Seit 7 Jahren gibt es das Atman Institut für seelische Gesundheit und Migration, welches seit 2023 ein anerkanntes Psychosoziales Zentrum für Geflüchtete ist. Dieses Trauma Therapiezentrum ist eines der vielen wichtigen Aufgaben und Institutionen, die der alteingesessene Karlsruher Verein Freundeskreis Asyl, neben Verfahrensberatung und Integrations- und Sprachkursen für die Stadt Karlsruhe leistet.
Seit Gründung des Therapiezentrums arbeite ich in eigener Praxis in Karlsruhe mit traumatisierten Geflüchteten aus diversen Kriegs- und Krisengebieten der Erde für den FKA als Traumatherapeutin.
Seit etwa 5 Jahren ist ein Schwerpunkt meiner Arbeit die Arbeit mit vornehmlich aus Westafrika stammenden Frauen, die im Rahmen von Menschenhandel sexuelle Versklavung erlebt und überlebt haben und Ihren Sklavenhändlern unter teils großen Gefahren entkommen konnten.
Menschenhandel und Sklaverei existieren auch in Deutschland
Der Menschenhandel auf den ich mich hier beziehe, ist das Gefangenhalten und die Ausbeutung von (meist) Frauen durch Zwangsprostitution und ist leider kein Einzelfall, sondern ein verbreitetes, menschenrechtsverletzendes Geschäft auch in Deutschland und anderen Europäischen Ländern.
Sklaverei existiert also heute noch und zwar nicht nur in Nord Korea, Usbekistan, Kambodscha und Katar, sondern direkt und unmittelbar unter uns. Der Global Estimates of modern Slavery Bericht von 2022 spricht von rund 50 Millionen von moderner Sklaverei betroffenen Personen weltweit. Laut EU-Kommission wurden im Jahr 2022 etwas mehr als 7000 Betroffene in Europa identifiziert. Von den 550 Volljährigen und 283 Minderjährigen in Deutschland vom BKA im Jahr 2021 registrierten Betroffenen handelte es sich zu 92,8 Prozent um Frauen und Mädchen, die zu kommerziellen Zwecken sexuell ausgebeutet wurden. Die Dunkelziffer ist hier wohl erheblich höher.
Die Meisten von ihnen, denen dieser Artikel ins Auge gefallen ist und die die Elternzeitung „Karlsruher Kind“ in den Händen halten, sind Eltern oder Großeltern oder werden es in naher Zukunft möglicherweise sein. Ihnen allen wünsche ich in ihrem Mutter- und Vater- sein Geborgenheit und Unterstützung, Freude und Glück, Kreativität, Lernen, Staunen, wundervolle Erfahrungen und Liebe.
Es gibt ein Zitat welches lautet: Es bedarf eines Dorfes, einer Gemeinschaft, ein Kind aufzuziehen und ich wünsche Ihnen, dass Sie als Eltern auf andere, helfende Hände und liebende Herzen zurückgreifen können in der Fürsorge für Ihre Kinder und Enkel.
Betroffene sind auf Hilfe angewiesen
Die Frauen, mit denen ich therapeutisch arbeite, haben meist nichts von alledem. Sie sind oft mutterseelenallein, verzweifelt, fernab Ihrer Familie und Heimat, seelisch und körperlich zutiefst verwundet, voller Scham und Schuld. Desorientiert und lebensmüde, leiden Sie an Angst und den Folgen des unbeschreiblichen Traumas und der Ächtung, durch das, was ihnen passiert ist. Den riesigen Herausforderungen ihrer speziellen Situation stünden sie, ohne die von ihnen im Nachgang oft als lebensrettend empfundene, liebevolle, annehmende und fachlich umfassende Unterstützung durch den Freundeskreis Asyl und das Therapeutenteam des PSZ und seiner Bündnispartnerin „The Justice Project“ (einer in Karlsruhe ansässigen Organisation, die sich ebenso für von Menschenhandel betroffene Personen einsetzt), meist alleine gegenüber.
Wenn die Klientinnen das erste Mal zu mir kommen, liegt ihre verschieden lange Erfahrung der sexuellen Ausbeutung unterschiedlich lange zurück. Manche sind erst Tage zuvor ihren „Peinigern“ entkommen und stehen noch regelrecht unter Schock. Bei anderen liegt die Ausbeutung schon länger zurück und wirkt sich dennoch täglich in sogenannten Nachhall-
erinnerungen oder Flashbacks und anderen quälenden Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung auf sie aus. Nicht selten sind die Frauen von Vergewaltigungen schwanger oder haben Kinder geboren.
Eine Geburt in sich stellt ja schon eine Grenzerfahrung dar, nach sexueller Gewalt bedarf es einer sehr besonderen Begleitung, damit dieses Erlebnis möglicherweise nicht retraumatisierend erlebt wird, sondern eventuell gar ein heilsames und selbstermächtigendes Erlebnis wird, in dem die Frau sich durch den Geburtsvorgang von der Gewalt und dem Trauma in Ihrer Vagina befreien kann und einen symbolischen Neubeginn für ihr Baby, für sich als Mutter und für sich als Frau erleben kann.
Auch weiß wohl jede Mutter und jeder Vater, wie herausfordernd an sich die Zeit mit Baby sein kann. Wie schwer dies ist, wenn Frau ganz alleine dasteht, depressiv ist, eine posttraumatische Belastungsstörung mit all den sie begleitenden komplexen Symptomen hat und unter der ständigen Angst, von den Menschenhändlern gefunden zu werden leidet, ist kaum vorstellbar. Die Angst vor Abschiebung oder Rückführung in das Land, wo die Ausbeutung stattgefunden hat, ist oft verständlicherweise groß.
Diese Frauen sind so stark, dass sie das, was sie erlebt haben, überhaupt überlebt haben, und ich bin voller Bewunderung und Ehrfurcht vor ihrer Fähigkeit zu heilen, wenn sie endlich den Schutz und die Unterstützung bekommen, die jedem und jeder Traumatisierten zustehen sollte.
„Umso schwerer nachzuvollziehen sind für uns die dramatischen Kürzungen in den Förderungen für unsere Arbeit mit traumatisierten Geflüchteten.
Diese Kürzungen bedrohen die Existenz unseres Karlsruher PSZ und wir sind auf die Hilfe und Unterstützung durch Spenden angewiesen, um unserer humanitären Verantwortung nachkommen zu können und Situationen zu schaffen, in denen unsere Klientinnen erstmalig ahnen können: Es ist noch nicht vorbei. Es ist noch Hoffnung. Es gibt eine Welt hinter dem Leid, es gibt ein „Ich“ hinter der Zerstörung.
Sie mit diesem unversehrten Teil von sich selbst wieder in Kontakt zu bringen, sie durch die Vermittlung von Selbsthilfetechniken dazu zu ermächtigen, ihr, im Ausnahmezustand von Kampf und Flucht befindliches Nervensystem, zu regulieren und einen Moment Ruhe zu finden und Schlaf, ist dabei wohl eine der wichtigsten ersten therapeutischen Aufgaben.
Meine Erfahrung als Traumatherapeutin ist, dass Menschen, die ein Trauma wirklich tief in sich zu heilen vermögen, mit ihrer daraus gewonnenen Empathiefähigkeit und Erfahrung etwas weitergeben und in die Welt tragen, was diese dringend nötig hat: Sie setzen Mitgefühl, Liebe und Arbeitskraft zum Wohle des Ganzen ein. Das Ganze sind auch wir, eine gemeinsame Gesellschaft. Mit entsprechender Unterstützung kann es diesen Frauen gelingen, im Exil aktive Teilhaberinnen zu werden und ihr Leben selbstmächtig, kreativ und gesund in die Hand zu nehmen und ihre Kraft mit uns zu teilen.
Die Frauen sind eine Bereicherung für unsere Gesellschaft und keine Last
Es gibt mir Inspiration, diese Transformation mit meinen Klientinnen zu erleben und stärkt meine Zuversicht für Humanität und für inneren und äußeren Frieden in uns und der Welt. Und es ist mir eine tief empfundene Berufung, mit all den Menschen und Organisationen, die an die Vision einer neuen Humanität glauben, an diesem Frieden mitzuwirken.
Bitte spenden Sie unter dem Stichwort „PSZ Heilarbeit“, wenn Sie unsere Arbeit und vor allem unsere KlientInnen auf ihrem Heilweg unterstützen wollen, an:
BANKVERBINDUNG
Freundeskreis Asyl Karlsruhe e.V.
DE28 6605 0101 0009 9091 85 KARSDE66XXX
Sollten Sie eine finanzielle Therapiepatenschaft für eine Person übernehmen wollen, wenden Sie sich gerne an den fka.
Frau Mani: meera.mani@fka-ka.de
Es ist immer wieder schön für mich zu erleben, wie berührend es für die Klientinnen ist, dass Menschen, die sie gar nicht kennen, sich für sie und ihr Wohl stark machen und etwas von sich von Herzen schenken, damit sie Therapie, die ihnen hilft, in Anspruch nehmen können. Ich habe schon mehrfach erlebt, wie dieser Fakt alleine zu einem heilsamen Schlüsselerlebnis wurde.
Tania Sippel-Kaiser | Traumatherapeutin PSZ Freundeskreis Asyl e. V. (FKA) Karlsruhe