Rechtskolumne: Erbverzicht

Willst du meinen Sportwagen?

Rechtskolumne von Familienanwalt Dirk Vollmer

So oder so ähnlich hatte ein Zahnarzt seinem Sohn ein Angebot gemacht. Konkret ging es um einen Sportwagen Nissan GTR X, den der Vater gerade für rund 100.000 € gekauft hatte und für den sich auch sein Sohn begeisterte. Der Haken an der Sache waren die zusätzlichen Bedingungen des Vaters: der Sohn sollte das Auto erst in 7 Jahren bekommen und nur dann, wenn er seine Ausbildung mit sehr gutem Ergebnis abgeschlossen hat und auf sein späteres Erbe verzichtet hat. Der Sohn verließ vorzeitig die Schule und begann eine Ausbildung zum Zahntechnikergesellen und Zahntechnikermeister. Als er 18 Jahre alt war, gingen die beiden zum Notar und beurkundeten den Erbverzicht. Kurz darauf bereute der Sohn aber seine Entscheidung und klagte auf Feststellung, dass der Vertrag nichtig sei wegen Sittenwidrigkeit. Mit Erfolg. Das Landgericht Detmold und das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss vom 8.11.2016) hielten den Vertrag für sittenwidrig. Die Sittenwidrigkeit des Erbverzichts ergebe sich insbesondere daraus, dass die getroffenen Vereinbarungen ein erhebliches Ungleichgewicht zu Lasten des Verzichtenden ausweisen.

Grundsätzlich ist die Vereinbarung eines umfassenden Erb- und Pflichtteilsverzichts gegen eine Abfindung möglich. Es ist sogar ein übliches Instrument um die Erbfolge gerade in Patchwork-Familien zu ordnen. Hier ging der geschäftsgewandte Vater aber zu weit, denn er nutzte die jugendliche Unerfahrenheit seines Sohnes aus. Der Vertrag war unfair gestaltet, denn während die Abfindung an zig Bedingungen geknüpft war, sollte der Erbverzicht sofort und in jedem Fall gelten. Also auch dann, wenn die Bedingungen gar nicht eintreten und der Sohn also den Sportwagen nicht erhält. Selbst wenn er die Bedingungen erfüllt hätte, wäre der Sportwagen bis dahin wesentlich weniger Wert. Der Vertrag schrieb dem Sohn genau vor, welche Ausbildung er erfolgreich mit Bestnote absolvieren musste und eine Umorientierung ließ die Vereinbarung nicht zu. Diese extreme Einschränkung der Wahl des beruflichen Werdegangs ist ein unzulässiger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des jungen Erwachsenen, der seine Ausbildung gerade erst begonnen hat. Der Vater gab zu seiner Ehrenrettung an, er habe es nur gut gemeint. Er wollte seinen Sohn zu einer zügigen und erfolgsorientierten Ausbildung motivieren. Die Richter waren nicht davon überzeugt. Bei diesem Motiv des Vaters hätte es genügt, dem Sohn das Auto beim Erreichen der Ausbildungsziele als zusätzliche Belohnung zu versprechen und den Erbverzicht ebenfalls an den Eintritt dieser Bedingung zu knüpfen.

Rechtsanwalt Dirk Vollmer
Fachanwalt für Familienrecht


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