Faszinierend. Unser Sohn (zu diesem Zeitpunkt Sechs Jahre alt) schilderte mir im Detail alle Charaktere und Szenen von Star Wars. Er weiß einfach alles. Wer macht was, wer heißt wie, was passiert, wann spielt welche Melodie und wer hat welches Lieblingsgericht. Diese ganzen Informationen hatte er alleine durch das spielen mit den älteren Nachbarsjungen bekommen. Lesen konnte er noch nicht, Internetrecherche noch unbekannt und bei uns läuft außer Janosch und der kleine Maulwurf nichts weiter Nennenswertes auf den Bildschirmen. Selbst englische Fachbegriffe und Namen beherrscht er perfekt.
Unsere Tochter (vier Jahre alt), hat Pippi Langstrumpf so genau studiert, dass sie Dialoge mit Tommy und Annika perfekt wiedergeben kann. Pippi kann zudem Pfannkuchen machen, meine Tochter backt nun auch Pfannkuchen, Rezept im Kopf. Mit drei Jahren beschließt sie außerdem, dass sie schwimmen kann. Zum erstaunen aller: Sie schwimmt. Mit drei Jahren ohne Schwimmhilfe, mit dem Kopf über Wasser.
Unser Sohn wollte noch mehr über Star Wars wissen. Bücher kamen ins Haus. Nun hatten wir nicht so viel Zeit zum Vorlesen wie er es sich wünschte also beschloss er lesen zu lernen. Und er lernte alle Großbuchstaben in überraschend schneller Zeit.
Unsere jüngste Tochter ( ein Jahr alt) sieht ihre Geschwister und möchte dasselbe können. Sie lernt zu krabbeln, zu klettern, zu laufen und spricht die ersten Worte.
Und du? Kennst du diese Momente wo du wahrhaftes Interesse an einem Thema hast? Es dich so bannt, dass du vollkommen abtauchst? Du diese Dinge plötzlich immer im Kopf hast, Zusammenhänge im Alltag findest und dich richtig lebendig fühlst mit diesem Wissen? Du Dinge wiederholst um sie richtig gut zu können? Freiwillig?
Ja, es gibt sie! Die intrinsische Motivation. Wir werden geboren und wollen lernen. Kein Lebewesen kommt auf die Welt und möchte sich nicht weiter entwickeln. Aber wir können sie auch verlieren. Die Lust am Lernen, das Gefühl des aufsaugen wollens. Häufig wird unsere intrinsische Motivation in frühen Kindheitstagen schon überlagert, mit Sachen/Themen die scheinbar wichtiger sind. Wir lernen worauf es ankommt im Leben. Lernen zu funktionieren. Pünktlich irgendwo zu sein. Aber was uns interessiert? Was wir wirklich lernen wollen, das haben wir schon bald vergessen.
Was? Du möchtest noch spielen? Wir müssen aber los, Kinderturnen fängt gleich an. – Kann ich später weiter spielen? – Nein, da hast du Flötenunterricht. – Können wir heute Abend das Vulkanbuch lesen? – Heute Abend reicht es nicht mehr fürs lesen, ich muss noch arbeiten und morgen müssen wir früh raus.
Nein, ich möchte hier nicht Kinderturnen und Flöten schlecht reden. Darum geht es gar nicht. Ich möchte auch niemanden ein schlechtes Gewissen machen der Mal keine Zeit zum vorlesen hat. Ich möchte dazu einladen den Kindern Zeit einzuräumen. Zeit für ihre eigenen Interessen, Zeit für Spiel, Zeit für intrinsisches Lernen. Spielen ist lernen. In keiner anderen Situation lernen Kinder gefühlt so schnell und einfach wie im Spiel. Wahres abtauchen ins Spiel, lange Zeiträume ermöglichen, wo am Stück gespielt oder gerne auch mal gelangweilt werden darf. Und das schwierigste nicht werten. Ihr könnt euch vorstellen wie begeistert ich von diesem Star Wars Thema war (kurz danach folgte Harry Potter…). Ich dachte wir haben noch ein paar Jahre Zeit für solche Sachen. Eben haben wir doch noch mit der handgestickten Waldorfpuppe Kekse gegessen. Ich war gerade dabei Luft zu holen und mein Desinteresse zu bekunden um die Sache schnell zu beenden, als ich dieses Leuchten in seinen Augen sah. Dieses Leuchten, welches vollkommene Begeisterung und Faszination ausdrückte. Ich sah ihn vor mir, unseren sechs Jährigen Luke Skywalker und wollte auch wieder dieses Leuchten in den Augen spüren. Ich denke wir sollten den Kindern helfen ihre Interessen ausleben zu können, sie mit Material unterstützen und begleiten statt zu führen.
Seit Luke vor mir stand, stelle ich mir öfter mal die Frage: Was interessiert mich eigentlich wirklich? Und was mache ich nur, weil ich es schon immer so mache/ ich es so gelernt habe/ man es eben so macht?