Let’s talk about: Warum Aufklärung für Kinder schon vor dem Kindergarten beginnt

Viele Kleinkinder fangen schon früh damit an, ihren Körper genau zu erforschen und zu erkunden. Das ist nicht nur normal, sondern auch gesund: für ein Körperbewusstsein und auch für einen entspannten Umgang mit der eigenen Sexualität im Erwachsenenalter. Obwohl wir uns dessen bewusst sind, ist die sogenannte kindliche Sexualität noch immer ein großes Tabuthema. Unwissenheit, Scham aber auch Begriffe wie „Frühsexualisierung“ geistern in den Medien umher und verunsichern uns. Damit ist nun Schluss: mein Name ist Julia Henchen, ich bin Paar- und Sexualtherapeutin und Sexualpädagogin und möchte heute und zukünftig mit Mythen rund um die Sexualität aufklären. 

Den Beginn macht das Thema sexuelle Aufklärung von Kindern. Als Sexualtherapeutin und Sexualpädagogin bekomme ich viele Fragen gestellt: privat und in meinem Beruf. Die Fragen haben häufig eines gemeinsam: Angst davor, dass etwas nicht normal sei oder etwas nicht stimme. Fragen wie „Ist es normal, dass mein Kind sich da unten berührt?“ „wie kann ich kindgerecht aufklären?“ oder „wann soll ich mein Kind aufklären, um es zu schützen?“ bekomme ich häufig gestellt. 

Manchmal beobachten Eltern, wie Kleinkinder mit ihren Genitalien spielen und diese spielerisch entdecken. Erwachsene haben dann sofort Bilder im Kopf, sind beschämt und versuchen aus Scham dies zu unterbinden – Kinder denken dabei natürlich nicht an Sex, so wie Erwachsene ihn haben, sondern spüren einfach, dass es sich gut anfühlen kann. Das hat also nichts mit Sex im Sinne zu tun, wie Erwachsene ihn definieren. Kinder müssen erst noch lernen, dass bestimmte Berührungen einen geschützten Raum benötigen, aber auch, dass es vollkommen in Ordnung ist. 

Die eigenen Vorstellungen, Bilder, Erfahrungen spielen bei der Aufklärung von Kindern also eine enorme Rolle: wie können wir als Eltern also einen gesunden Zugang zum eigenen Genital und der eigenen Sexualität bestmöglich begleiten? Mein wichtigster Hinweis zuerst: es ist in Ordnung, wenn euch das Thema unangenehm ist und Unbehagen auslöst. Das ist normal und es geht vielen Menschen so, aber wir können dies ändern. Um sich der eigenen Sexualität anzunähern kann es helfen, sich zu überlegen, welche Ängste und Sorgen in Bezug auf Sex und Sexualität in uns selbst vorhanden sind und welche Fragen wir zunächst für uns selbst klären wollen. 

Auch den eigenen Körper zu kennen hilft dabei, wenn Kinder Fragen haben. Eine Frage wie: „Was hast du da unten?“ kann uns dann nicht so kalt erwischen. Vor allem das weibliche Genital ist dabei noch immer ein großes Mysterium. All das, was wir von außen sehen können, nennt sich Vulva. Die Vagina beginnt erst an der Vaginalöffnung. Um Kinder vor sexualisierter Gewalt zu schützen ist es besonders wichtig, dass sie ihren eigenen Körper und auch das Genital gut kennen. Nur so können sie sagen, wenn etwas schmerzt oder jemand dieses berührt hat.

Wir fragen uns häufig, wann es Zeit ist, mit den Kindern über mehr als die Benennung von Penis und Vulva zu sprechen. Erst in der Grundschule oder schon in der Kita? Aus meiner Sicht sollte Aufklärung von Kindern schon von klein auf damit beginnen, dass sie ohne Scham ihre Geschlechtsteile benennen können.

Es hilft, wenn wir selbst ganz natürlich und schamfrei über unseren Körper reden und wir es ihnen durch eine Offenheit vorleben. Das kann ganz unaufgeregt und ohne große Ankündigung im Bad passieren, wenn Kinder die Eltern auf der Toilette oder beim Baden beobachten. Da kommen meist die neugierigsten Blicke und ersten Fragen, die man klären kann. Wenn Kinder von klein auf lernen, dass ihre Grenzen wichtig sind, sie der Tante oder dem Onkel keinen Kuss geben müssen, wenn sie es nicht wollen und ihre Gefühle ernst genommen werden, lernen sie automatisch die Grundlage einer gesunden Sexualität. Sie werden lernen, dass sie „nein“ sagen können, dass sie ihre Sorgen und Ängste kommunizieren dürfen und keine sexuellen Dinge tun müssen, um geliebt zu werden. 

Wenn wir Kindern einen schamfreien Umgang mit ihrem eigenen Körper ermöglichen und ihnen zeigen, wie wir gesunde Beziehungen leben können, werden sie automatisch erkennen können, wenn eine Beziehung ihnen als erwachsene Person nicht guttut. In meiner Praxis erlebe ich häufig Menschen, die ihre Sexualität nicht frei leben können, da sie einen schambehafteten Umgang im Kindesalter erlebt haben und dies können wir bereits frühzeitig mitgestalten.


Julia

Julia Henchen

Julia Henchen ist Paar- & Sexualtherapeutin + Sexualpädagogin und betreibt den erfolgreichen Instagramaccount "Lustfaktor"

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