Fällt Weihnachten dieses Jahr aus?

Kolumne von Eva Unterburg

Grafik: Günter Land

Man könnte es tatsächlich vermuten. Die Absage der bundesdeutschen Weihnachtsmärkte macht uns zu schaffen und stellt beim ein oder anderen das Gelingen des Weihnachtsfestes in Frage. Auch ich werde das Ergattern eines Plätzchens am Weinstehfass vermissen, das am frühen Abend auf dem Karlsruher Weihnachtsmarkt an den Kampf um Rom erinnert.
Wer da kein Smartphone besitzt, wird seine ArbeitskolleInnen nie finden im heimeligen Wäldchen. Was man im Öffentlichen Nahverkehr als Heringsdasein in der Fischdose als schwer erträglich empfindet, gehört in den Vorweihnachtstagen einfach zur Gemütlichkeit dazu. Ein heißer Glühwein-Schwall auf den ohnehin schon viel zu dicken Wintermantel tut dem trauten Zusammensein keinen Abbruch. Schließlich muss der sowieso in die Reinigung, die Senfspur des netten jungen Mannes beim Bratwurststand ist schon tief ins Gewebe eingedrungen. Ein bisschen Schwund ist immer.
Aber was tun, wenn der gewohnte Gang über den Weihnachtsmarkt zur Gänze wegfällt? Wohin mit den Kindern und den eigenen kindlichen Gefühlen im Advent?
Beim Räumen meines Elternhauses kamen mir einige Gedanken, vielleicht ist ja auch etwas für Ihre Familie dabei:
Krippchen-Schauen in einer abgedunkelten Kirche ist eine der schönsten und innigsten Erinnerungen meiner Kindheit. Dabei noch eine Kerze für einen lieben Menschen anzünden und den Weihrauchduft riechen.
Den Vögeln im Wald einen Weihnachtsbaum schmücken mit Meisenknödeln und Apfelschnitzen.

Zusammen beim Plätzchenbacken die Küche im Saustallformat hinterlassen.
Basteln was das Zeug hält, fragile Strohsterne, die immer anders aussehen, als im Bastelbuch, Goldpapiergirlanden bei deren Herstellung man sich gemein am Papier schneiden kann, Geschenktütchen weben oder Fröbelsterne zusammen frickeln, alles nicht ergebnisorientiert.
Puppenkleider nähen, klöppeln oder zusammen tackern, Hauptsache selbst gemacht.
Die beim Waldspaziergang gehamsterte Grünbeute zu Kränzen flechten. Zur Not stutzt man die ohnehin über den Fußweg wuchernde Konifere des Nachbarn beim abendlichen Gang um den Block. Dann kommen auch die Kinderwägen und Rollis wieder besser vorbei. Ein kleiner Schritt in die Illegalität, aber ein großer für das Gemeinwohl.
Weihnachtsbücher lesen, vorlesen, auswendig lernen, nachmalen, rezitieren und im Schlaf aufsagen können. Ihre Kinder werden Sie dafür noch ein bisschen mehr lieben als sowieso schon.
Immer zur gleichen Zeit am Abend eine Kerze anzünden und die gute alte Blockflöte bemühen, oder die Gitarre, die Schalmei, das heimische Klavier, die Geige, den Eierschneider oder die Blechtrommel – egal, was gerade zur Hand ist. Weihnachtsliedersingen macht mit Gezupfe und ordentlich Gescheppere noch mehr Spaß.
Hörbücher rauf und runter hören, bis Sie Ihre Kinder mit den Weihnachtswichteln verwechseln und morgens Ochs und Esel füttern wollen, statt Katze und Hund.
Extra dick anziehen mit allem, was zu einem richtigen Wintertag gehört, auch wenn draußen gerade mediterrane 17 Grad herrschen. Egal, Schneespaziergänge gehören zu Weihnachten dazu und den Schnee kann man sich schließlich dazu denken. Auf diese Weise hat man den Saunagang gleich mit erledigt, die ist ja gerade sowieso geschlossen.
Kerzengießen aus Wachsresten ist auch eine prima Beschäftigung für die ganze Familie, gibt zwar im Nullkommanichts eine Riesensauerei und hinterlässt eine sterbende Spülmaschine, wenn man wie ich die Gefäße und Gerätschaften nur rudimentär vom Wachs befreit, bevor man sie in die Maschine einordnet. Aber dafür sehen die Kerzen wunderschön aus und das bisschen Ruß, was sich recht schnell an der Zimmerdecke ansammelt, lässt sich dank eines feuchten Lappens wunderbar in einen überraschenden Wischtechnikeffekt überführen. So erhält man nebenbei eine überaus bleibende Erinnerung an das Coronaweihnachtsfest 2020.
Die bewährte Tradition aus eigenen Kindertagen wieder reanimieren: Gutscheine verschenken. Jochen Schweizer macht das schließlich auch sehr erfolgreich und mit viel Geschäftssinn.
Beim Räumen im Elternhaus fand ich solch einen Gutschein meines ältesten Bruders. Er hatte ihn im zarten Alter von neun Jahren meiner Mutter als Weihnachtsgeschenk unter den Baum gelegt. Zwanzig Mal Spülen stand in krakeliger Jungenschrift unter den guten Wünschen zum Fest. Als ich dem „Bitte wenden“- Aufruf folgte, fanden sich auf der Rückseite die Zahlen eins bis zwanzig mit neun Unterschriften meiner Mutter dahinter. Das ist das Süße an Gutscheinen von Kindern, sie werden mit äußerstem Enthusiasmus gebastelt und geschrieben und meist nur zur Hälfte eingelöst. Aber dafür liebevoll von den Beschenkten in einer Schatzkiste verwahrt. Und darauf kommt es doch im Innersten an, auf das liebevolle Miteinander. In diesem Sinne, genießen Sie dieses ganz besondere Weihnachtsfest und lassen Sie es von der Liebe bestimmt sein. Sie ist es, was uns im Innersten zusammenhält.


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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