Taschengeld: Weniger ist oft mehr!

Kiddycoach Gerhard Spitzer wagt diesmal einen mutigen Griff in die Börsen taschengeldfreudiger Eltern Lebensglück?

Der bekannte Wiener Verhaltenspädagoge und Erfolgs­autor Gerhard Spitzer, Gründer des Vereins KiddyCoach und Autor von „Entspannt Erziehen“ ist bekannt durch seine humorvollen Vorträge zum Thema.

Lebensglück?

Gewinnmaximierung, Kapitalerhöhung, globales Wirtschaftswachstum, Geldverdienen! Das sind die Keywords unserer neuen Zeit! Vielleicht täusche ich mich, aber ich meine, das sind nicht bloße Stichworte, sondern tatsächlich die offenbar wichtigsten Triebfedern unserer Gesellschaft. Für die überwältigende Mehrzahl der Menschen in unserer sogenannten „entwickelten Welt“ sind sie Lebensmotivation und Garant für Lebensglück im praktischen Kombipack. Passgenau für diese Denkweise ist natürlich auch unser nettes, aber sicherlich keinesfalls kindgerechtes Bildungs-System justiert: Schule, Abi, mindestens sechs Jahre lang studieren, klarerweise bis zum Master-Blaster! „Dann, liebe Jugendlichen wartet auf euch das pure Lebensglück!
Wie jetzt? Ihr wollt noch mehr Garantien? Dann lasst euch doch von Mom & Dad an eine Uni mit dem Hammer-Wort „Elite“ vorneweg einschreiben! Was ihr dann erreichen werdet, ihr jungen Ehrgeizlinge? Ist doch sonnenklar, Leute! Gewinnmaximierung!“ Der Kreis schließt sich …

Schwer verdaulich

Um Geld dreht sich also irgendwie die ganze Welt! Vergebt mir, Leute, aber so spürt es sich nun einmal für mich an! Die allermeisten Menschen – somit auch die allermeisten Eltern – sehen das Glück ihrer Kinder in einem späteren bestens abgesicherten „Geldverdiener-Modus“.
Aber, liebe Fans meiner schwer verdaulichen Kolumnen, jetzt kommt die fiese Nachricht: So ticken Kinder aber nicht! Wir dürfen daher darüber nachdenken, ob wir unseren Kindern, die doch in Wahrheit unser wirkliches Kapital darstellen, so eine Material-Kapital-orientierte Denkweise überhaupt antun möchten. Aber wie kommen Eltern aus dem Schlamassel raus? Ich glaube, bei dieser Frage kann ich helfen. Vielleicht mit zwei netten, kleinen Fall-Berichten?

Reicher Junge

Da war kürzlich die Geschichte von Lars, der von seinen Eltern ebenso früh wie regelmäßig richtig fettes Taschengeld bekommen hat. Gut so! Manch eine „Gute-Zensuren-Geldspende“ hat dann natürlich ein bisserl mehr ausgemacht. Nicht selten ist da schon mal ein ganzer Fuffziger drin gewesen. Schon in seinem zwölften Lebensjahr ist das Kind also fast jedes Monat um gut hundert Euro reicher geworden. Dass ihm trotzdem kaum Geld übrig geblieben ist, hat sicherlich an den vielen fiesen süßen Angeboten in all den „gesunden Schulkiosken“ gelegen. Aber was soll’s! Hier geht es um Höheres: Als nämlich Lars’ Mama ihrem mitt­lerweile fast 13-jährigen Buben eines schönen Tages bloß einen Zehner für die ganze Woche gegeben hat, ist der Knabe so dermaßen wütend geworden, dass er den Schein, der wohl gut 200 Gummibärchen wert sein mochte, im Zorn einfach zerrissen hat: „So wenig?“, schreit Lars seine Mutter an, „das kann doch nicht dein Ernst sein!“ Ende der Geschichte!

Armer Junge

Der zweite Fall hingegen handelt von Benny, der von seinem ziemlich strengen, aber auch nicht besonders wohlhabenden Vater erst ab dem neunten Lebensjahr Taschengeld bekommen hat. Erstmal jede Woche immer nur zehn Cent. Echt wenig, oder? Fast ein Hohn! Ich habe als sein Lerncoach den Werdegang des Jungen ziemlich lange verfolgen dürfen. Deshalb habe ich auch mitbekommen, dass Vater Roland die Zahlungen zwar jedes Jahr erhöht hat, aber immer nur um bloß 20 bis 50 Cent!
Das ist dann soweit gekommen, dass der arme Benny mit zwölf Jahren erst rund zweieinhalb Euronen im ganzen Monat „verdient“ hat. Unglaublich sowas! Bei den Preisen heute!
Doch jetzt kommt der schöne Teil: Eines Tages, aus heiterem Himmel, knapp vor seinem 13. Geburtstag hat ihm sein Vater einen fetten, ganzen, roten, nagelneuen Zehner spendiert: „Da! Mein Junge! Das hast du dir verdient, weil du bisher so bescheiden warst!“
Was soll ich Ihnen noch erzählen? Haben Sie schon mal einen „ultra-coolen“ 13-jährigen vor Glück heulen sehen? Ich schon! Ich war nämlich bei diesem buchstäblich „einmaligen“ Ereignis dabei! Genau genommen bin ich sogar daran schuld gewesen: Ich habe Papa Roland zu dieser fetten Vermögens-Abgabe überredet. Schuldig im Sinne der Anklage!

Nachwirkungen

Bennys Sprachlosigkeit, sein ehrlich empfundenes offensichtliches Glücksgefühl hat mich noch lange Zeit danach immer wieder lächeln lassen. Ich habe gewusst: Dieser „arme“ Junge wird es einmal in Bezug auf Geldverdienen oder gar „Gewinnmaximierung“ ziemlich entspannt angehen im Leben!

Schönes Bild, oder?

Die wichtigste Frage: Wer von den beiden ist schon jetzt und wird wohl auch später wohl der Glücklichere sein? Lars, oder Benny?

Lebenswelten

Mein Plädoyer für dieses Mal liegt wohl auf der Hand: Bitte überlegen Sie kurz, aber intensiv, wie Sie Ihr Kind für’s Leben ausrichten wollen. Darf es in Richtung Überfluss gehen, oder folgen Sie behutsam dem Herzen und damit der Lebenswelt Ihres Kindes, die von sich aus nicht nach Maximierung materieller, sondern nach Festigung innerer Werte strebt? Wenn Sie sich jetzt vielleicht für die deutlich „billigere“ Lösung entschieden haben, dürfen Sie mir ohne viel Vorbehalte vertrauen, wenn ich Ihnen verspreche: Sie geben ganz sicher mehr, wenn Sie weniger geben.

Probieren Sie es aus!
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Gerhard Spitzers Taschengeld-Empfehlung
1) Nur regelmäßige „Zahlungen“ niemals Extra-Boni, so wie für die Banker. Das überfordert Kinder total und bringt außer Unzufriedenheit gar nichts!
2) Da ich immer wieder gefragt werde, welche Beträge ich denn vorschlüge, hier eine ziemlich unverbindliche Tabelle. Die „ungeraden“ Beträge sind übrigens pure Absicht, weil es zum Rechnen und „Wertschätzen“ kleiner Ziffern verleitet!
6-7 Jahre: 1,80 Euro wöchentlich
8-9 Jahre: 2,40 Euro wöchentlich
10-11 Jahre: 10-13 Euro monatlich
12-13 Jahre: 15-18 Euro monatlich
14-15 Jahre: 20-27 Euro monatlich
16-17 Jahre: 30-43 Euro monatlich


Redaktion

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