Zwischen Nähe und Distanz

Corona-Alltag in den Wohngemeinschaften der Reha-Südwest

Wie fühlt sich die Corona-Krise in einer Wohngemeinschaft für Kinder und Jugendliche mit Mehrfachbehinderung an? Mit den Mitte Mai beschlossenen Lockerungen kehren nur langsam gewohnte Alltagsstrukturen zurück. Für das Personal der Reha-Südwest bedeuten sie neue Herausforderungen.

Masken, Ausgangssperre, Kontakt- und Besuchsverbot – Maßnahmen, die im Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderung schwer umsetzbar sind. „Die Kinder gehören aufgrund von unterschiedlichen Vorerkrankungen zur Risikogruppe. Viele leiden an chronischen Atemwegserkrankungen, haben Schluckstörungen, Epilepsien oder ein schwaches Immunsystem“, erzählt Kerstin Schönherr, Kinderkrankenschwester in den Sozialpädagogischen Wohngemeinschaften der Reha-Südwest.

Es gilt, die Kinder in besonderem Maße zu schützen. „Allerdings ist eine intensive Pflege und Fürsorge, ohne Nähe nicht möglich“, so Kerstin Schönherr. „Unsere Arbeit lebt vom intensiven Kontakt und die Kinder nehmen ihre Umgebung meist nur über Berührung wahr. Mit den Jüngsten kommunizieren wir vor allem über die Mimik. Sie reagieren ängstlich auf die Masken und warten auf ein vertrautes Lächeln.“

Kindern und Jugendlichen mit schweren Behinderungen beizubringen, dass ihre gewohnte Alltagsstruktur von heute auf morgen wegfällt, ist kognitiv kaum möglich. Gewohnte Abläufe sind wichtig. Sie geben Halt und Struktur. Seit Mitte Mai gelten nun auch für Wohngemeinschaften der Behindertenhilfe Lockerungen: „Besuche der Eltern sind nun möglich, natürlich nur mit Abstand und Mund- und Nasenmaske“, erzählt Kerstin Schönherr. Mehr Besuche bedeuten ein sorgfältig durchdachtes Schutzkonzept. Es gibt Hygiene-, Raum- und Besuchspläne, die das Team kontinuierlich der aktuellen Situation anpassen muss. Zum Schutz der Bewohner und des Pflegepersonals. „Teilweise müssen wir Eltern und Kinder vertrösten, wenn es der individuelle Gesundheitszustand oder das Hygienekonzept nicht zulässt.“

Die Situation ist momentan für alle Beteiligten eine außergewöhnliche Herausforderung und das Team versucht die Lücken im Alltag der Kinder so gut wie möglich zu stopfen. Gleichzeitig müssen viele auch privat jonglieren. Kerstin Schönherr zeigt sich dennoch zuversichtlich: „Die Solidarität und Hilfsbereitschaft der Menschen, die uns Pflegematerialien spenden oder Briefe schreiben gibt uns die nötige Kraft in dieser besonderen Zeit. Trotz der zusätzlichen Herausforderungen sind wir zuversichtlich und hoffen, dass wir mit den Lockerungen Inklusion bald wieder leben können.“


Redaktion

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