Die meisten Unfälle… – Kolumne von Eva Unterburg

Grafik: Raphael Becker

Gestern Abend gab es bei uns einen frischen Kräuterquark mit guten Pfälzer Pellkartoffeln. Ein ehrliches Essen, schnell zubereitet und gesund. Dachte ich. 

Wäre da nicht die Tücke des Objekts gewesen und zwar in Form einer altbewährten Raspel. Ob das Teil tatsächlich so heißt, weiß ich nicht, aber es war bisher ein gut funktionierender Küchenhelfer. Ob Gurke fein, Radieschen grob oder Lauchzwiebel in Ringen, schrapp, schrapp, schrapp und fertig ist das Ergebnis. Auch beim oben erwähnten Kräuterquark lagen die Zutaten schon eng aneinander geschmiegt auf der weißen fluffigen Masse aus Magerquark (für‘s Gewissen) und fünfhundertprozentigem griechischem Joghurt (für den Geschmack) und warteten auf die rührige Vermählung. Noch schnell die Raspel unter den warmen Wasserstrahl und schon hätten sich feste mit weichen Leckereien gemischt. Doch da schlug die Tücke des Objekts zu in Form eines gemeingefährlichen Klemmens des Schneideschutzes. Ratz fatz, das muss doch da weg, schließlich klemmt noch ein Fitzelchen Radieschen im scharfen Messerraspelding, so mein Begehr. Und während ich noch daran rumzerrte, entfernte sich das Teil mit einem jähen Schmerz. 

Nach kurzer Orientierungsphase und erstaunlich viel Blut im Spülbecken war klar, die Raspel hatte zugeschlagen: Fingernagel extrem kurz geschnitten und die Fingerkuppe verdächtig anders aussehend. Wo sie wohl hin? Ob sich jetzt irgendeine Durlacher Kanalratte freut über ein kleines Antipasti, oder sagt man Antipasto bei nur einer Leckerei? Ich bin nicht gewillt, wegen der Grammatik noch mehr Fingerkuppen nachzulegen. Also, viel Blut, viel Gejammer und ein erstversorgender Ehemann. Gut eingepackt, immer noch Blut. Zwei Katzen, die – warum auch immer – großen Anteil nehmen. Ob sie vom Blut angelockt werden wie Haie in türkisblauen Gewässern? Tetanusschutz? Notaufnahme? Nähen? Ach was, eine Indianerin kennt keinen Schmerz, es hat so viel geblutet und außer einem Fitzelchen Radieschen war ja nichts mehr an der Reibe. Fragt mein Bruder am Telefon später doch tatsächlich, ob noch Erde dran war… 

Klar, wir mengen unserem Kräuterquark immer Erde bei, das gibt die klassische erdige Note. Also hochhalten das Ganze, das Pochen und Puckern ignorieren und einfach irgendwann schlafen gehen. Kann man machen, klappt dann aber irgendwie doch nicht so ganz. Andere Sachen übrigens auch nicht: Anziehen zum Beispiel und alles, was mit Hygiene zu tun hat. Auch schreiben, in Handtaschen wühlen: der rechte Zeigefinger spielt eine größere Rolle als erwartet. Ob Fingerkuppen nachwachsen? So wie bei den Eidechsen der Schwanz? Soviel ich weiß, funktioniert das auch nur ein einziges Mal, beim nächsten Schwanz-verlust bleibt das dann so kurz am Eidechsenende. Viel-leicht wird mein Finger wieder ganz rundlich da vorne oder er wird platt sein und ganz ohne Rillen. Dann muss ich bei der nächsten polizeidienstlichen Erkennung vielleicht nichts Schlimmes fürchten, weil mein Finger zur Terra incognita erklärt wird. Glatt wie ein Babypopo. Aber zunächst mal lasse ich die Ärztin meines Vertrauens drüber schauen und bemitleide mich, wenn sie versucht, den festgeklebten Verband von der nicht mehr vorhandenen Fingerkuppe zu frickeln. 

Wir gaben beim ersten Versuch heute Morgen auf und packten das Elend einfach wieder ein. Wenn ich mir jetzt vorstelle, mit diesem kleinen Wehwehchen ein fragiles Baby anzuziehen, ein quirliges Kleinkind zu wickeln oder mit einer Vierjährigen Duplo zu bauen, dann höre ich mich im Geiste zu oft Aua sagen. 

Also hier die Quintessenz für Sie: Hände weg von klemmenden Raspeln, essen Sie nie wieder Kräuterquark und falls doch, tragen Sie einen handelsüblichen Metallhandschuh, wie man ihn zum Austernöffnen benutzt. 


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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