Geburt

Kolumne von Eva Unterburg

Grafik: Günter Land

Was früher hinter vorgehaltener Hand in den Spinnstuben und am Marktbrunnen von einem Frauenmund zum nächsten Frauenohr über die Geburt mit leiser Stimme weitergetragen wurde, ist heute via Internet in Wort, Bild und Ton jederzeit abrufbar. Wobei letzteres viel­leicht nicht immer zur Beruhigung der vorzugswei­se hochschwangeren Zuschauerclientel beitragen wird. Was da haarklein von den unterschiedlichsten Geburtserlebnissen berichtet und vor allem gezeigt wird, macht sicherlich nicht immer Mut, eine begonnene Schwangerschaft dem finalen Ende mit uneingeschränkter Freude entgegenzuführen.

Zumal es ja meist sowieso anders kommt, als man es sich als werdende Mutter in seinen kühnsten Träumen ausgemalt hat.

Ich war damals – im letzten Jahrtausend- beispielsweise zur ersten Geburt angetreten, als ginge es zu einem ausgiebigen Picknick oder einer von Rüdiger Nehbergs berüchtigten Überlebenstouren in den Dschungel. Damit ich in den Weiten des Kreissaales nichts von bekannten Wohlfühlfaktoren vermissen würde, hatte ich genug zu Essen dabei, um nicht nur meinen Mann, sondern auch die gesamte Nachtschicht des Krankenhauses zu versorgen. Ein Walkman (eines der sichersten Kennzeichen für das letzte Jahrtausend) mit extra bespielten Lieblingskassetten sollte mich rockballadig durch die Wehen tragen und diverse Bücher – unter anderem Anna Karenina – die Langeweile zwischen den Wehen vertreiben.

Um es kurz zu machen: Ich hatte während dieser endlos langen Geburt keine Sekunde Langeweile und vermute, die Anekdote der Gebärenden mit dem Picknickkorb und Anna Karenina als Geburtslektüre geistert sicher heute noch durch die hiesigen Hebammenkreise und wird vielleicht unter dem Motto „Du-glaubst-ja-nicht-was-man-hier-drin-alles-erleben-kann“ jeder neuen Hebammenschülerin mit auf den beginnenden Berufsweg gegeben.

Ob herrlich kurze, aber dafür umso intensivere Spontangeburt, ob tagelanges Treppensteigen, ob Wehentropf oder Kaiserschnitt, ganz entspannte „Ich-kriege-lieber-noch-ein-Kind-statt-zum-Zahnarzt-zu-müssen“-Geburt oder hochkompliziert und mit Zange: Was letztendlich wirklich zählt, ist das, was am Ende dabei herauskommt, ein kleines Wunder mit winzigen Zehen und dem besten Geruch, den man sich vorstellen kann.

Auch wenn Sie vorher zur rasenden Furie mutiert waren, geschrien und gebissen haben, ihrem Partner den Unterarm zerquetscht und sich vielleicht im hohen Bogen erbrochen haben, für diesen Moment lohnt es sich tausendfach. Es ist gut zu wissen, dass seid Menschengedenken Frauen anderen Frauen beistehen in diesen besonderen Stunden und dass man dazwischen gerne mal unchristliche Flüche ausstoßen darf oder meinen Lieblingssatz „Das Kind kann kriegen, wer will, ich geh jetzt nach Hause“. In diesem Sinne: Lassen Sie es auf sich zukommen und freuen Sie sich auf Ihr kleines Menschenjunges!


Eva

Eva Unterburg

Eva Unterburg schreibt wunderschöne Rezensionen über Kinderbücher und ist langjährige Freundin der Redaktion.

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