Vier Bücher übers Abschiednehmen


Ob im Kindergarten oder beim Umzug der besten Freundin, ob beim Tod des geliebten Haustiers oder beim Verlassen des besonders schönen Ferienhauses: Kinder erleben jeden Tag Abschiede und wachsen daran. Damit ihnen das Lebewohl-oder Bisnachher-Sagen nicht so schwer fällt, habe ich Ihnen vier schöne Bücher rausgesucht, die das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchten und kindgerecht umsetzen. Viel Freude beim Anschauen und Lesen!

Knäckebrot-Helden

Samy erkennt seine Familie nicht wieder: Oma ist stumm, Papa ständig merkwürdig fröhlich, Mama hängt nur noch am Handy und die Zwillinge dürfen alles. Und Opa? Der fehlt und zwar gewaltig. Alles wird anders, als Finny beim Toben auf dem Sofa eines seiner Spielzeugautos sucht und in der Sofaritze diesen Zettel mit Opas Wunsch findet: Er will mit der ganzen Familie ans Meer. Als Asche? Wie soll das gehen? Die Urne soll doch am nächsten Tag beigesetzt werden. Jetzt braucht es einen Plan und dass der nicht ganz legal ist, kann man sich denken. Dass diese Reise im klapprigen Bus von Papas Freund keine gewöhnliche wird, ebenso. Ein chaotischer Roadtrip beginnt und es geht so ziemlich alles schief, was überhaupt schiefgehen kann, aber eines steht fest: auch wenn es kracht und knirscht, auf diese Familie kann sich Samy verlassen! Ob Opa in seiner Knäckebrotdose (sein Reisedomizil) tatsächlich bis ans Meer kommt und was zwischendurch an Pannen und Polizeieinsätzen so alles passiert, werden alle jungen Leser*innen mit Begeisterung verfolgen. Und wer sich gerade von einem besonders lieben Menschen verabschieden muss, den wird dieses Buch trösten. 

Judith Allert, 208 Seiten, Carlson 2025, ISBN: 978-3-551-55844-2, € 12

Erinnerst du dich?

Im Dunkeln aneinander gekuschelt fragt die Mutter ihren Sohn „Erinnerst du dich?“ Sie fragt nach dem Picknick mit dem Vater, damals auf der blau-weißen Decke im Gras und der Sohn erinnert sich in bunten Bildsequenzen an die schönen Blumen, die kleinen Käfer und die Eltern, ins Gespräch vertieft. Nun ist er dran und fragt nach diesem besonderen Geburtstagsgeschenk, dem wunderbar schnellen Fahrrad, mit dem der Junge sofort gestürzt ist – zum Glück nur in einen weichen Heuhaufen. Beide erinnern sich dann an den Abschied von Zuhause, den Aufbruch in die Ferne mit all den Dingen, die ihnen wichtig sind. Ans Ankommen in der weit entfernten Stadt und das erste Aufwachen in der neuen Wohnung. Und beide fragen sich, ob auch aus diesen Eindrücken schöne Erinnerungen werden können. Als Betrachter*in dieses poetischen Bilderbuches ist man sofort sicher, dass es genauso kommen wird. Welch ein zartes, Hoffnung spendendes Buch für alle, die einen Neuanfang wagen oder wagen müssen. 

Sidney Smith, 40 Seiten, Aladin 2024, ISBN: 978-3-8489-0235-4, € 18

Da oben der Mond

Emil wohnt mit seiner Mutter im Wald und liebt es, ihr im Garten zu helfen oder mit den Tieren zu spielen. Jeden Abend schaut er auf den Mond und freut sich an ihm.  Als der Frost kommt, machen Emil und seine Mutter eine weite Reise in die große Stadt. Zu Beginn stehen die beiden bunt gekleideten Figuren etwas verloren vor dem riesigen grauen Häusermeer. Doch bald beginnt Emil all die schönen Dinge in der Stadt kennenzulernen, das Toben mit anderen Kindern auf den Spielplätzen, das gemeinsame Gärtnern und den Markt mit seinen Gemüseständen. Abends schaut Emil mit seinen neuen Freunden den Mond an. Bald wird es Frühling und er zieht mit seiner Mutter wieder in den Wald und dort erzählt er den Tieren dann vom Leben in der Stadt. Nun ist er beim abendlichen Blick hoch zum Mond ganz sicher: er „scheint auf mich und meine Freunde. Egal wo wir sind, sein Licht verbindet und alle.“ 

Frances Ives, 32 Seiten, minedition 2024, ISBN: 978-3-03934-070-5, € 16

Das Wimmelbuch vom Abschiednehmen

Ein Bilderbuch ganz ohne Worte. Und doch mit so vielen Geschichten! Es geht ums Abschiednehmen und das hat ganz viele Gesichter. Hier sitzt ein Liebespaar küssend auf der Mauer, dort kuschelt ein Kind im Bett mit seiner krebskranken Mama. Ein Mann hört sehnsüchtig den Klängen einer Gitarre zu und scheint sich in ein fernes Land zu träumen und auf der Liege daneben liegt ein anderer und wartet auf die gegrillten Würstchen. Ihm fehlt ein Unterschenkel und die Gehhilfen hat er neben sich auf den Boden gelegt. Auf einer Doppelseite dieses sehr empfehlenswerten Pappbilderbuches ist es Herbst geworden. Während drumherum das ganz normale Leben tobt, verstreuen Trauernde die Asche eines lieben Verstorbenen unter einem Baum und jemand läuft mit gesenktem Kopf und einer Leine ohne Hund am See entlang. Auf der Straße ist ein Auto mit rauchendem Motor liegen geblieben, die Urlaubsreise wird wohl nicht klappen. Jemand bricht mit dem Segelboot auf und zwei Mädchen haben einen toten Frosch entdeckt. Hier wird gerade umgezogen und dort weint ein Kind, weil der Papa weggeht. Gleichzeitig werden Autos repariert, Feste gefeiert, wird Musik gehört und Müll entsorgt. Das ganz normale Leben eben, zu dem Abschiednehmen in all seinen Formen einfach dazugehört. Wer ganz genau hinsieht, entdeckt bestimmte Figuren immer wieder. Ein wunderschönes Wimmelbuch für stundenlanges gemeinsames Entdecken und Geschichtenerzählen.

Sophia Bartenstein, Andrea Peter (Illustr.), 14 Seiten, vatter&vatter 2024, ISBN: 978-3-907340-25-7, € 20


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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