im Womo heißt es Gewicht sparen, Sie ahnen was ich damit sagen will?) Also ich entschied mich für einen sinnfreien Urlaubsschmöker, der aber nach wenigen Seiten wieder zurückwanderte in die Kiste. Er war einfach zu sinnfrei. Und dann ein dickes Taschenbuch mit Donald Duck Comics! Die durfte ich als Kind nämlich nie lesen und das holte ich jetzt mit Freuden am Meer nach.


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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