Immunsystem stärken für die ganze Familie

Empfehlungen unserer Karlsruher Autorin Sarah Nagel

Foto: pixabay

Jetzt bloß nicht krank werden! Eine Erkältung kommt nie zum richtigen Zeitpunkt, doch in Zeiten von Homeoffice, Homeschooling und/oder Home-Kitaing bringt schon ein einfacher Infekt viele Familien an die Belastungsgrenze – von einer Corona-Erkrankung natürlich ganz zu schweigen. Das fein ausgeklügelte System muss schließlich funktionieren! Da leisten die mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangenen Hygienemaßnahmen auch gute Arbeit. Doch man kann noch viel mehr tun, um das Immunsystem fit zu machen. Das „Karlsruher Kind“ sprach mit dem Karlsruher Kinder- und Jugendmediziner Dr. Dieter Knöbl, Mitinhaber der „Kinderarztpraxis am Zoo“.

Sarah Nagel
So paradox es klingt: sich erkälten

„Das Immunsystem wird durch Infektionen geschult und gefordert. Man könnte fast sagen, je mehr Infektionen desto besser“, erklärt Dieter Knöbl. „Wer in den vergangenen Monaten eine Erkältung durchgemacht hat, hat die Chance auf einen gewissen Schutz vor COVID-19. Etwa 15 Prozent aller Erkältungskrankheiten werden durch harmlose Corona-Viren ausgelöst. Die sogenannte ,Kreuzreaktion’ schützt vor Erregern, die sich sehr ähneln. Man nennt das dann ,Kreuzimmunität’.“

Ausreichender Schlaf

„Schlaf ist die beste Medizin“, sagt man, oder: „Schlaf dich gesund“ – und das hat auch seine Berechtigung. Zwar ist noch nicht wissenschaftlich geklärt, wie genau Schlaf bestimmte Immunfunktionen beeinflusst. „Forscher haben aber herausgefunden, dass während des Schlummerns die Zahl der natürlichen Abwehrzellen steigt, was für die erfolgreiche Bekämpfung von Bakterien und Viren von großer Bedeutung ist“, erläutert Dr. Dieter Knöbl. „Schlafentzug dagegen schadet erheblich.“ Studien zeigten: Schlief eine Gruppe Menschen nur vier statt acht Stunden, reduzierte sich die Anzahl ihrer sogenannten „Killerzellen“, die virusinfizierte Zellen erkennen und abtöten können, um ganze 70 Prozent.

Nun ist das individuelle Schlafbedürfnis, egal ob bei Erwachsenen oder Kindern, sehr unterschiedlich. Die „Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V.“ etwa formuliert für Fünfjährige ein mittleres Schlafbedürfnis pro Tag zwischen neun und 13 Stunden – mit dem Hinweis, dass dies nur Angaben sind, die der Orientierung dienen und praktisch stark variieren.  Und so manche frischgebackenen Eltern können von ausreichend Schlaf – Achtung Wortspiel – nur träumen. Am besten, Eltern beobachten sich selbst und ihr Kind über längere Zeit. Wann fühlen wir uns am Morgen wirklich munter? Was stört unsere (Nacht-)Ruhe? Es lohnt sich, genau unter die Lupe zu nehmen, wie die Schlafsituation auf Dauer verbessert werden kann. Unterstützung und Tipps gibt es z.B. bei spezialisierten Medizinern oder Beratungsstellen wie die „Frühen Hilfen“ (Babys und Kleinkinder).

Ernährung

Klar, Gemüse, Obst & Co. sind wichtig. Dieter Knöbl rät, sich klassisch an der Ernährungspyramide zu orientieren oder nach den Empfehlungen des Forschungsinstituts für Kinderernährung in Dortmund (www.fke-do.de) zu richten. Von Nahrungsergänzungsmitteln hält er nichts. „Sie sind grandios überschätzt. Wer sich vernünftig ernährt oder als Vegetarier auf eine ausreichende Vitamin B12- und Eisenaufnahme achtet, braucht das nicht.“ Generell hält es der Mediziner für sehr wichtig, Übergewicht vorzubeugen – auch in Hinblick auf die körperliche Abwehr. „Im Fettgewebe laufen dauerhaft Entzündungsreaktionen ab. Diese Entzündungen schwächen das Immunsystem.“

Darüber hinaus ist es essenziell, viel zu trinken. Um Erreger abzuwehren, müssen die Schleimhäute feucht bleiben. Fehlt diese Feuchtigkeit, klappt der Abtransport von Viren und Bakterien schlechter.

Bewegung, möglichst an der frischen Luft

Mindestens zweieinhalb bis fünf Stunden Bewegung pro Woche Erwachsene empfiehlt die WHO, für Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 17 Jahren 60 Minuten täglich – mit moderater bis hoher Intensität übrigens. Das ist ganz schön viel. Aber es lohnt sich: „Bei körperlicher Bewegung werden sogenannte ,Myokine’ freigesetzt, die die allgemeine Stoffwechselsituation verbessern“, erklärt Dr. Knöbl. „Der positive Effekt auf das Immunsystem ist deutlich.“

Also los geht’s – und am besten draußen. Sonnenlicht (essenziell für die Vitamin D-Produktion) und Sauerstoff animieren das Immunsystem, vermehrt Abwehrzellen zu produzieren. Dabei bitte an die richtige Kleidung denken. Denn nur, wenn dem Kind und einem selbst warm ist, kann man es länger draußen aushalten. Kalte Füße zum Beispiel erhöhen auch die Erkältungsgefahr.

Sollte das Wetter überhaupt nicht mitspielen, ist es natürlich auch möglich, in den eigenen vier Wänden aktiv zu sein. Speziell über das vergangene Jahr hat sich online ein breites Bewegungsangebot für die ganze Familie entwickelt. Ob Tanzen, Workouts, Street Dance oder sogar Fußball-Tricks – da haben Couchpotatoes keine Chance.

Ausgleich und Entspannung

Stress ist ein echter Immun-Killer. Vor der Pandemie waren die Tage von Eltern und Kindern oft ausgefüllt. Dass nun seit einiger Zeit Treffen mit Freunden, Hobbys und Sportangebote weitestgehend weggefallen sind, bedeutet im Umkehrschluss aber nicht unbedingt weniger Stress. Fehlende soziale Kontakte und die Herausforderungen zwischen Homeschooling, Wechselunterricht und Homeoffice haben viele Familien mental stark belastet. „Es ist wichtig, sensibel auf Äußerungen und Verhalten der Kinder zu achten und Stressindikatoren frühzeitig zu erkennen“, betont Dieter Knöbl. „Gerade in der momentanen Pandemie-Situation ist es für die Kinder gestresster oder ängstlicher Eltern extrem schwierig, wenn nicht gar unmöglich, selbst davon betroffen zu sein.“

Hier sind natürlich regelmäßige Ruhepausen und verringerter Leistungsdruck – für alle Beteiligten – wichtig. Denn wer unter Dauerstress steht, erkrankt schneller und braucht länger, um zu genesen, da unter anderem die Zahl der Immunzellen im Blut sinkt und die natürlichen Killerzellen weniger aktiv sind.

Eltern sollten darauf achten, Zeit für echten Austausch einzuräumen, um zu erfahren, wo genau der Schuh drückt und welche Lösungen es dafür gibt. Sie sollten auch nicht zögern, sich bei Bedarf professionelle Hilfe zu suchen, zum Beispiel bei Kinderärzten oder Familienberatungsstellen. Online gibt es darüber hinaus zahlreiche Angebote zur Stressreduktion, u.a. Yoga für die ganze Familie oder Kurse zum Autogenen Training.

Und, last but not least: Familien sollten viele Anlässe zum Fröhlichsein schaffen. Das sorgt nicht nur für mentalen Ausgleich. Wer von Herzen lacht, stärkt nämlich ebenfalls das Immunsystem. Lachen ist eben die beste Medizin!


Redaktion

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