Vom unverhofften Glück der Negative

Kolumne von Eva Unterburg

Grafik: Günter Land

Mein Mann scannt gerade alte Negative ein. Vielleicht kennen Sie noch diese langsam vergilbenden Plastikstreifchen. Sie lagen beim Abholen der Papierabzüge im Fotogeschäft mit in der bunt bedruckten Fototasche und hatten die Angewohnheit ständig rauszufallen, sobald man die Fotos stolz jemanden zeigen wollte.

Gestochen scharfe Bilder von Palmenstränden in der Südsee oder Nordlichtern über dem Eismeer auf der Vorderseite der Taschen machten den Unterschied zu den eigenen inliegenden Schnappschüssen be-son-ders augenfällig. Jedes Smartdingsbums macht heute bessere Fotos, als unsere Kameras in den 90ern.

Wenn auch verwackelt, überbelichtet und bisweilen rotstichig: es sind doch unsere Schnappschüsse und sie zeigen meist die Kinder bei Ausflügen oder im Urlaub. Die buddelnden Kinder am Nordseestrand, eisschleckende Kinder auf der Schaukel, Kinder im Planschbecken, schlafende Kinder in Ferienbetten, Gummistiefelkinder im Pfälzerwald, Ferienaktionskinder im Museum, kuschelnde Kinder auf Erwachsenenbäuchen, Schokoladenmünder und Giftnickelgesichter, vergnügte Ritter und furchterregende Gespensterkinder, glückstrunkene Geburtstagskinder und beseelte Weihnachtskinder, Seeigelentdecker und Kätzchenhalter, Strandkorbleser und Radfahrer, vergnügte Papakinder und bücherversunkene Omikinder, mutige Burgenentdecker und ängstliche Geisterbahnfahrer, quengelnde Ichwillnichtmehrkinder und nervige Wannsindwirendlichdakinder, Schultütenhalter und Dromedardomteure, Holzzersäger und Abendbrotesser, Regenwetterkinder und Büchereieroberer, Badewannenkinder und Regalhochkletterer, Klavierspieler und Judohelden, Legobauer und Spitzenzeichner, Kinderfreundschaftskinder und Schultheaterkinder, Kaputtmacher und Playmobilhelden, Chorsänger und Nackedeis, Trampolinflieger und Sandkastenunterwassersetzer, Poolschwimmer und Wellenbrecher….

Sprich, all das, was wir Eltern schon beinahe vergessen hätten, weil es einfach schon etliche Jahre zurück liegt. Und mit jedem eingescannten Fototäschchen wird ein neues Kapitel unseres Lebens wieder aufgeweckt. Es fallen Sätze wie „Oh Gott, was hatten die Kinder bloß an. Alles zu groß, lilarosa und an den Ärmeln hochgewickelt“ oder „Hast Du eine Ahnung, wann und vor allem wo DAS gewesen sein könnte?“ oder „Schau mal, da war ich noch echt schlank!“ Tempera mutantur, aber wie schön war es, diesen kleinen Menschlein beim Wachsen zuzusehen und sie in ihrem Großwerden begleiten zu dürfen. Genießen Sie es in vollen Zügen und machen Sie so viele Schnappschüsse wie irgend möglich!


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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